Polyamorie in medialer, sozialer und Identitätsperspektive
Polyamory in social, media and identity perspective
Wissenschaftsdisziplinen
Geschichte, Archäologie (25%); Medien- und Kommunikationswissenschaften (25%); Soziologie (50%)
Keywords
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Polyamory,
Identity,
Relationship,
LGBT,
Self-Perception,
Media
Inhalt des Forschungsvorhabens: Vater-Mutter-Kind. Was manchen von uns an ein Spiel aus unserer Kindheit erinnert, ist eine spezifische Beziehungs- und Gesellschaftsnorm, die in den vergangenen 50 Jahren massiven Veränderungen unterworfen war und immer noch ist. Gleichgeschlechtliche Beziehungen wurden langsam aber stetig akzeptiert. Zusätzlich erhielten weitere Formen sexueller Orientierung und Identitäten (Bi und Transgender)öffentliche Aufmerksamkeit und Anerkennung. Was diese Konzepte/Identitäten (zusammengefasst unter dem englischsprachigen Akronym LGBT) mit traditioneller Orientierung gemeinsam haben, sind die Beziehungsausprägungen: Sowohl Sexualität als auch emotionale Liebe wird nur mit einer spezifischen Person praktiziert/geteilt. Vor ungefähr 15 Jahren fand ein weiterer Begriff, der diese bestehende Strukturen aufbrach, Eingang in die wissenschaftliche Diskussion: Polyamorie sexuelle und emotionale Mehrfachbeziehungen unter dem Wissen aller Beteiligten. Hypothesen: Noch nicht umfassend erforscht aus Sicht der Betroffenen und deswegen untersucht werden sollen Fragen nach der Selbstwahrnehmung (ist polyamorös sein eine sexuelle Orientierung, eine Form von Identität, eine intime Handlung, oder etwas ganz anderes?); was ist auf emotionaler und sexueller Ebene passiert, bevor es zum Poly-Outing kam (Liebes- und Sexualhistorie); wie reagiert das soziale Umfeld auf diese Form der Beziehung (Familie, FreundInnen, ArbeitskollegInnen); wie ausgeprägt ist der Wunsch nach rechtlicher Anerkennung in Form von eingetragenen PartnerInnenschaften oder Ehe(n) (von Relevanz zum Beispiel bei Familiengründung, Versicherungsangelegenheiten, Pensionsansprüchen, Erbrecht etc.); und wäre Anerkennung durch kirchliche Institutionen (z.B. eine kirchliche Trauung zwischen drei Personen) von Bedeutung? Parallel dazu hinaus wird untersucht, wie diese Aspekte in den Medien dargestellt werden, und welches Bild in der Öffentlichkeit vermittelt wird. Schlussendlich soll geklärt werden, ob die Eigenwahrnehmung polyamorös lebender Personen der medialen Fremddarstellung wider- oder entspricht. Methoden: Geographischer Schwerpunkt der Untersuchung ist Österreich. Im ersten Schritt werden 30 bis 35 Personen, die in polyamorösen Beziehungen in und um Wien leben, befragt (Durchführung von narrativen autobiographischen Interviews). Im zweiten Schritt werden ungefähr 150 deutschsprachige Zeitungs- und Zeitschriftenartikel, die seit dem Jahr 2007 in Österreich erhältlich waren und das Schlagwort Polyamorie enthalten, analysiert und anhand einer sozialwissenschaftlichen Methode (qualitative Inhaltsanalyse) ausgewertet. Was ist neu und besonders: Bisher wurde vor allem der anglo-amerikanische Raum untersucht; nur ganz wenige Erhebungen fanden im und über den deutschsprachigen Raum statt. Dem möglichen Wunsch nach kirchlicher Anerkennung wurde bis jetzt nie nachgegangen; darüber hinaus gibt es nur wenige Untersuchungen zum Bedürfnis rechtlicher Anerkennung. Die Frage nach polyamor sein als sexuelle Orientierung wurde bis jetzt in der Form an die Poly-Gemeinschaft nicht gestellt, und diese Antworten könnten den Diskurs um eine Frage erweitern, die weit über die akademische Diskussion hinausgeht: Sind polyamorös lebende Personen eine sexuelle Minderheit und braucht das LGBT-Akronym daher eine Erweiterung um ein P für Polyamorie? 1
Ziel des Projektes war es, Gemeinsamkeiten sowie Unterschiede zwischen der Eigenwahrnehmung und der medial vermittelten Fremddarstellung von Personen zu finden, die sich in einer gesellschaftlich als auch rechtlich nicht anerkannten Beziehungsform befinden, der Polyamorie. Verstanden werden darunter konsensuale Beziehungen auf der Basis von Liebe und intimen Handlungen über einen längeren Zeitraum hinweg. Im Fazit lässt sich festhalten: Die Übereinstimmungen zwischen den beiden Perspektiven dominieren! Für die Eigenwahrnehmung wurden 33 Personen aus insgesamt 14 Mehrfachbeziehungen an einem neutralen Ort einzeln interviewet. Die Ergebnisse wurden einer Medienanalyse gegenübergestellt, für die Zeitungs- und Zeitschriftenartikel aus Deutschland, Österreich und der Schweiz untersucht wurden, in denen das Wort Polyamorie in grammatikalischen Variationen vorkam. Es wurde eine Vollerhebung der Jahre 2007 (dem ersten Auftreten des Begriffs in der deutschsprachigen Presse) bis 2017 durchgeführt und dabei insgesamt 368 Artikel analysiert. Sechs Aspekte konnten im Detail erarbeitet werden: In Bezug auf die Lebens- und Liebeshistorie zeigte sich, dass sowohl in der medialen Vermittlung als auch in der Eigenwahrnehmung die Liebe zu mehr als einer Person den wesentlichsten Grund darstellt, um eine Mehrfachbeziehung einzugehen. Dies setzt sich auch beim zweiten Punkt, der Kategorisierung von Polyamorie als Identität, sexuelle Orientierung oder intime Praxis fort die drei genannten Aspekte dominieren zwar den wissenschaftlichen Diskurs, in den Zeitungen als auch in der Lebenspraxis war der häufigste Aspekt ein anderer, nämlich der der multiplen Liebesbeziehung. Eine (vermutete) Selbstidentifizierung als Teil einer erweiterten LesbischSchwulBisexuellTransgender-Community, konnte nicht belegt werden. In Bezug auf soziale Anerkennung wurde deutlich, dass polyamoröses Leben noch nicht von der Gesellschaft allgemein, und im Arbeits- und Familienkontext nur vereinzelt angenommen wird. Das Verlangen nach rechtlicher Anerkennung (Ehevertrag/Partnerschaftsvertrag, Absicherung von Kindern aus vorsätzlichen Mehrfachbeziehungen, Erbrecht, generelle staatliche Verantwortung) hielt sich in der medialen Darstellung als auch als Bedürfnis poly lebender Personen in Grenzen; eine etwaige kirchliche Anerkennung war kaum ein Thema. Bei der Generierung von Wissen zu Polyamorie setzten gedruckte Medien überwiegend auf historische und aktivistische Celebrieties, die Mehrfachbeziehungen führten, für die betroffenen Personen sind Ratgeberbücher und Treffen unter Gleichgesinnten die wichtigsten Informationsquellen und Anlaufstellen. Derzeit scheint auch die relevanteste Frage für die Diversität der Gesellschaft geklärt: Um das LGBT-Akronym um ein P für Polyamorie zu erweiteren, ist die kritische Masse noch nicht erreicht. Aber das Thema boomt, und Medien und Wissenschaft werden sich auch in absehbarer Zukunft vermehrt damit beschäftigen!
- Universität Wien - 100%
- Oliver Hülden, Österreichische Akademie der Wissenschaften , nationale:r Kooperationspartner:in
- Michael Wörrle, Deutsches Archäologisches Institut - München - Deutschland
- Helmut Brückner, Universität Köln - Deutschland
- Laurence Cavalier, Université Bordeaux Montaigne - Frankreich
- Hava Iskan, Akdeniz Üniversitesi - Türkei
Research Output
- 2 Publikationen
- 2 Künstlerischer Output
- 41 Disseminationen
- 1 Wissenschaftliche Auszeichnungen
- 1 Weitere Förderungen
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2017
Titel Viele Lieben. Zur medialen Repräsentation polyamoröser Beziehungen in Deutschland, Österreich und der Schweiz; In: "Kinship trouble". Dimensionen des Verwandtschaftmachens in Geschichte und Gegenwart Typ Book Chapter Autor Ossman Verlag Verlag des Institut für Europäische Ethnologie Seiten 49-84 -
2019
Titel Polyamorie in der deutschsprachigen Presse 2007-2017. Eine medienanalytische Untersuchung zu einem sich etablierenden Beziehungsmodell.; In: Produzieren/Konsumieren - Prosumieren/Konduzieren Typ Book Chapter Autor Ossmann Verlag StudienVerlag Seiten 181-191
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Titel Adult Education Centre Linz, lecture series "Relationship pitfalls": "Loving more than one" Typ A talk or presentation Link Link -
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Titel Anniversary Celebration "50 years commodity team for euqal rights at the University of Vienna" Typ Participation in an open day or visit at my research institution Link Link -
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Titel Article in the the science blog "Young research network Female and Gender History" Typ A magazine, newsletter or online publication Link Link -
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Titel Austrian Broadcasting Corporation: Stoeckl - Stefan Ossmann was guest Typ A broadcast e.g. TV/radio/film/podcast (other than news/press) Link Link -
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Titel Austrian daily newspaper Die Presse: Report on project results Typ A press release, press conference or response to a media enquiry/interview Link Link -
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Titel Due to Valentine's Day, the weekly Austrian newspaper Falter dedicated its edition 6/17 to the topic love. Stefan Ossmann was interviewed as expert on the topic of polyamory. Typ A magazine, newsletter or online publication Link Link -
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Titel European Researchers Night 2016 Typ A talk or presentation Link Link -
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Titel Expert interview for an article on Southwest Broadcasting (Public Broadcasting, Germany) Typ A press release, press conference or response to a media enquiry/interview Link Link -
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Titel Expert interview for the Deutsche Welle Academy Typ Engagement focused website, blog or social media channel Link Link -
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Titel Expert interview with Stefan Ossmann on Polyamory by the Dutch public broadcasting Organisation (NOS op 3) Typ Engagement focused website, blog or social media channel Link Link -
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Titel Expert interview with Stefan Ossmann titling 'Very much loved. Children in polyamorous families.' Typ A magazine, newsletter or online publication Link Link -
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Titel For the Austrian Radio show Nachtquartier, Stefan Ossmann was guest and spoke about polyamory. Typ A broadcast e.g. TV/radio/film/podcast (other than news/press) Link Link -
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Titel For the cover story of the Austrian weekly magazine "NEWS" Stefan Ossmann gave an interview on Polyamory Typ A press release, press conference or response to a media enquiry/interview Link Link -
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Titel Guest lecture at the Sigmund-Freud-University: "The Science of Love: A scientists perspective" Typ A talk or presentation Link Link -
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Titel Interview - Polyamory by an alpine approach: Gspusicast Nr. 14: Media research Typ Engagement focused website, blog or social media channel Link Link -
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Titel Interview for a protestant blog "Cross and queer' Typ Engagement focused website, blog or social media channel Link Link -
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Titel Interview for German magazine Psychology Today ('Psychologie Heute') Typ A press release, press conference or response to a media enquiry/interview Link Link -
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Titel Interview for national newspaper 'Die Presse' Typ A press release, press conference or response to a media enquiry/interview Link Link -
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Titel Interview for the Austrian news magazine PROFIL Typ A press release, press conference or response to a media enquiry/interview Link Link -
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Titel Interview for the German Press Agency (DPA) for Valentine's day Typ A press release, press conference or response to a media enquiry/interview Link Link -
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Titel Interview for TV series OKTO TV Typ A broadcast e.g. TV/radio/film/podcast (other than news/press) Link Link -
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Titel Klub Irrko Space Night Typ A talk or presentation Link Link -
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Titel Lecture @ Sigmund-Freud-University, Vienna Typ A talk or presentation Link Link -
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Titel Long Night of Research 2016 Typ Participation in an open day or visit at my research institution Link Link -
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Titel Long Night of Reserach 2018 Typ Participation in an open day or visit at my research institution Link Link -
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Titel Love symposium: Quiz on polyamory Typ Participation in an activity, workshop or similar Link Link -
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Titel Preliminary project results presentation and discussion Typ A talk or presentation Link Link -
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Titel Projekt closing symposium 'Polyamory in media, social and identity perspective' Typ A talk or presentation Link Link -
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Titel Public scientific debate: Wedding really for all? And of so, for how many? Typ A talk or presentation Link Link -
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Titel Queer History Day Vienna 2017 Typ Participation in an activity, workshop or similar Link Link -
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Titel Radio Interview 'Polyamory - as bright as life itself' for Radio Orange 94.0 Typ A press release, press conference or response to a media enquiry/interview Link Link -
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Titel Radio Interview 'Polyamory - how can love be shared?' Typ A broadcast e.g. TV/radio/film/podcast (other than news/press) Link Link -
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Titel Radio report: Polyamory at the Sigmund-Freud-University Vienna, Austria Typ A press release, press conference or response to a media enquiry/interview Link Link -
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Titel Radio-Interview by Elis Thiel with Stefan Ossmann for the Oe1-Afternoon-Show "Moment - Leben heute" Typ A broadcast e.g. TV/radio/film/podcast (other than news/press) Link Link -
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Titel Report in the science section of the Austrian Public Broadcasting Corporation (ORF) Typ A press release, press conference or response to a media enquiry/interview Link Link -
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Titel Science Slam Orpheum Graz Typ Participation in an activity, workshop or similar Link Link -
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Titel Servus TV: Myth monogamy - Expert interview within their report series 'Im Kontext - die Reportage' Typ A press release, press conference or response to a media enquiry/interview Link Link -
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Titel Session organisation on "Sexuality and Change" at the ÖGS congress Typ Participation in an activity, workshop or similar Link Link -
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Titel Sex serious: Two-part interview for the blog www.sexual-forschung.net Typ Engagement focused website, blog or social media channel Link Link -
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Titel Stefan Ossmann was interviewed as expert for the German Science Magazine "GEO Wissen" (GEO knowledge) for their 58th edition titling "Love. The dream of happyness together" for the cover story "Polyamory. The togetherness with more than two". Typ A magazine, newsletter or online publication Link Link -
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Titel Workshop held at the biggest Polyamory-Meeting in the German-speaking area Typ Participation in an activity, workshop or similar
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2019
Titel agpro (Austrian Gay Professionals) research price 2018 Typ Research prize Bekanntheitsgrad National (any country)
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2019
Titel Literar Mechana PhD completion scholarship Typ Research grant (including intramural programme) Förderbeginn 2019 Geldgeber University of Vienna