Wenn’s um’s liebe Geld geht - ökonomische Entscheidungen in engen partnerschaftlichen Beziehungen
Wien (FWF) – Partner in engen Beziehungen sind sich in Geldangelegenheiten häufig uneinig. Ökonomische Entscheidungen bei Paaren sind dynamische Prozesse, bei denen der allgemeine Beziehungsalltag eine wesentliche Rolle spielt. Erich Kirchler und sein Team vom Institut für Psychologie der Universität Wien hat, unterstützt vom Fonds zur Förderung der Wissenschaftlichen Forschung, 40 Paare ein Jahr lang ein sogenanntes Entscheidungs-Tagebuch über verschiedene Ereignisse und Mechanismen führen lassen und die Ergebnisse daraufhin analysiert und bewertet.
Vor, während und nach ökonomischen Entscheidungen laufen eine ganze Reihe von verschiedenen Aktivitäten zwischen zwei Partnern ab, die die Dynamik der Geldentscheidung beeinflussen. Um derartige Entscheidungsmechanismen umfassend untersuchen zu können, muss die gesamte Interaktion zwischen den Partnern berücksichtigt werden. Erich Kirchler hat 40 Paare in engen Beziehungen ein Jahr lang ein „Partner-Ereignis-Tagebuch“ führen lassen, in dem beide täglich eine oder mehrere erlebte Situationen genauestens protokolliert haben. „In Alltagsentscheidungen – auch über finanzielle Angelegenheiten – spiegelt sich die Qualität der Beziehung wider. Die Dynamik der gemeinsamen Entscheidungsfindung bestimmt die Qualität der Partnerschaft“, erklärt Kirchler zwei grundsätzliche Ergebnisse seines Projektes. Die Lösung von Geldfragen steht im partnerschaftlichen Beziehungssystem in direktem Zusammenhang mit anderen alltäglichen Konflikten wie z.B. Fragen bezüglich der Kinder, der Freizeit, der Berufs- und Hausarbeit sowie der Partnerschaft an sich. In ökonomischen Entscheidungen hat der Partner meist das Sagen, der mehr Wissen über einen Sachverhalt besitzt und dem die Entscheidung wichtig ist. Relative Beiträge zur gemeinsamen Beziehung wie Geld, Status oder ein angesehener Beruf, sind von geringerer Bedeutung.
Überraschend sind einige Ergebnisse in Kirchlers Arbeit, die zeigen, wie häufig „psycho-logische“ Aspekte anstelle von „logisch-sachlichen“ zu suboptimalen Entscheidungen führen können. Beispielsweise wurde festgestellt, dass in manchen, auch wichtigen Entscheidungen die Partner vom eigentlichen Ziel abkommen und letztlich eine Entscheidung über ein Thema treffen, das anfangs nicht zur Debatte stand. Manchmal werden in Entscheidungen verschiedene Ziele verfolgt und ökonomisch-vernünftige Lösungen zugunsten anderer bevorzugt: So scheinen Partner – unabhängig vom Thema – dem Anderen dann entgegenzukommen, wenn sie vergangene Entscheidungen bestimmt hatten. Außer dem Ziel, eine vernünftige, ökonomische Entscheidung zu treffen, müssen die Partner gleichzeitig auch die Beziehung „regulieren“. Neben sachlichen Erörterungen, wird mit einer Reihe von oft gefühlsbetonten Taktiken versucht, den Anderen zum Entgegenkommen zu bringen. Kirchler und sein Team entdeckten insgesamt 18 verschiedene Taktiken, die Partner im Entscheidungs-findungs-Prozess anwenden. In zwei Büchern – „Liebe, Geld und Alltag“ sowie „Conflict and decision making in close relationships“ – hat Kirchler seine Ergebnisse bereits publiziert. In diesen Publikationen geht er unter anderem auch auf die wahrgenommene Gerechtigkeit und Zufriedenheit mit einer Entscheidung ein.
Wissenschaftlicher Kontakt
Univ. Prof. Dr. Erich Kirchler
Universität Wien, Institut für Psychologie
T 01 4277 47880
erich.kirchler(at)univie.ac.at
Wien, am 12. Februar 2001