Christine Lavant: Gesamtbriefwechsel
Christine Lavant: Correspondence
Wissenschaftsdisziplinen
Sprach- und Literaturwissenschaften (100%)
Keywords
-
CHRISTINE LAVANT,
NEUGERMANISTISCHE EDITION,
BRIEFE,
BIOGRAPHIE,
EDV-EDITION,
ÖSTERREICHISCHE LITERATUR NACH 1945
Projektziel ist die Sammlung und Sicherung von Quellen, deren Auswertung den persönlichen und kulturellen Kontext betreffend sowie die optimale Darbietung des Textmaterials für die Wissenschaft und eine breitere interessierte Öffentlichkeit. Die Briefedition wird als CD-Rom vorgelegt. Die CD-Rom bietet Christine Lavants Briefe in textkritischer Darstellung, die Gegenbriefe in normalisierter Form, Lebensdokumente Christine Lavants, die Faksimiles aller Briefe von der Autorin, einen Kommentar (Einzelstellen- und Flächenkommentar), Biographien der BriefpartnerInnen und eine Chronik. In gedruckter Form werden zwei Auswahlbände erscheinen. Seit März 2000 unterstützt der FWF das Projekt. Bis 1. September 2001 wurden ca. 1800 Korrespondenzstücke gesammelt. Davon sind 870 von Christine Lavant; diese sind zu etwa gleichen Teilen handschriftlich und maschinschriftlich; etwa 300 Briefe und Karten von ihr sind undatiert. In Archiven liegen 1216 Briefe, in Privatbesitz 591. Der Briefwechsel Christine Lavants enthält Korrespondenzen privater Natur und solche mit SchriftstellerkollegInnen sowie mit Verlagen und literarisch-künstlerisch tätigen Institutionen. Sie legen nicht nur Zeugnis von Christine Lavants Selbstverständnis als Dichterin ab, sondern geben auch Einblick in ihren literarischen Umgang mit Sprache in den von ihr beschriebenen Phasen "dichterischen Verstummens". Unter dem Gesichtspunkt ihrer literarischen Qualität gelten ihre Briefe zu Recht als Teil ihres Werkes. Christine Lavant hinterließ keine theoretischen Texte, daher gewinnen ihre in den Briefen verstreuten poetologischen Äußerungen besondere Bedeutung. Da Christine Lavant keine Tagebücher oder andere persönliche Aufzeichnungen hinterlassen hat, sind ihre Briefe zentraler und fundamentaler Baustein jeder biographischen Beschäftigung mit der Autorin. Nicht zuletzt sind die Briefe Christine Lavants ein unabdingbarer Referenzbereich für die Kommentierung und Datierung ihrer Werke. Der Briefwechsel wird dem einseitigen, von Klischees geprägten Bild der Dichterin entgegentreten und sie in ihrer Vielstimmigkeit hörbar sowie in verschiedenen Kontexten erlebbar machen.
(KGCL = Kommentierter Gesamtbriefwechsel Christine Lavant; CL = Christine Lavant) Im vorliegenden Projekt galt das Hauptaugenmerk der Textherstellung und der Kommentierung. Die Richtlinien für die textkritische Bearbeitung der Briefe liegen vor. Sie wurden unter stetigem Rückbezug auf das Material und nach Rücksprachen mit editionswissenschaftlichen Experten erstellt (vgl. dazu und auch für das folgende den Endbericht P14110). In der Zeit des vorliegenden Projekts ist es gelungen, alle Briefe von CL den Richtlinien entsprechend zu bearbeiten. 1.140 Scans wurden hergestellt, es fehlen noch drei größere und einige kleinere Bestände. Die Kommentierung zielt sowohl auf die biographische Kontur wie auf ein kulturgeschichtliches Panorama ab. Für bestimmte Bereiche bieten "monographische Zonen" Informationen an (z.B. zu kulturellen Veranstaltungen und Institutionen), was sich schwieriger gestaltete als angenommen, gibt es doch in vielen Fällen kaum gesicherte Informationen, auf die zurückgegriffen werden kann (z.B. Pürgger Dichterwochen, Kulturtage in Kapfenberg 1951, Tagungen zeitgenössischer österreichischer Autoren und Komponisten in St. Veit/Glan). Eine weitere umfangreiche Aufgabe bei der Kommentierung ist die Anlage kurzer Biographien der KorrespondenzpartnerInnen und mehrfach erwähnter Personen. In Fällen von lokal bekannten Persönlichkeiten (und lokalen Institutionen) könnte der KGCL bereits einige Informationen für Nachschlagewerke anbieten. Bei einigen Konvoluten ist die Einzelstellenkommentierung bereits abgeschlossen. Wie erhofft und beabsichtigt, erhellen sich die Briefe mit zunehmender Materialmenge wechselseitig. Die Chronik des Lebens von CL ist weiter gewachsen, doch steht eine diesbezügliche konsistente Lektüre aller Briefe noch aus. Begonnen wurde auch mit einer Auswertung der Briefe im Hinblick auf CLs Lektüre, die in einer Bibliographie zusammengestellt werden soll. Mit zunehmender Materialmenge wurden auch Datierungsvorgänge einfacher bzw. erst möglich. Ein Beispiel: Von den 17 Briefen an Linus Kefer waren 15 (!) undatiert. Briefe an P. Grogger, an E. Müller, an den Otto Müller Verlag, an R. Stibill, an T. Rübner, an I. Teuffenbach sowie Informationen aus dem Kommentar ermöglichten ihre Datierung zumindest in eingegrenzten Zeiträumen. Der KGCL enthält zum gegenwärtigen Zeitpunkt etwa 1.900 Briefe, davon 1.200 von CL (nicht gezählt: der Briefwechsel mit W. Berg). Es liegen Korrespondenzstücke von und an 210 PartnerInnen vor. Etwa ein Drittel aller Briefe war undatiert. Die Suche nach Briefen war im vorliegenden Projekt wie auch im ersten erfolgreich. In diesem Zusammenhang ist auch zu erwähnen, daß den Bearbeiterinnen 2002 Kenntnis des Konvolutes der Briefe von CL an Werner Berg gegeben wurde (500 Briefe, ca. 600 Gedichte und 3 Erzählungen als Briefbeilagen). Dieser Bestand galt bis dahin offiziell als vernichtet. Die Publikation dieser Briefe im Rahmen des KGCL ist aus Gründen des Personenschutzes nicht möglich und auch nicht beabsichtigt, doch sind diese Briefe wichtige Informationsquellen für die Kommentierung der Korrespondenz der Jahre 1951-1954, in denen die literarische Karriere CLs begann. Hinzugewonnene Materialien erhellen verschiedene Lebens- und Schaffenssituationen CLs (z.B. an P. Grogger: die späten 1940er Jahre; an E. Effenberger: Salzburg-Bezug; an L. Jorda: Istanbul-Reise; etc.). Der KGCL kann auch als Modell kulturgeschichtlicher Forschungspraxis verstanden werden: Sammlung, Erhaltung, Erforschung, Edition von Quellen sind unterschiedliche, aber einander bedingende und befördernde Aspekte eines Arbeitsprozesses. Das freundliche Entgegenkommen von Institutionen wie Privatpersonen wird dabei Teil einer kulturellen Solidarität. Die Forschungen am KGCL haben zur Schenkung von Briefen und Umfeldmaterialien an das FIBA geführt. Mit ein Grund dafür war die transparente Information über den KGCL in der Öffentlichkeit. Für das große mediale Interesse am KGCL sind die Projektbetreibenden dankbar, weil sie darin eine Hilfe sehen, die notwendige Unterstützung zur Fortführung des Projektes zu erhalten.
- Universität Innsbruck - 100%