ORCID wird ab 2016 für die Antragstellung obligatorisch
Erscheinungsdatum:
Der FWF führt, wie im Dezember 2014 angekündigt, mit 1.1.2016 die Open Researcher and Contributor ID (ORCID) verpflichtend für alle Antragstellungen ein. Ab diesem Zeitpunkt sind alle WissenschafterInnen dazu angehalten, eine ORCID ID anzulegen. Das nimmt in etwa eine Minute auf orcid.org in Anspruch.
Was ist ORCID?
ORCID ist ein Register, das es ermöglicht, Personen im Wissenschaftssystem eindeutig zu identifizieren. Daneben bietet ORCID die Möglichkeit, die ID mit verschiedenen Formen des wissenschaftlichen Outputs zu verknüpfen. Der FWF integriert ORCID in seine Prozesse, um eine klare Zuordenbarkeit von WissenschafterInnen und ihren Leistungen sicherzustellen und Verwechselungen auszuschließen (siehe auch Einführungsvideo).
Warum ORCID?
- Der FWF muss in seinen Abläufen Zurechenbarkeit seiner Förderungen zu Personen sicherstellen. ORCID ist ein System, das eine solche Eindeutigkeit ermöglicht.
- Der FWF muss seine Investitionen in die Grundlagenforschung dokumentieren. ORCID ist ein System, das Publikationen und eine Vielzahl anderer wissenschaftlicher Outputs den WissenschafterInnen zuordnet. Diese Zuordenbarkeit ist die Grundvoraussetzung für jede weitere wissenschaftspolitische Analyse.
- Der FWF will seine Prozesse optimieren und für WissenschafterInnen möglichst einfach gestalten. ORCID bietet dafür eine Grundlage.
- ORCID ist einfach, arbeitet mit offenen Schnittstellen, ist für die WissenschafterInnen kostenlos, von WissenschafterInnen für WissenschafterInnen geschaffen, non-profit und entwickelt sich zu dem internationalen Standard.
- ORCID ersetzt alle bereits bestehenden ID-Systeme bzw. gehen diese in ORCID auf.
Von WissenschafterInnen, für WissenschafterInnen: ORCID
Die Open Researcher and Contributor ID (ORCID) ist ein alphanumerischer Code, der es ermöglicht, WissenschafterInnen eindeutig zu identifizieren – ebenso wie eine DOI- oder ISSN-Nummer wissenschaftliche Artikel oder Bücher klar zuordnet. Das System kann damit die vielen Gruber, Smith, Li oder Johansson klar unterscheiden. Es zieht Namensänderungen in Betracht, Umlaute, unterschiedliche Schreibweisen oder Inkonsistenzen, die verschiedene Abkürzungen mit sich bringen.
Das Streben nach Eindeutigkeit: Gruber, Smith, Li, Johansson et al.
Es erleichtert die Arbeit des FWF, wenn es um die Zuordnung von Projekten, das Zurechnen von Publikationen und die Unterscheidung von WissenschafterInnen geht. Das ist nicht trivial: So scheinen die zehn häufigsten österreichischen Nachnamen in der FWF-Datenbank insgesamt 2.400-mal auf.
Für die Alltagspraxis von Förderungsorganisationen ist eine klare Zuordenbarkeit von gewährten Leistungen, ein genaues Ziehen von Projektgrenzen oder das eindeutige Zuordnen von Personen oder Publikationen zu Projekten unabdingbar. Bis vor kurzem war es dem FWF möglich, Sozialversicherungsnummern der Geförderten abzufragen und so auf ein verlässliches System der Identifikation zuzugreifen. Aus rechtlichen Gründen ist dies nicht mehr möglich. ORCID ist daher eine aus der Wissenschaft für die Wissenschaft geschaffene Alternative.
Legitimieren: Rechenschaft ablegen
Der FWF ist Österreichs zentrale Einrichtung für Grundlagenforschung. Als solche gibt der Fonds Steuergelder an die WissenschafterInnen weiter. Er ist verpflichtet, hierzu möglichst schlanke Strukturen und Verfahren aufzubauen, die transparent, fair und nachvollziehbar sind. Der FWF muss Rechenschaft ablegen, vor dem Parlament, vor Ministerien, vor Aufsichtsbehörden und vor der Öffentlichkeit. Um die legitimen Anforderungen nach Transparenz, Nachvollziehbarkeit und Offenheit zu erfüllen, braucht der FWF die Unterstützung der AntragsstellerInnen und FörderungsnehmerInnen.
Entscheidungen für die Zukunft treffen
Der FWF hinterfragt einerseits beständig seine Verfahren und Programme (siehe FWF-Evaluationsstudien), andererseits ist er ein aktiver Akteur der nationalen und internationalen Forschungspolitik. Die Beiträge, die der FWF hier leisten kann, sind nur dann valide, wenn sie auf solider empirischer Evidenz basieren.
Evidenzen: „Garbage in, garbage out!“
Wie der Ausdruck „Garbage in, garbage out“ zuspitzt, ist die Qualität von Daten als Grundlage von Entscheidungen essentiell. Daten zu pflegen ist daher von Bedeutung und mit enormem Aufwand verbunden. Data Cleaning kann bis zu 80% der veranschlagten Zeit zu ihrer Analyse verbrauchen (OECD 2015). Ein schönes Beispiel, mit welchen unverhofften Herausforderungen man etwa in der Analyse des Impacts von FWF-Förderungen konfrontiert wird, gibt die Analyse der Acknowledgements in von FWF geförderten Publikationen wieder: In bis zu 80 Varianten wird hier die Publikation dem FWF zugrechnet und mussten in mühevoller Kleinarbeit angepasst werden.
Weiters hat sich der FWF seit Jahren für den sachgemäßen Gebrauch von Metriken für die Bewertungen von wissenschaftlichen Leistungen eingesetzt (siehe San Francisco Declaration on Research Assessment). Grundvoraussetzung ist zunächst einmal Nachvollziehbarkeit, und diese kann mit Standards wie ORCID wesentlich erhöht werden. Darauf hat erst jüngst die sehr lesenswerte Studie The Metric Tide, die den britisch Research Excellence Framework (REF) kritisch untersucht hat, ausdrücklich hingewiesen.
ORCID: Ein Schritt vorwärts
Das Sammeln notwendiger Informationen über Wissenschaft, das Sicherstellen von Datenqualität, Zurechenbarkeit und Eindeutigkeit kann nicht die isolierte Anstrengung einzelner Institutionen sein. WissenschafterInnen werden selten von nur einer Förderungsorganisation unterstützt. Was es braucht, um Informationen über wissenschaftliche Leistungen besser nutzbar zu machen, sind daher nicht institutionelle oder nationale Lösungen, sondern internationale Standards. ORCID ist nicht die einzige, aber eine elementare Initiative, die hier wesentliche Verbesserungen erwarten lässt. So können bereits jetzt alle FWF-Projekte seit 1994 über ORCID zugeordnet werden.
Standard? Standard!
ORCID ist von WissenschafterInnen initiiert worden und wurde von renommierten Institutionen vorangetrieben: Verlage (u.a. Nature Publishing Group oder Wiley), Forschungsstätten (u.a. Imperial College, Oxford, MIT oder CERN), Fachgesellschaften (u.a. AAAS, ACS, IEEE) und Förderungsorganisationen (u.a. Wellcome Trust, NIH, Swedish Research Council). Einige Länder wie Australien, Schweden oder Italien oder UK haben nationale Anstrengungen gestartet, um flächendeckend ORCID einzuführen.
Mittlerweile haben sich fast 1,8 Mio. WissenschafterInnen kostenlos registriert und mehr als 300 Institutionen (mehr als die Hälfte aus Europa) sind unterstützende Mitglieder.
Mögliche Kritik: Internationalität, Datenschutz, Verwaltungsaufwand
Hier eine Reihe von Antworten, die wir jenen Personen geben wollen, die Zweifel an ORCID hegen:
Offenheit ist der normative Anspruch der Wissenschaft an sich selbst.
WissenschafterInnen, die eine ORCID ID anlegen, bestimmen zu jeder Zeit, welche Informationen mit ihrer ID verbunden und welche öffentlich sind.
- ORCID bündelt nur Informationen, die ohnehin schon öffentlich im Internet zur Verfügung stehen.
- Die Datenschutzbestimmung und die Private Policy von ORCID wurden vom FWF juristisch geprüft und werden jährlich einer erneuten Kontrolle unterzogen.
- Es ist ein Zusatzaufwand, eine ORCID ID anzulegen. Der lohnt sich aber, weil schon jetzt viele Verlage ORCID als Standard verwenden und abzusehen ist, dass ihn auch andere Förderungsorganisationen einführen werden.
- ORCID soll es in der Zukunft ermöglichen, dass WissenschafterInnen ihren Berichtspflichten gegenüber den Forschungsstätten und Förderungsgebern weitaus einfacher nachkommen können als bisher.
- Die Registrierung bei ORCID verursacht weder den WissenschafterInnen noch ihren Forschungsstätten Kosten.
Kontakt:
Klaus Zinöcker