Im 19. Jahrhundert sammelten westeuropäische Semitisten tausende Papierabdrücke semitischer Steininschriften. Solche »Abklatsche«, dreidimensionale Kopien aus Papier, galten als leicht herzustellende und zuverlässige Art, Inschriften zu untersuchen, deren Originale sich im Nahen Osten befanden. Ein Blick in den Prozess der Abklatschherstellung zeigt, dass deren Produktion nicht voraussetzungslos war: Abklatsche wurden zu entscheidenden Evidenzobjekten für die Auseinandersetzung mit epigrafischen, philologischen und theologischen Fragestellungen. Anhand des jüdisch-österreichischen Semitisten Eduard Glaser zeigt der Vortrag, wie die Abklatschherstellung außerdem mit wissenschaftlichen und soziopolitischen Allianzen verflochten war. So bemühte sich Glaser um die Finanzierung durch die österreichisch-ungarische Monarchie, durch französische Forschungsinstitutionen und durch zionistische Akteure, während er vor Ort auf Vertretende des Osmanischen Reichs und jüdisch-jemenitische Informanten angewiesen war. Anhand dieser Beziehungen wird gezeigt, wie lokale und nichtlokale hegemoniale Herrschaftspraktiken und unterschiedliche nichthegemoniale Strategien mit der Entstehung von Wissen verflochten sind.

 

Ann-Cathérine Pielenhofer studierte Geschichte und Judaistik in München und Wien. Sie ist auch Übersetzerin aus dem Hebräischen. Zu ihren Forschungsschwerpunkten gehören Wissens- und Wissenschaftsgeschichte sowie historisch-politische Epistemologien.

Veranstaltung

Start: 22.01.2024, 18:15
Ende: 22.01.2024, 00:00

Veranstaltungsart

-

Ort

ifk & ifk@Zoom
Reichsratsstraße 17/DG
1010 Wien
Österreich

Angaben zur Veranstaltung

Deutsch
Freier Eintritt

Anmeldung

Nicht erforderlich

Kontakt(e)

Stefanie Obermeir
presse(at)ifk.ac.at
Öffentlichkeitsarbeit

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