Nicht-Ukrainer in der revolutionären Ukraine, 1917-1921
Non-Ukrainians in revolutionary Ukraine, 1917-1921
Weave: Österreich - Belgien - Deutschland - Luxemburg - Polen - Schweiz - Slowenien - Tschechien
Wissenschaftsdisziplinen
Andere Geisteswissenschaften (20%); Politikwissenschaften (40%); Soziologie (40%)
Keywords
-
Ukraine,
Revolution,
Ethno-confessional diversity,
Interethnic Relations,
Social Change,
Violence
Das Projekt untersucht eine der prägendsten Perioden der jüngeren ukrainischen Geschichte den revolutionären Umbruch zwischen 1917-1921 indem es die vielfältigen Erfahrungen jener Menschen erforscht, die sich selbst nicht als ethnische Ukrainer betrachteten oder nicht als solche angesehen wurden. Während sich die bisherige Forschung in erster Linie auf die Staatsbildungsbemühungen der ukrainischen nationalen Eliten konzentrierte, wurden das Leben und die Aktivitäten von Nichtukrainern weitgehend außer Acht gelassen. Dabei war die Ukraine ein multikultureller Raum, in dem sprachlich und konfessionell heterogene Bevölkerungsgruppen Seite an Seite lebten. Diese machten immerhin rund ein Viertel der Gesamtbevölkerung aus. Ohne deren Einbeziehung kann daher die Geschichte der revolutionären Umwälzungen in der Ukraine nicht oder nur unvollständig erzählt und verstanden werden. Im Mittelpunkt dieses Projekts steht die Analyse der politischen, kulturellen und sozioökonomischen Handlungsfähigkeit von Nichtukrainern in der Ukraine aus einer transnationalen Perspektive. Wir konzentrieren uns in erster Linie auf Polen, Juden und Russen die drei zahlenmäßig und historisch wichtigsten Nationalitäten beziehen aber auch Deutsche, Griechen, Weißrussen, Tschechen und Moldawier ein. Die Forschungsfragen des Projekts sind in fünf größere Themenkomplexe gegliedert: die Veränderungen innerhalb der jeweiligen nichtukrainischen Gruppe, die Interaktionen von Nichtukrainern mit staatlichen Behörden, die Beziehungen von Nichtukrainern zu ihren Vaterländern außerhalb der Ukraine, die Beziehungen von Nichtukrainern untereinander und die Gewalterfahrungen von Nichtukrainern. Das Projekt stützt sich auf transnationale und verflechtungsgeschichtliche Ansätze, die es uns ermöglichen, gruppenübergreifende und transnationale Interaktionen zwischen Ukrainern und Nichtukrainern zu untersuchen. Wir wenden uns explizit gegen eine essentialisierende Auffassung von Nationalität und untersuchen stattdessen die komplexe Gemengelage von den verschiedenen nationalen Kategorisierungen seitens des Staates, den Mobilisierungsbemühungen nationaler Aktivisten, dem oft ambivalenten Nationalbewusstsein der Bevölkerung sowie den situationsabhängigen und flexiblen Identifikationen der Menschen. In unserer Analyse verwenden wir einen gemischten institutionellen und biografischen Ansatz, der sowohl nichtukrainischen Organisationen/Institutionen als auch individuellen Lebensläufen nachgeht. Unser Forschungsvorhaben basiert auf einer breiten Auswertung von Quellen aus Archiven und Bibliotheken in der Ukraine, Polen, Österreich, Deutschland, Israel und den Vereinigten Staaten. Der originäre Beitrag unseres Projekts besteht darin, Nichtukrainer als integralen Bestandteil der postimperialen Transformationsprozesse in der revolutionären Ukraine einzubeziehen. Dabei wenden wir auf innovative Weise transnationale und verflechtungsgeschichtliche Perspektiven sowie einen Bottom-up-Ansatz an, um die Handlungen und Handlungsspielräume von Nicht-Ukrainern zu erkunden. Ein spezieller Fokus gilt den geschlechterspezifischen Aspekten von nationaler Emanzipation und Gewalterfahrungen, die auf intersektionale Verknüpfungen von Nationalität, Geschlecht und Stand verweisen. Die Ergebnisse des Projekts werden einen wichtigen Beitrag zur ukrainischen Geschichte, zur Geschichte von Revolutionen und zur Nationalismusforschung leisten.
- Universität Wien - 100%
- Gennadii Korolov - Polen