Wissenschaftsdisziplinen
Andere Geisteswissenschaften (30%); Kunstwissenschaften (30%); Medien- und Kommunikationswissenschaften (20%); Philosophie, Ethik, Religion (20%)
Keywords
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Pilgrimage,
Early Modern Period,
Austria,
Mediality,
Material Culture,
Social Space
Die Forschungen des Projekts SALVEMED stellen die Praxis des frühneuzeitlichen Pilgerwesens anhand von Untersuchungen zu Niederösterreich auf eine neue Grundlage. Im Zentrum stehen jene Text- und Bildmedien, die religiöses Erleben maßgeblich bestimmten: Andachtsbilder, Mirakel- und Liederbücher, Wallfahrtsmedaillen, Pilgerzeichen sowie Ausstattungsprogramme der Kultorte. Wesentlich ist im Rahmen von SALVEMED der Gedanke, dass Wallfahrten neuartige Beziehungen zwischen den bildlichen und textlichen Zeugnissen einerseits und der Wahrnehmung durch Menschen andererseits begründeten. Pilgern unterscheidet sich von anderen Formen der Frömmigkeit wie etwa dem Besuch der Messe oder Beten durch einen hohen zeitlichen und organisatorischen Aufwand, da das Wallfahren an ein bestimmtes Ziel nicht selten beträchtliche Risiken barg. Wie moderne Touristen reisten einst auch Pilger mit einer nicht zuletzt durch Medien geweckten Erwartungshaltung an die Stätten der Wallfahrt. Der Vergleich zwischen den vor Ort erlebten Eindrücken mit den erwarteten Bildern und ihren weiteren medialen Reproduktionen lässt sich als Pilgerblick (pilgrims gaze) beschreiben. SALVEMED untersucht die Vielschichtigkeit des Pilgerwesens in Ostösterreich in der Frühen Neuzeit zudem im europäischen Kontext. Die genannten Bild- und Textmedien besaßen einerseits eine große Relevanz für das Pilgern, wurden aber nicht selten im Ausland hergestellt. Das Projekt selbst geht von drei Fallbeispielen aus, die zum einen eine herausragende geschichtliche Bedeutung besitzen und zum anderen einen bestimmten frühneuzeitlichen Typus eines Wallfahrtsortes verkörpern: Sonntagberg (Niederösterreich), Maria Hietzing (Wien) und Pyhra (Niederösterreich). Inhaltlicher Ausgangspunkt für das Projekt SALVEMED ist der Begriff der verdichteten Medialität, der einerseits für frühneuzeitliche Pilgerreisen charakteristisch ist, andererseits die intensive Verbindung der Medien untereinander beschreiben soll. In der Erforschung der am Pilgerwesen beteiligten Medien soll immer auch jener Gesichtspunkt Berücksichtigung besitzen, der als Rezeption beschrieben wird und den Konsumentinnen und Konsumenten, also den Pilgernden oder jenen Personen, die Medien betrachten, eine entscheidende Rolle zuteilt. Das Projekt SALVEMED betritt mit der beschriebenen inhaltlichen Herangehensweise weitgehend wissenschaftliches Neuland. Bei der Durchführung werden auch Methoden angewandt, die über das bewährte Instrumentarium der Quellenkunde, Ikonographie und Mediengeschichte hinausgehen. Auf dieser Basis stehen folgende Forschungsfragen im Zentrum: Wie wurden soziale Räume durch die beschriebenen Pilgermedien und die mit ihnen verbundenen Praktiken geschaffen? Welche Geschichten werden überhaupt in den Pilgermedien erzählt? In welcher Weise wurden die Wallfahrtsorte mit der christlichen Heilsgeschichte verbunden? Beeinflussten die Medienprodukte die Vorstellungen von den Wallfahrtsorten?
- Thomas Kühtreiber, Universität Salzburg , assoziierte:r Forschungspartner:in