Psychopharmakologische Modelle chronischer Bauchschmerzen
Psychopharmacological modelling of ongoing visceral pain
Wissenschaftsdisziplinen
Medizinisch-theoretische Wissenschaften, Pharmazie (100%)
Keywords
-
Ongoing Visceral Pain,
Emotional-Affective Behavior,
Animal Models With Operant Readouts,
Microdialysis Of Murine Hippocampus,
Gut Hormones,
Monoamine And Neuropeptide Transmitters
Schmerz stellt eine unangenehme Sinnes- und Gefühlswahrnehmung dar, und beide Aspekte müssen bei einer erfolgreichen Schmerztherapie berücksichtigt werden. Entzündliche Darmerkrankungen und funktionelle Bauchschmerzsyndrome sind häufig mit psychosozialen und psychiatrischen Störungen vergesellschaftet und werden mit einer Dysfunktion der bidirektionalen Kommunikation zwischen Darm und Gehirn erklärt. Durch ihre Prävalenz und psychiatrische Komorbidität haben Erkrankungen mit chronischem Bauchschmerz eine hohe sozio- ökonomische Bedeutung, zumal auch die Therapiemöglichkeiten limitiert sind. In den experimentellen Studien stand bislang die Überempfindlichkeit auf akute Schmerzstimuli im Vordergrund. Dieser Ansatz blieb ohne translationalen Erfolg in der Entwicklung neuer Medikamente, da unberücksichtigt blieb, dass chronische viszerale Schmerzen häufig spontan ohne erkennbare Schmerzursache auftreten. Vor diesem Hintergrund ist es das Ziel dieses experimentellen Projekts, neue Konzepte in der Erforschung des chronischen Bauchschmerzes und seiner Komorbidität mit emotional-affektiven Störungen anzuwenden. Im speziellen gilt es die Hypothesen zu testen, dass " spontan auftretender viszeraler Schmerz anhand multipler operanter Verhaltensparameter (Angst, Affekt, Kognition) quantifiziert werden kann, " spontaner viszeraler Schmerz sich in spezifischen Änderungen der viszeralen Schmerz-Affekt-Achse äußert, " Ängstlichkeit und Depression die viszerale Schmerz-Affekt-Achse modulieren, " die viszerale Schmerz-Affekt-Achse das Hypothalamus-Hypophysen-Nebennieren-System involviert, und " endokrine Signale aus dem Darm an spontanem viszeralen Schmerz beteiligt sind. Im experimentellen Ansatz sollen " 3 experimentelle Modelle viszeraler Hyperalgesie (Stress, Entzündung, Stress plus Entzündung) hinsichtlich multipler operanter Verhaltensparameter untersucht wurden, " neben der Schmerzsignalverarbeitung im Gehirn Änderungen der Ängstlichkeit, Stimmungslage, Kognition und zirkadianen Rhythmik dargestellt werden, " die Freisetzung relevanter Neurotransmitter im Gehirn durch in vivo Mikrodialyse des Hippokampus verfolgt werden, " die Bedeutung der Hypothalamus-Hypophysen-Nebennierenachse für die viszerale Schmerz-Affekt-Achse herausgearbeitet werden, und " die Beteiligung intestinaler Hormone (Peptid YY, Melatonin) an der viszeralen Schmerz-Affekt-Achse getestet werden. Mit diesen Ansätzen sollen experimentelle Modelle für spontanen viszeralen Schmerz mit hoher prädiktiver Validität für die Testung neuer Medikamente etabliert werden.
Schmerz stellt eine unangenehme Sinnes- und Gefühlswahrnehmung dar, und beide Aspekte müssen bei einer erfolgreichen Schmerztherapie berücksichtigt werden. Entzündliche Darmerkrankungen und funktionelle Bauchschmerzsyndrome sind häufig mit psychosozialen und psychiatrischen Störungen vergesellschaftet und werden mit einer Dysfunktion der bidirektionalen Kommunikation zwischen Darm und Gehirn erklärt. Durch ihre Prävalenz und psychiatrische Komorbidität haben Erkrankungen mit chronischem Bauchschmerz eine hohesozio-ökonomischeBedeutung, zumalauchdie Therapiemöglichkeiten limitiert sind. In den experimentellen Studien stand bislang die Überempfindlichkeit der schmerzempfindlichen Nervenfasern in der Peripherie (Magen- Darm-Trakt) im Vordergrund. Dieser Ansatz blieb bislang in der Entwicklung neuer Medikamente weitgehend ohne Erfolg, da unberücksichtigt blieb, dass chronische viszerale Schmerzen auch ohne erkennbare Schmerzursache auftreten können und mit Änderungen in der Gehirnfunktion zusammenhängen. Vor diesem Hintergrund war es das Ziel dieses Projekts, Gehirnfunktion und Verhalten in experimentellen Modellen von chronischem Bauchschmerz zu charakterisieren und diesbezügliche Änderungen in ihren hormonellen, immunologischen und neurochemischen Mechanismen zu entschlüsseln. Die Projektergebnisse zeigen, dass entzündungsbedingte chronische Bauchschmerzen sowohl mit molekularen Änderungen in spezifischen Gehirnregionen als auch mit Verhaltensstörungen (Ängstlichkeit, eingeschränkte soziale Interaktion) und einer Änderung der Stressreaktion einhergehen. Außerdem zeigt sich, dass bei chronischem Bauchschmerz verschiedene Signalwege aus dem Darm (hormonell, immunologisch, neuronal) zu einer Änderung der Gehirnfunktion und in weiterer Folge zu Verhaltensänderungen führen könnten. Für ein umfassendes Verständnis chronischer Schmerzsyndrome ist es deshalb wichtig, alle (nicht nur neuronale) Signalwege zwischen der Peripherie und dem Gehirn zu berücksichtigen. Über diese Signalwege kommt es zu ausgeprägten Funktionsänderungen in Gehirnregionen, die nicht nur bei Schmerz, sondern auch bei der Emotionalität und Stressempfindlichkeit eine Rolle spielen, was die Komorbidität von chronischem Bauchschmerz mit psychiatrischen Erkrankungen erklären könnte. Daraus leitet sich die Schlussfolgerung ab, dass eine erfolgreiche Therapie chronischer Schmerzsyndrome nur durch eine Normalisierung der gestörten Gehirnfunktion zu erzielen ist.
- Herbert Herzog, St Vincent’s Centre for Applied Medical Research - Australien
- Michael C. Kreissl, Julius-Maximilians-Universität Würzburg - Deutschland
- Christoph Thöringer, Max-Planck-Gesellschaft - Deutschland
Research Output
- 2222 Zitationen
- 19 Publikationen
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2018
Titel Diabesity and mood disorders: Multiple links through the microbiota-gut-brain axis DOI 10.1016/j.mam.2018.11.003 Typ Journal Article Autor Farzi A Journal Molecular Aspects of Medicine Seiten 80-93 Link Publikation -
2018
Titel Gut Microbiota and the Neuroendocrine System DOI 10.1007/s13311-017-0600-5 Typ Journal Article Autor Farzi A Journal Neurotherapeutics Seiten 5-22 Link Publikation -
2014
Titel Neuropeptides and the Microbiota-Gut-Brain Axis DOI 10.1007/978-1-4939-0897-4_9 Typ Book Chapter Autor Holzer P Verlag Springer Nature Seiten 195-219 -
2013
Titel Neuropeptide Y and peptide YY protect from weight loss caused by Bacille Calmette–Guérin in mice DOI 10.1111/bph.12354 Typ Journal Article Autor Painsipp E Journal British Journal of Pharmacology Seiten 1014-1026 Link Publikation -
2015
Titel Behavioral and molecular processing of visceral pain in the brain of mice: impact of colitis and psychological stress DOI 10.3389/fnbeh.2015.00177 Typ Journal Article Autor Jain P Journal Frontiers in Behavioral Neuroscience Seiten 177 Link Publikation -
2017
Titel Visceral Inflammation and Immune Activation Stress the Brain DOI 10.3389/fimmu.2017.01613 Typ Journal Article Autor Holzer P Journal Frontiers in Immunology Seiten 1613 Link Publikation -
2017
Titel Visceral hyperalgesia caused by peptide YY deletion and Y2 receptor antagonism DOI 10.1038/srep40968 Typ Journal Article Autor Hassan A Journal Scientific Reports Seiten 40968 Link Publikation -
2015
Titel The homeostatic role of neuropeptide Y in immune function and its impact on mood and behaviour DOI 10.1111/apha.12445 Typ Journal Article Autor Farzi A Journal Acta Physiologica Seiten 603-627 Link Publikation -
2015
Titel Neuropeptide Y: A stressful review DOI 10.1016/j.npep.2015.09.008 Typ Journal Article Autor Reichmann F Journal Neuropeptides Seiten 99-109 Link Publikation -
2015
Titel Neuroimmune pharmacological approaches DOI 10.1016/j.coph.2015.09.003 Typ Journal Article Autor Holzer P Journal Current Opinion in Pharmacology Seiten 13-22 Link Publikation -
2015
Titel Dextran sulfate sodium-induced colitis alters stress-associated behaviour and neuropeptide gene expression in the amygdala-hippocampus network of mice DOI 10.1038/srep09970 Typ Journal Article Autor Reichmann F Journal Scientific Reports Seiten 9970 Link Publikation -
2015
Titel Acid-sensing ion channels in gastrointestinal function DOI 10.1016/j.neuropharm.2014.12.009 Typ Journal Article Autor Holzer P Journal Neuropharmacology Seiten 72-79 Link Publikation -
2014
Titel Repeated predictable stress causes resilience against colitis-induced behavioral changes in mice DOI 10.3389/fnbeh.2014.00386 Typ Journal Article Autor Hassan A Journal Frontiers in Behavioral Neuroscience Seiten 386 Link Publikation -
2014
Titel Synergistic effects of NOD1 or NOD2 and TLR4 activation on mouse sickness behavior in relation to immune and brain activity markers DOI 10.1016/j.bbi.2014.08.011 Typ Journal Article Autor Farzi A Journal Brain, Behavior, and Immunity Seiten 106-120 Link Publikation -
2014
Titel A novel unbiased counting method for the quantification of synapses in the mouse brain DOI 10.1016/j.jneumeth.2014.10.020 Typ Journal Article Autor Reichmann F Journal Journal of Neuroscience Methods Seiten 13-21 Link Publikation -
2012
Titel Neuropeptide Y, peptide YY and pancreatic polypeptide in the gut–brain axis DOI 10.1016/j.npep.2012.08.005 Typ Journal Article Autor Holzer P Journal Neuropeptides Seiten 261-274 Link Publikation -
2012
Titel The gut-brain axis in health and disease. Typ Book Chapter Autor Bauer V (Ed) Drugs: Their Action In Pharmacology And Toxicology -
2012
Titel The gut-brain axis in health and disease; In: Drugs. Their Action in Pharmacology and Toxicology Typ Book Chapter Autor Holzer P Verlag Institute of Experimental Pharmacology & Toxicology, Slovak Academy of Sciences -
2012
Titel Peptide YY and neuropeptide Y in regulation of pain and spatial learning and memory DOI 10.1186/2050-6511-13-s1-a58 Typ Journal Article Autor Jain P Journal BMC Pharmacology and Toxicology Link Publikation