Boolesche Ultrapotenzen und andere neue Forcing-Techniken
Boolean ultrapowers and other new forcing techniques
Wissenschaftsdisziplinen
Mathematik (100%)
Keywords
-
Set Theory,
Forcing,
Cardinal Characteristics
Man kann den nicht zu chaotischen Teilmengen der Ebene einen Flächeninhalt (eine endliche reelle Zahl oder auch unendlich) zuordnen, das Lebesgue-Maß. Diese Mengen heißen messbar, und diejenigen mit Maß 0 Nullmengen. Das ist ein nützlicher Begriff für vernachlässigbar klein: Nullmengen sind für viele mathematische Argumente und Anwendungen vernachlässigbar. Die Anzahl der Elemente der Ebene nennt man Kontinuum. Schon Cantor hat gezeigt dass diese Kardinalzahl dieselbe ist wie z.B. die Anzahl der Punkte der Zahlengerade R, und echt größer als die Anzahl der natürlichen Zahlen (d.h., die Kardinalität von N; die wiederum gleich ist der Kardinalität der rationalen Zahlen Q). Mengen die so groß wie die natürlichen Zahlen sind, oder nur endlich, nennt man abzählbar. Abzählbare Teilmengen der Ebene sind immer Null (und insbesondere messbar). Es gib sowohl messbare Mengen mit positivem endlichem Maß (z.B. ein Quadrat mit Seitenlänge 1) als auch solche mit unendlichem Maß (z.B. die gesamte Ebene) also auch Nullmengen (z.B. eine Grade) die die Kardinalität Kontinuum haben. Es gibt aber auch nicht-messbare Mengen der Kardinalität Kontinuum. Eine naheliegende Frage lautet: Was ist die kleinste Kardinalität eine nicht-Nullmenge? Diese Zahl nennen wir non(Null), und wie wir gesehen haben, ist sie größer als abzählbar und höchstens Kontinuum. non(Null) ist eine Kennzahl, oder: eine Kardinalzahlcharakteristik, des Kontinuums. Eine andere, add(Null) ist: Was ist die kleinste Größe einer Familie von Nullmengen, deren Vereinigung nicht Null ist? Eine Variante, cov(Null), verlangt dass die Vereinigung die ganze Ebene ist. Man kann leicht sehen dass add(Null) kleiner oder gleich sowohl non(Null) als auch cov(Null) ist. Diese und einige weitere Kardinalzahlcharakteristiken, sowie einige Ungleichungen zwischen ihnen, bilden das sogenannte Cichon-Diagramm. Dieses Diagramm hat zehn unabhängige Einträge. Die Mengenlehre (genauer: das Axiomensystem ZFC) stellt eine Fundierung der gesamten Mathematik dar: Jeder mathematische Satz der als bewiesen gilt, kann formal in ZFC abgeleitet werden; und jeder formale ZFC Beweis wird auch allgemein akzeptiert. Schon Gödel hat allerdings gezeigt, dass es in jedem starken, vernünftigen Ableitungssystem Sätze gibt, die sich weder beweisen noch widerlegen lassen (Unvollständigkeitssatz). Das berühmteste Beispiel eines solchen Satzes für ZFC ist die Kontinuumshypothese (CH): Jede Teilmenge der reellen Zahlen ist abzählbar oder hat die Größe Kontinuum. Wenn man CH annimmt, dann sind alle Einträge des Cichon Diagramms gleich. Andrerseits war seit den 1980er Jahren bekannt, dass jedes Paar verschiedene Werte annehmen kann. 2019 wurde gezeigt dass tatsächlich auch alle zehn unabhängigen Einträge gleichzeitig verschieden sein können. Wie in der Mathematik üblich eröffnet dieses Ergebnis neue Fragen und Probleme; und das Projekt entwickelt neue Methoden um diese weiterführenden Fragen zu untersuchen.
- Technische Universität Wien - 100%
- Martin Goldstern, Technische Universität Wien , nationale:r Kooperationspartner:in
Research Output
- 5 Zitationen
- 6 Publikationen