Narratologische Exegese und subjektorientierte Bibeldidaktik
Narrative Exegesis and Subject-oriented Biblical Didactics
Wissenschaftsdisziplinen
Erziehungswissenschaften (50%); Philosophie, Ethik, Religion (40%); Sprach- und Literaturwissenschaften (10%)
Keywords
-
Biblical Didactics,
Narratological Exegesis,
Research On Learning And Teaching,
Religious Competence,
Subject-Oriented Didactics,
Religious Education
Das interdisziplinäre Projekt von neutestamentlicher Bibelwissenschaft und Religionspädagogik entwickelt am Beispiel der Erzählung der Begegnung der Emmausjünger mit dem Auferstande-nen (Lk 24,1349) ein narratologisches Modell für Exegese und Bibeldidaktik. Gemeinsames Fundament für die Zusammenarbeit ist die Option, LeserInnen als Subjekte im Begegnungspro-zess mit biblischen Texten zu verstehen. Der Text von Lk 24 lebt vor allem durch die Spannung von subjektiver Auferstehungserfahrung und vorgegebenem kirchlichem Bekenntnis. Um dieses Spannungsverhältnis auch methodisch einzuholen, wurde ein narratologisches Analysemodell gewählt, welches von Carola Surkamp entwickelt wurde und nun erstmals exegetisch fruchtbar gemacht wird. Carola Surkamp gehört zur Schule von Ansgar Nünning und hat auf der Grundlage der Arbeiten von Mieke Bals, Gérard Genette und Manfred Pfister eine "Theorie der Perspektivenstruktur" entwickelt, welche zwi- schen ErzählerInnen-, Figuren- und LeserInnenperspektiven unterscheidet. Dabei gilt, dass erst das Zusammenspiel von Einzelperspektiven das Bedeutungspotential eines Textes erkennen lässt. Die exegetisch gewendete "Theorie der Perspektivenstruktur" in diesem Projekt ermöglicht es, das Spannungsfeld zwischen notweniger subjektiver Auferstehungserfahrung und vorgege-benem Bekenntnis vielschichtig zu thematisieren. Ziel des Projektes ist es, das innovative exegetische Instrumentarium der Narratologie für bibel-didaktische Unterrichtskonzepte zu adaptieren und zu überprüfen, inwieweit durch den Einsatz eines derartigen Ansatzes die individuelle Begegnung von SchülerInnen mit biblischen Erzähl-texten und deren Kompetenz im Umgang mit Texten, mit deren Deutung und die Kommunikation darüber gefördert werden kann. Dies geschieht durch ein mehrstufiges qualitativ-empirisches Verfahren, im Rahmen dessen auch den SchülerInnen im Sinne eines subjektorientierten Ansatzes Deutungskompetenz zu-kommt (Teilnehmende Beobachtung Videografie Nachträgliches lautes Denken Interpreta-tionsphasen als hermeneutischer Zirkel). Die erwarteten Ergebnisse aus dem Projekt sind auf unterschiedlichen Ebenen angesiedelt: Zum einen erweist sich in exegetischer Perspektive der methodische Zugang als logisch stringent und innovativ. Zusätzlich werden Impulse für die Weiterentwicklung narratologischer Exegese angezielt. Zum anderen geht es um Erkenntnisse über bibeldidaktische Unterrichtsprozesse, die in einem gemischt-methodischen Verfahren gewonnen werden. Insgesamt sollen aber vor allem die Wechselwirkung zwischen einer "fachwissenschaftlichen" und einer "fachdidaktischen" Disziplin sowie das kritisch-konstruktive Zusammenspiel unterschiedlicher Perspektiven im Rahmen der LehrerInnenausbildung untersucht und weiterentwickelt werden. Somit kommt es durch die interdisziplinäre Zusammenarbeit nicht nur zu Erkenntnissen innerhalb der jeweils eigenen Disziplin, sondern zu Anregungen durch das wechselseitige Gespräch und zu einer Reflexion und Weiterentwicklung der verschiedenen Ausbildungsstränge im Lehramtsstudium.
Die Bibel das Heilige Buch des Christentums im schulischen röm.-kath. Religionsunterricht und unter der Perspektive von Bildung: Das ist eine religionspädagogische und fachdidaktische Herausforderung, für schulische PraktikerInnen wie auch für wissenschaftlich Forschende. Denn religiös-biblische Lern- und Bildungsprozesse im Kontext von Schule finden heute statt im Spannungsfeld zwischen bibelvergessener Gleichgültigkeit und zuweilen militant auftretendem wortwörtlichem Auslegungsmodus mit fallweise fundamentalistischen Ausprägungen,zwischen naturwissenschaftlich fundiertem Zweifel und unanfragbarer Wahrheitszuschreibung, zwischen unverständlicher Fremdheit der Texte und ihrem Allzu-Vertraut-Sein. Mitten in diesen Spannungsfeldern sollen LehrerInnen einen Möglichkeits-Raum eröffnen, in dem SchülerInnen die biblischen Worte mit allen Sinnen wahrnehmen, reflektieren und einer für sie adäquaten Deutung zuführen können. Im Zentrum dieses Projektes steht ein biblischer Text, in dem sich wie in einem Brennglas viele religionsdidaktische Herausforderungen nochmals verdichten: die Erzählung von den Emmausjüngern (Lk 24,1349). Diese Perikope verhandelt die Frage nach der (Nicht-)Präsenz des Auferstandenen und damit den theologischen Topos der Auferstehung, mit dem christlicher Glaube steht oder fällt. Narratologische Exegese und subjektorientierte Bibeldidaktik am Beispiel von Lk 24 so lautet der Titel dieses Forschungsvorhabens. Dabei verweist das Attribut narratologisch auf den dem Projekt zugrunde gelegten erzähltheoretischen Bezug, der sich primär in der Entscheidung widerspiegelt, den Ostertext Lk 24 als Erzählung zu charakterisieren und unter Rückgriff auf ein entsprechendes methodisches Repertoire zu analysieren und zu interpretieren. Die im Projekttitel vorgenommene Charakterisierung der Bibeldidaktik als subjektorientiert basiert auf der rezeptionsästhetischen bzw. konstruktivistischen Grundlegung des Gesamtprojekts. Seit Herbst 2013 geht das inter- wie transdisziplinäre Projektteam der Frage nach, wie religiös-biblisches Lernen SchülerInnen zu einem pluralitätsfähigen Umgang mit biblischen Texten befähigen kann. Dementsprechend wurden in gemeinsamer theologischer Arbeit von Religionspädagogik und neutestamentlicher Bibelwissenschaft narratologisch basierte Unterrichtsdesigns zu Lk 24 entwickelt, die in der schulischen Praxis exemplarisch erprobt, empirisch beforscht, evaluiert und in Rahmen des zirkulär-iterativen Forschungsprozesses verbessert wurden, um zu religiös-biblischer Pluralitätsfähigkeit zu führen.
- Universität Graz - 100%
- Uta Poplutz, Bergische Universität Wuppertal - Deutschland
- Ilse Müllner, Universität Kassel - Deutschland
Research Output
- 13 Publikationen
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2015
Titel Pontius Pilatus - eine Charakterstudie. Literaturtheorie und Charakterisierung. Typ Book Chapter Autor Ders. -
2017
Titel Begriffsverwirrung? Interpretation - Analyse - Bedeutung - Applikation. Typ Journal Article Autor Mayr Jjm -
2017
Titel Plötzlich konkrete AdressatInnen! Die Übersetzung von Lk 24, 13-49 für die Sekundarstufe I als exegetische Herausforderung. Typ Journal Article Autor Pichler J -
2017
Titel Den Sinn der Schriften eröffnen. Lk 24 als gemeinsame Herausforderung für Exegese und Fachdidaktik - eine Projektskizze. Typ Journal Article Autor Wieser R -
2017
Titel " setzt eine fundierte Exegese und didaktische Aufbereitung voraus". Bibeldidaktik als disziplinenübergreifendes Projekt in der Ausbildung von ReligionslehrerInnen. Typ Journal Article Autor Rajic C -
2014
Titel Narratologische Exegese und subjektorientierte Bibeldidaktik. Ein FWF-Projekt nimmt seinen Anfang. Typ Journal Article Autor Rajic C Journal Theologicum -
2012
Titel Von narratologischen Entdeckungsreisen. Biblische Erzähltexte neu lesen. Typ Journal Article Autor Rajic C -
2012
Titel Narratologische Analysekompetenz im Religionsunterricht. Typ Journal Article Autor Pichler J -
2015
Titel Narratologische Exegese und subjektorientierte Bibeldidaktik. Ein interdisziplinäres Projekt an der Schnittstelle zwischen Exegese und Religionspädagogik. Typ Journal Article Autor Schweighofer M Journal Religionspädagogische Beiträge -
2015
Titel Die Hochzeit zu Kana. Typ Book Chapter Autor Ders. -
2014
Titel Religionspädagogik als Fachdidaktik. Typ Journal Article Autor Lehner-Hartmann A -
2014
Titel Was der Religionspädagogik zu denken gibt. Exegetische Denkanstöße. Typ Journal Article Autor Mayr Jjm -
0
Titel Übersetzung von Lk 24, 13-48 für die Sekundarstufe I. Typ Other Autor Pichler H