Dokumentation oraler Traditionen in Spiti and upper Kinnaur
Documentation of oral traditions in Spiti and upper Kinnaur
Wissenschaftsdisziplinen
Kunstwissenschaften (10%); Soziologie (70%); Sprach- und Literaturwissenschaften (20%)
Keywords
-
WESTERN HIMALAYAS,
CULTURAL HISTORY,
AUDIVISUAL RECORDING,
TIBETAN DIALECTS,
ORAL TRADITION,
SONGS
Die Kulturlandschaft von Spiti and upper Kinnaur in Himachal Pradesh, Indien, wurde seit der Errichtung des westlichen Tibetischen Königreiches am Ende des 10. Jahrhunderts durch den Einfluß des Buddhismus und der tibetischen Kultur geprägt. Trotzdem haben sich in der Kultur dieser Landschaft bis heute viele Elemente nicht- und vorbuddhistischer, hauptsächlich lokaler, Traditionen erhalten, die in den Buddhismus integriert wurden. Ebenso zeigen erste linguistische Analysen, daß die in dieser Gegend gesprochenen tibetischen Dialekte Spuren nicht-tibetischer Dialekte bewahrt haben. Derartige Spuren findet man auch in den Inschriften des Tabo-Klosters aus dem 10. Jahrhundert. Die Einflüsse der modernen Zivilisation (TV und Radio) haben in den letzten Jahren das lokale Musizieren, die Erzähltraditionen sowie die lokalen Dialekte einem massiven kulturellen Druck ausgesetzt, der ihr baldiges Verschwinden befürchten läßt. Daher ist die phonographische Dokumentation dieser oralen Traditionen (Gesänge, Erzählungen, Tänze), insbesondere im Kontext von Festen Wallfahrten, Hochzeiten und Ritualen, das Hauptziel dieses Projektes. Die apparative Ausstattung erfolgt durch das Phonogrammarchiv der Österreichischen Akademie der Wissenschaften, Kooperiert wird sowohl mit lokalen Institutionen wie mit den Teilnehmern an gegenwärtigen FWF Projekten in der Region (Forschungsschwerpunkt "The Cultural History of the Western Himalayas" sowie Projekt "Tradition and Modernity in Tibet and the Himalayas"). Die Feldaufnahmen werden im Phonogrammarchiv archiviert, transkribiert, übersetzt und zusammen mit den Ergebnissen der begleitenden linguistischen Untersuchungen analysiert. Diese Analyse wird auch Textmaterial (Liedtexte und Manuskripte) beinhalten, die von früheren Forschem in dieser Gegend gesammelt wurden (z.T. publiziert in Tucci 1916, Franke 1914 und 1923). Das Projekt konzentriert sich zunächst auf die phonographische Dokumentation, wird aber gleichzeitig Vorerhebungen für eine Erweiterung auf ethnomusikologische Feldforschungen und Videodokumentation in einem geplanten Nachfolgeprojekt ermöglichen.
Das Projekt beschäftigte sich mit der Dokumentation oraler Traditionen in Spiti und im Oberen Kinnaur (Himachal Pradesh, Indien) im Westhimalaja. Das Ziel war eine systematische Sammlung oraler Traditionen, um andere (z.B. ikonographische, schriftliche, architektonische etc.) Quellen zur Kulturgeschichte des westlichen Himalaja zu komplementieren, die vom FWF "Forschungsschwerpunkt" (FSP) The Cultural History of the Western Himalayas from the 10th to the 14th century untersucht werden. Das Projekt konzentrierte sich daher auf die Dokumentation von Liedern, Erzählungen, Tänzen, Pilgerfahrten, Hochzeiten oder sonstigen Ritualen und Festlichkeiten. Die Aufnahmetätigkeit im Feld ergab 334 Aufnahmestunden (Audio: 287 Stunden, Video: 47 Stunden). Das aufgenommene Material umfaßt Lieder, Erzählungen, Ansprachen, Interviews, sowie Dokumentationen von Festen, Feiern und anderen Ereignissen. Die Aufnahmen werden im Phonogrammarchiv der Österreichischen Akademie der Wissenschaften aufbewahrt und archiviert. Große Teile der Lieder, Erzählungen und Interviews konnten bereits transkribiert und übersetzt werden. Dank des reichhaltigen Datenmaterials konnte auch eine vorläufige Klassifikation der tibetischen Lieder erarbeitet werden. Zu den aufgenommenen Sprachen zählen Spiti-Tibetisch, Kinnauri, Shumcho, Kinnauri-Harijan und Jangshung. Alle Transkriptionen, Übersetzungen und Textanalysen wurden in Zusammenarbeit mit örtlichen Gewährsleuten erstellt. Die Auswertung wurde von linguistischen Untersuchungen begleitet. Dem Projekt gelang es so, ein umfangreiches und einzigartiges Korpus von Aufnahmen zur lokalen Kultur und den oralen Traditionen in Spiti und im Oberen Kinnaur zusammenzutragen. Die gesammelten Daten bieten Quellen aus erster Hand, die sonst nicht verfügbar sind. Darüberhinaus konnte das Projekt die Existenz dreier bislang unerforschter lokaler Sprachen bestätigen und die möglicherweise ersten Aufnahmen aus diesen Sprachen vorlegen. Ein Antrag für ein neues Projekt zur gezielten Erforschung dieser Sprachen wurde beim FWF eingebracht.