Fein-granulare kultur-bezogene Musikempfehlungssysteme
Fine-grained culture-aware music recommender systems
Wissenschaftsdisziplinen
Andere Geisteswissenschaften (15%); Informatik (60%); Soziologie (25%)
Keywords
-
Music Recommender Systems,
Cultural Aspects,
Personalization,
Context Awareness
Durch das breite Angebot an musikalischen Stücken, stehen ZuhörerInnen heutzutage vor einer Auswahl an mehreren Millionen Tracks. Musikempfehlungssysteme wurden eigens dazu geschaffen, um die Qual der Wahl der NutzerInnen zu erleichtern. Die Aufgabe von Musikempfehlungssystemen besteht darin, den NutzerInnen Vorschläge zu unterbreiten, welcher Track als nächster in der Playlist abgespielt werden soll. Dabei ist ausschlaggebend, das passende Stück dem/der passenden NutzerIn im passenden Moment zu empfehlen. Diese Aufgabe erweist sich jedoch als äußerst komplex, da zahlreiche Faktoren auf die Musikvorlieben von NutzerInnen Einfluss nehmen. Zu diesen gehören auch kulturelle Aspekte und Merkmale, welche erwiesenermaßen Einwirkung auf Wahrnehmung, Präferenzen und Verhalten der NutzerInnen haben. Das Projekt Fein-granulare kultur-bezogene Musikempfehlungssysteme befasst sich mit der Frage, auf welche Weise Musikempfehlungssysteme kulturelle Aspekte berücksichtigen sollen und müssen, um geeignetere Empfehlungen unterbreiten zu können. Es gewährt Einblick in kulturübergreifende Wahrnehmungen, Präferenzen und Verhalten und leitet daraus ab, auf welche Weise Musikempfehlungssysteme konzipiert werden sollen, um auf die kulturelle Vielfalt ihrer NutzerInnen besser einzugehen und diese zu widerspiegeln. Im Projekt wird davon ausgegangen, dass unterschiedliche Granularitätsebenen (z.B. individuell, regional, national und global) berücksichtigt werden müssen, um Musikempfehlungssysteme zu optimieren. Dies setzt voraus, dass verschiedene kulturelle Ebenen und deren Granularität vereint werden müssen, um die bestehenden Grenzen der Musikempfehlungsbranche zu überwinden. Die wissenschaftliche Herangehensweise dieses Projekts vereint vier Methoden: (i) eine Zusammensetzung aus Umfragen und User Panels, (ii) User Modeling (Benutzermodellierung), (iii) Entwurf und Implementierung von Prototypen kultur-bezogener Musikempfehlungssysteme, und (iv) kulturübergreifende Studien, um die Leistung dieser Musikempfehlungssystem-Prototypen zu untersuchen. Die TeilnehmerInnen der Studie werden aus den USA, Österreich und Korea stammen. Sowohl nationale Kulturen als auch regionale Unterschiede (z.B. Stadt, Peripherie und ländliche Gegend) werden in der Studie beachtet. Im Gegensatz zu bisherigen Forschungsprojekten im Bereich der Gewinnung musikbezogener Informationen sowie Musikempfehlungssystemen, welche die kulturelle Vielfalt berücksichtigen, stellt das vorliegende Projekt Benutzerbedürfnisse und -vorlieben in den Vordergrund. Es zielt darauf ab, Musikempfehlungssysteme zu entwerfen und zu implementieren, welche diese Anforderungen durch Miteinbezug verschiedener Granularitätsebenen kultureller Aspekte in einem umfassenden Ansatz erfüllen.
Das "Fein-granulare kultur-bezogene Musikempfehlungssysteme" befasste sich mit der Frage, auf welche Weise Musikempfehlungssysteme kulturelle Aspekte berücksichtigen sollen, um geeignetere Empfehlungen unterbreiten zu können. Ein Teil des Projekts analysierte kulturspezifische Unterschiede (insbesondere länderspezifische Unterschiede) in Musikpräferenzen, wofür Daten über das Hörverhalten auf Musikplattformen herangezogen wurden. Diese Erkenntnisse sind in algorithmische Ansätze für Musikempfehlungen eingeflossen, wobei sich deutlich zeigte, dass das Einbeziehen dieser kultur-bezogenen Unterschiede zur geringeren Fehlerquoten bei den Empfehlungen führt - sprich, ein besseres Ergebnis liefern. Die wichtigsten Erkenntnisse des Projekts lassen sich wie folgt zusammenfassen: 1. Die Musikpräferenzen von Nutzer*innen lassen sich in einem Maß beschreiben, das angibt, wie sehr diese Musikpräferenzen den Musikpräferenzen der Allgemeinheit (dem Mainstream) entsprechen ("Mainstreaminess von Nutzer*innen"). Hierbei lässt sich Mainstream aber nicht nur global definieren, sondern auch länderspezifisch; was länderspezifisch den Mainstream bildet, muss nicht unbedingt dem globalen Mainstream entsprechen. 2. Bezüglich Mainstream verhält sich das Musikhörverhalten in verschiedenen Ländern unterschiedlich zum global betrachteten Musikhörverhalten. In manchen Ländern ist das Hörverhalten ähnlich dem globalen Mainstream; manche Länder haben zusätzlich dazu einen eigenen länderspezifischen Mainstream entwickelt; und eine dritte Gruppe von Ländern zeigt durchwegs deutliche Unterschiede im Vergleich zum globalen Mainstream, wobei ein eigener länderspezifischer Mainstream nicht deutlich zu erkennen wäre. 3. Vergleicht man die Musikpräferenzen von Nutzer*innen unterschiedlicher Länder, so sind es meist die gleichen Künstler*innen, die in den Top-Charts vertreten sind. Möchte man länderspezifische Nuancen finden, benötigt es Ansätze, um weltweit populäre Superstars in der Definition von Mainstreaminess weniger zu gewichten bzw. den länderspezifisch bedeutenden Künstler*innen mehr Gewicht zu geben. Sowohl Ansätze basierend auf der Kullback-Leibler Divergenz als auch Ansätze basierend auf Kendall'sche Rangkorrelationskoeffizienten zeigen sich dafür geeignet. In Kombination mit Matrix Factorization zeigt sich der Ansatz basierend auf Kendall'sche Rangkorrelationskoeffizienten zur Berechnung von Musikempfehlungen besonders erfolgreich. 4. Unterscheidet man drei Segmente an Nutzer*innen anhand ihrer Mainstreaminess und Länderzugehörigkeit, so lassen sich im Vergleich zu einem generischen Ansatz ohne Berücksichtigung von Mainstreaminess und Landeszugehörigkeit insbesondere für weniger am Mainstream orientierten Nutzer*innen besonders starke Verbesserungen der Empfehlungsberechnungen (gemessen in der Fehlerquote) erzielen. 5. Erste Ergebnisse zeigen weltweit Unterschiede in den Musikpräferenzen zwischen urbanen und ländlichen Regionen in Ballungszentren. Weiters lassen sich Länder anhand von Ähnlichkeiten im Musikhörverhalten der Nutzer*innen dieser Länder gruppieren. Wenn solche Information in ein Musikempfehlungsverfahren als Eingangsgröße einfließt, können Empfehlungen verbessert werden. Darauf aufbauend Forschungsfragen könnten sich mit Erklärung dieser Ähnlichkeiten im Hörverhalten anhand beispielsweise soziologischer oder ökonomischer Aspekte beschäftigen. Erkenntnisse daraus könnten dann wieder in Musikempfehlungsverfahren einfließen. 6. Bei der Playlisterstellung in einem Gruppenprozess zeigen sich unterschiedliche Verhaltensmuster gegenüber einer Mehrheitsmeinung. Bei einem präferierten Song genügt eine einzige Gegenmeinung, um Nutzer*innen umzustimmen und gegen den Song für die Playlist zu stimmen. Bei einem abgelehnten Song benötigt es jedoch eine Mehrheitsmeinung für diesen Song, um Nutzer*innen umzustimmen.
- Universität Linz - 100%
- Lee Kyoto, Seoul National University - Republik Korea
- Paul Lamere, The Echo Nest - Vereinigte Staaten von Amerika
Research Output
- 230 Zitationen
- 39 Publikationen
- 1 Policies
- 2 Datasets & Models
- 1 Software
- 13 Disseminationen
- 4 Wissenschaftliche Auszeichnungen
- 2 Weitere Förderungen