Chronische Elektrostimulation zur Therapie der Altersstimme
Chronical electrical stimulation for treatment of aged voice
DACH: Österreich - Deutschland - Schweiz
Wissenschaftsdisziplinen
Biologie (20%); Elektrotechnik, Elektronik, Informationstechnik (20%); Informatik (20%); Klinische Medizin (40%)
Keywords
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Functional Electrical Stimulation,
Presbylarynx,
Aged Voice
Altersbedingte Veränderungen der Kehlkopf-Muskeln(Atrophie) führen zu einem unvollständigen Schluss der Stimmlippen, was wiederum zu einer heiseren und brüchigen Stimme führt. In einer ständig alternden Gesellschaft ist jedoch der Erhalt der Stimme notwendig, da viele Betroffene noch im Berufsleben stehen und auf Kommunikation angewiesen sind (z.B.: Lehrer, Call-Center Mitarbeiter etc.). Bisherige Therapiemethoden - darunter Logopädie und chirurgische Maßnahmen- können jedoch die Ursache der Atrophie der Kehlkopfmuskeln nicht kausal behandeln. Über elektrische Stimulation der zuführenden Kehlkopf-Nerven wollen wir in einem Großtierversuch (alte Schafe) den Prozess der Muskel-Atrophie umkehren. Aufbauend auf Vorarbeiten unserer Gruppe, wollen wir erstmals eine beidseitige Stimulation der Kehlkopfmuskeln über einen Zeitraum von elf Wochen durchführen. Aufgrund der implantierten Mikro-Elektronik läuft nach Aktivierung die Stimulation vollautomatisch ab, sodass die Test-Prozeduren sehr schonend für die Tiere sind. Die Auswertung der Ergebnisse umfasst eine Reihe von Untersuchungen und kann nur durch Zusammenarbeit von zwei hochspezialisierten Zentren erfolgen. Während die Arbeitsgruppe von Assoz. Prof. Dr. Markus Gugatschka an der Medizinischen Universität Graz, Österreich die chirurgischen Eingriffe, sowie die Auswertungen auf molekularer und anatomischer Ebene durchführen, testet die Arbeitsgruppe von Prof. Michael Döllinger an der Medizinischen Universität Erlangen, Deutschland die stimulierten Kehlköpfe auf das Schwingungsverhalten der Stimmlippen. Diese umfangreiche Testung im Großtierversuch ist notwendig, bevor erste klinische Studien im Menschen durchgeführt werden können.
Zu den Symptomen einer altersbedingten Stimmveränderungen (Presbyphonie) gehören unter anderem eine heisere und behauchte Stimme und eine deutlich reduzierte Stimmkapazität. Die Atrophie der Stimmlippen (SL), d. h. der Abbau oder die Ausdünnung der SL-Muskeln, ist der häufigste Befund bei Patienten mit Presbyphonie. Dabei ist der anatomische Raum zwischen den SL (Glottisspalt) vergrößert, eine Folge der atrophierten SL. Die derzeitigen Behandlungsregime bestehen aus Sprachtherapie und chirurgischen Methoden. Diese Therapien behandeln jedoch nicht die die Atrophie der SL als Ursache der Presbyphonie. Die funktionelle Elektrostimulation (FES) ist eine Methode, bei der elektrischer Strom verwendet wird, um einen Muskel entweder direkt oder durch Stimulation des Nervs zur Kontraktion zu bringen. In einer früheren Studie an einem Schafmodell implantierten wir eine Elektrode mit einem minimalinvasiven chirurgischen Ansatz. Wir konnten zeigen, dass eine einseitige FES des Nervs, der den SL-Muskel (Thyroarytenoid-Muskel, TAM) innerviert, zu einer signifikanten Volumenvergrößerung des stimulierten TAM im Vergleich zur nicht stimulierten Seite führte. Im aktuellen Projekt verwendeten wir den gleichen Ansatz, stimulierten aber beidseitig, um die funktionellen Folgen der TAM-Stimulation zu untersuchen. Die funktionellen Eigenschaften des SL-Schwingungen, sowie die Auswirkungen der Stimulation auf das Gewebe wurden untersucht und mit nicht stimulierten Tieren verglichen. Wir stellten fest, dass die stimulierten SL im Vergleich zu den nicht stimulierten eine verbesserte stimmliche Effizienz aufwiesen, d. h. die Fähigkeit, die Stimme aufrechtzuerhalten. Außerdem zeigte sich bei den Kehlköpfen der stimulierten Schafe im Vergleich zu den nicht stimulierten Kehlköpfen ein geringerer Glottisspalt während der Stimmgebung und eine höhere Gewebeflexibilität. Die Analyse des Muskelgewebes zeigte, dass die Querschnitte der Typ-II-Muskelfasern (Muskeluntereinheiten) in den stimulierten TAM größer waren als in den nicht stimulierten TAM und dass die Muskelfaserzusammensetzung, die für die Funktion des Muskels wichtig ist, unverändert war. Dies wurde auch auf molekularer Ebene bestätigt. Diese Ergebnisse deuten darauf hin, dass FES den Prozess der Stimmbildung bei Presbyphonie verbessert und daher ein möglicher Ansatz für eine Presbyphonie-Therapie sein könnte.
- Michael Döllinger, Universitätsklinikum Erlangen - Deutschland
- Jonathan Jarvis, Liverpool John Moores University - Großbritannien
- Justin D. Perkins, The Royal Veterinary College - Großbritannien
Research Output
- 4 Zitationen
- 2 Publikationen
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2023
Titel Effect of functional electric stimulation on phonation in an ex vivo aged ovine model DOI 10.1121/10.0017923 Typ Journal Article Autor Jakubaß B Journal The Journal of the Acoustical Society of America Seiten 2803-2817 -
2023
Titel Bilateral Functional Electrical Stimulation for the Treatment of Presbyphonia in a Sheep Model DOI 10.1002/lary.30984 Typ Journal Article Autor Kirsch A Journal The Laryngoscope Seiten 848-854 Link Publikation