Identifizierung Quinazolin-sensitiver Proteine in Krebszellen
Identification of quinazoline-affine proteins in malignant cells
Wissenschaftsdisziplinen
Biologie (55%); Medizinisch-theoretische Wissenschaften, Pharmazie (45%)
Keywords
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Alpha1-Adrenergic Drugs,
Erythroleukemia Cells,
Quinazolines,
Prostate Cancer Cells,
Apoptosis,
Proteomics
Alpha1-Adrenorezeptor-Antagonisten wie Prazosin oder Doxazosin sind traditionelle Pharmaka zur Behandlung von medizinischen Indikationen wie Hypertonie oder der benignen Hyperplasie der Prostata (BHP). Rezente Studien in unserem Labor haben gezeigt, dass die alpha1-adrenergen Rezeptor-Antagonisten Prazosin und Benoxathian Apoptose, sowie Zeichen von Differenzierung in humanen Leukämiezellen induzieren. Überraschenderweise konnte kein Zusammenhang zwischen der pro-apoptotischen Wirkung der alpha1- Adrenorezeptor-Antagonisten und alpha1-adrenergen Rezeptoren - dem vermeintlichen primären zellulären Target der Antagonisten - hergestellt werden. Diese Resultate sind im Einklang mit früheren Studien, die demonstriert haben, dass alpha1-Adrenorezeptor-Antagonisten einen pro-apoptotischen Effekt sowohl auf Zellen im hyperplastischen Gewebe der Prostata, als auch auf Prostatakarzinom-Zellen ausüben. Die Parallele zu den Leukämiezellen stellt dar, dass die Induktion von Apoptose in entarteten Prostatazellen ebenfalls unabhängig von alpha1-adrenergen Rezeptoren erfolgt. Aufgrund dieses unerwarteten pro-apoptotischen Effekts der alpha1- adrenergen Antagonisten auf Krebszellen wird darüber diskutiert, diese Pharmaka für chemotherapeutische Zwecke zu nutzen. Aufgrund der zu erwartenden zahlreichen (adrenergen!) Nebenwirkungen der alpha1-adrenergen Rezeptor-Antagonisten, vor allem die Beeinflussung des Blutdruckes betreffend, erscheint eine Anwendung in der Krebstherapie jedoch riskant. In den Erythroleukämiezellen ist es uns durch Verwendung des fluoreszenten adrenergen Antagonisten BODIPY FL Prazosin gelungen, nicht-Adrenorezeptor-Targets von alpha1-adrenergen Antagonisten in Erythroleukämiezellen zu visualisieren. Basierend auf dieser Visualisierung beschreiben wir eine Strategie, um Proteine mit Affinität zu BODIPY FL Prazosin zu isolieren und sie in weiterer Folge unter Anwendung funktioneller Proteomik zu identifizieren. Die erfolgreiche Identifizierung dieser (s) nicht- Adrenorezeptor Targets der alpha1-adrenergen Antagonisten könnte einen bislang unbekannten Angriffspunkt für chemotherapeutische Intervention in Krebszellen aufdecken. Auf der Basis der chemischen Strukturen adrenerger Antagonisten könnten neue Wirkstoffe synthetisiert werden, die zwar eine hohe Affinität zu dem noch unbekannten Target, aber jedoch nur eine niedrige Affinität zu alpha1-adrenergen Rezeptoren aufweisen. Dies würde einen besseren therapeutischen Effekt mit einem reduzierten Nebenwirkungsspektrum mit sich bringen. Neben dem therapeutischen und pharmakologischen Nutzen erwarten wir uns von der Identifizierung des unbekannten Targets der a1-adrenergen Antagonisten auch, neue Einblicke in die Regulation von Zelltod sowie von hämatopoietischen Differenzierungsprozessen zu erlangen.
Die Quinazoline repräsentieren eine Gruppe von Wirkstoffen die ursprünglich für die Behandlung von Bluthochdruck entwickelt wurden. Es konnte jedoch festgestellt werden, dass Quinazoline auch das Wachstum von Tumorzellen hemmen. Die zugrundeliegenden Mechanismen dieser Antitumorwirkung lagen bislang jedoch großteils im Dunklen. Das Hauptergebnis unseres Projektes ist, dass der zu den Quinazolinen zählende Wirkstoff Prazosin durch einen Aufnahmemechanismus namens Endozytose in die Zelle gelangt und in Folge dessen Apoptose - ein zelluläres Selbstmordprogramm - auslöst. Unsere Ergebnisse implizieren, dass Prazosin ein Protein auf der Zellmembran bindet, das eine essentielle Rolle im Überleben von Tumorzellen innehat. Wir konnten auch nachweisen, dass die Apoptose-Induktion durch Prazosin eng mit einer strukturellen Reorganisation der Lysosomen - den Verdauungsorganellen der Zelle - zusammenhängt. Bestimmte Endozytose-Inhibitoren waren in der Lage die Reorganisation der Lysosomen zu unterbinden und die Zellen vor dem Prazosin induziertem Zelltod zu schützen. Weitere Experimente zeigten, dass Prazosin via Lipid Rafts - spezialisierte Areale in der Zellmembran - in die Zelle gelangt und in Folge zu den Lysosomen weitertransportiert wird. Dies führt zu den genannten Alterationen der Lysosomen die sich in der Formation von tubulären Strukturen äußern die die ganze Zelle durchziehen und polare nadelförmige zelluläre Fortsätze ausbilden. Bei diesem Prozess scheint der saure pH-Wert in den Lysosomen eine wichtige Rolle zu spielen. Die Erhöhung des pH-Wertes in den Lysosomen inhibiert die Tubularisierung und attenuiert den pro-apoptotischen Effekt von Prazosin. Um die eigentlichen Targetproteine von Prazosin zu identifizieren wurde eine Proteomik-Strategie mit einer fluoreszierenden Prazosin-Variante (QAPB) entwickelt. In diesen Analysen konnten wir in einer Proteinfraktion mit Affinität zu QAPB auch Membranproteine detektieren die in unbehandelten Zellen hauptsächlich auf der Zellmembran vorkamen, sich in Prazosin behandelten Zellen jedoch auf den tubulären lysosomalen Strukturen wiederfanden. Die Aufklärung einer funktionellen Assoziation zwischen diesen Proteinen und den Quinazolinen wird den Schwerpunkt weiterführender Studien bilden. Zusammenfassend kann gesagt werden, dass wir in diesem Projekt die zelluläre Aufnahme, das intrazelluläre Trafficking und das Haupttarget-Organell der Quinazoline die Lysosomen ermittelt haben. Wir konnten somit grundlegende Mechanismen der pro-apoptotischen Wirkung der Quinazoline auf Tumorzellen aufklären und auch die Basis für die Identifizierung der Proteine legen die für den Quinazolin-induzierten Zelltod verantwortlich sind. Es wurden von uns somit weitere erfolgreiche Schritte gesetzt im Vorhaben die vielversprechenden pro-apoptotischen Eigenschaften der Quinazoline auf maligne Zellen in Zukunft klinisch in Form neuer Chemotherapeutika nutzbar zu machen.
Research Output
- 28 Zitationen
- 12 Publikationen