Fünf Empfehlungen zur Stärkung des Forschungslandes Österreich

19. August 2019

Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler treiben Fortschritt und Innovation voran. Doch Forschen auf Weltniveau ist heute aufwendiger und wettbewerbsorientierter als je zuvor. Um das große Potenzial an wissenschaftlichen Talenten nicht zu verschenken und herausragende Forschungsleistungen in Österreich zu ermöglichen, benötigen Forschende, Universitäten und Forschungsstätten zukunftsweisende Rahmenbedingungen. In den letzten Jahren wurden bereits wichtige Impulse gesetzt. Der OECD-Bericht zur Lage des österreichischen FTI-Systems  (OECD Reviews of Innovation Policy: Austria 2018), die Empfehlungen des Rates der Europäischen Union zum nationalen Reformprogramm Österreichs 2019  sowie der Bericht des Rates für Forschung und Technologieentwicklung zur wissenschaftlichen und technologischen Leistungsfähigkeit Österreichs 2019 setzen wichtige und richtige Orientierungsmarken und regen erfolgversprechende Maßnahmen an, die in der geplanten FTI-Strategie 2030 berücksichtigt werden sollen.

Die Allianz österreichischer Wissenschaftsorganisationen wendet sich daher mit fünf Empfehlungen an die wahlwerbenden Parteien und die künftige Bundesregierung. Die Empfehlungen umfassen dringend notwendige forschungspolitische Maßnahmen, um auf internationaler Ebene federführend sein zu können und somit Österreichs Innovationskraft sowie Wohlstand langfristig zu sichern.

Die Mitglieder der Allianz appellieren an die künftige Bundesregierung, die Empfehlungen im Sinne der Forscherinnen und Forscher Österreichs und zur Stärkung des Forschungslandes Österreich möglichst rasch umzusetzen.

Thomas Henzinger (IST Institute of Science and Technology Austria)
Antonio Loprieno (ÖWR Österreichischer Wissenschaftsrat)
Helga Nowotny (ad personam)
Klement Tockner (FWF Der Wissenschaftsfonds)
Oliver Vitouch (uniko Österreichische Universitätenkonferenz)
Anton Zeilinger (ÖAW Österreichische Akademie der Wissenschaften)

1. Forschung stärker über den Wettbewerb fördern

Fairer und transparenter Wettbewerb erhöht die Qualität, fördert Kooperationen und zieht die kreativsten Menschen an.

Der im Dezember 2018 veröffentlichte OECD-Bericht spricht eine klare Sprache: Will Österreich seinen Forschungs- und Innovationsstandort nachhaltig stärken, muss der Anteil der im Wettbewerb vergebenen Förderungsmittel überproportional erhöht werden. Dabei ist der Aufholbedarf in der Grundlagenforschung am größten. Je höher der Anteil der im Wettbewerb vergebenen Mittel, desto besser die Ausgangsposition der Forscherinnen und Forscher, um auf europäischer und globaler Ebene erfolgreich zu sein.

2. Gesetzliche Grundlagen verbessern

Ein Forschungsfinanzierungsgesetz, das Autonomie, Planungs-sicherheit und einen Wachstumspfad festschreibt, schafft Vertrauen und sichert langfristig Erfolge in der Spitzenforschung.

Die Unabhängigkeit der öffentlich finanzierten Forschung muss in einem neuen Forschungsfinanzierungsgesetz fest verankert bleiben. Dazu zählen die weitreichende Autonomie von Universitäten und Forschungsorganisationen sowie deren unabhängige Richtlinienkompetenz.

Ein jährliches Wachstum von zumindest sieben Prozent der Förderungsbudgets aller im Forschungsfinanzierungsgesetz erfassten Einrichtungen wird ausdrücklich begrüßt. Dies bringt Planbarkeit, steigert die Effizienz der Investitionen und erhöht national und international das Vertrauen in den Forschungs- und Innovationsstandort Österreich. Herausragende Grundlagenforschung ist nur langfristig zu betreiben und benötigt demnach eine nachhaltige Finanzierung, die sich in einer mehrjährigen Absicherung spiegelt.
 
Darüber hinaus soll das Vertragsverhältnis zwischen dem Bund und einzelnen betroffenen Einrichtungen (analog zu den Universitäten) in Form von öffentlich-rechtlichen Verträgen gestaltet werden. Der im neuen Forschungsfinanzierungsgesetz festgelegte Vertragsstatus darf keinesfalls den Charakter der öffentlich-rechtlichen Aufgabenerfüllung oder die Unabhängigkeit der öffentlich finanzierten Forschung gefährden.

3. Exzellenzinitiative ins Rollen bringen

Ein zukunftsweisendes Maßnahmenpaket mit internationaler Signalwirkung, um herausragende Forschende für Österreich zu gewinnen und zu fördern

Eine Exzellenzinitiative nach internationalen Standards kurbelt die Spitzenforschung sowie die Zusammenarbeit zwischen Disziplinen und Institutionen weiter an. Sie bringt dem Wissenschafts- und Innovationsstandort einen nachhaltigen Energieschub, der Österreich deutlich näher an die besten Wissenschafts- und Innovationsnationen der Welt heranführt.

Eine Exzellenzinitiative würde die Wettbewerbskultur beleben, Kooperationen fördern und für alle Disziplinen – einschließlich der künstlerischen und künstlerisch-wissenschaftlichen Forschung – ein dynamisches Forschungsumfeld aufbereiten, das zusätzlich herausragende Forscherinnen und Forscher anzieht sowie dem wissenschaftlichen Nachwuchs langfristige Karriereperspektiven bietet. Herausragende Forscherinnen und Forscher ziehen wiederum die kreativsten Talente an. Jetzt gilt es, das vorliegende Konzept zeitnah umzusetzen.

4. Overheads österreichweit einführen

Eine einheitliche Lösung mit vergleichbaren Standards und zusätzlichen Mitteln schafft Fairness in der Förderungslandschaft.

Eine einheitliche und verbindliche Overhead-Finanzierung als Element der Forschungsförderung, wie im europäischen Forschungsrahmenprogramm schon lange üblich, ist für alle Förderungsorganisationen und Forschungseinrichtungen dringend erforderlich. Auf diese Weise wird der qualitätsfördernde Wettbewerb weiter gestärkt.  Overheads spornen die Universitäten und Forschungseinrichtungen weiter an, sich dem qualitätsfördernden Wettbewerb zu stellen – national und international. Die Einführung von 25 % Overheads für alle FWF-Programme würde die Forschungsstätten deutlich stärken, zu mehr Projekteinreichungen führen und damit den im OECD-Bericht zum heimischen FTI-System geforderten Wettbewerb zusätzlich befeuern.

5. Nationalstiftung nachhaltig dotieren

Die langfristige Finanzierung der Nationalstiftung sichert jüngste Erfolgsmodelle der Forschungsförderung ab.

Die Nationalstiftung für Forschung, Technologie und Entwicklung (NFTE) finanziert wesentliche Bestandteile der Förderungsportfolios der antragsberechtigen Organisationen. In den letzten Jahren konnten sich neue Formate über alle Förderungsorganisationen hinweg etablieren, die intensive Forschungstätigkeiten auslösten. Ob „aws first“ der aws, das „Bridge“-Programm der FFG, die Christian Doppler Labors, das „Research Center for Open Innovation in Science“ der LBG, die „GO!DIGITAL“-Initiative der ÖAW oder die Stärkung der Doktoratsausbildung über die „doc.funds“ des FWF – alle diese Aktivitäten, finanziert mit Mitteln der NFTE, erzielten hohe Resonanz bei den Forschenden und lösten effiziente Impulse für das Forschungs- und Innovationsland Österreich aus. Aus diesem Grund wird eine langfristige Dotierung der Nationalstiftung dringend empfohlen, da diese derzeit per Gesetz nur bis 2020 sichergestellt ist.