Mikrobiell-fäkale Verschmutzungsmuster entlang großer Flüsse
Microbial faecal pollution patterns along large rivers
Wissenschaftsdisziplinen
Biologie (50%); Gesundheitswissenschaften (50%)
Keywords
-
Microbial Faecal Pollution,
Microbial Source Tracking,
Large River,
Danube
Große Flüsse werden weltweit intensiv für anthropogene Zwecke genutzt. Einerseits dienen sie als bedeutende Transportrouten, als Gewässer für Freizeitaktivitäten, wird ihr Wasser für agrarische und industrielle Anwendungen abgeleitet und mit größter Bedeutung für die menschliche Gesundheit, für die Trinkwasserproduktion aus Uferfiltration herangezogen; andererseits dienen große Flüsse aber auch als Vorfluter für gereinigtes und ungereinigtes Abwasser. Trotz der Implementierung von Abwasserkläranlagen nach dem Stand der Technik, zeigen abwasserbeeinflusste große Flüsse auch in Industrieländern einen hohen Grad mikrobiell-fäkaler Verschmutzung, was für alle Formen der Wassernutzung eine große Gefahr darstellt. Trotz dieser Bedeutung ist das Wissen über die mikrobiologische Verschmutzung großer Flüsse (räumlich-zeitliche Muster, Herkunftsbestimmung) vor allem im transnationalen Kontext ("von der Quelle bis zur Mündung") immer noch sehr rudimentär. Mehr Wissen ist nötig um ein konzeptionelles Verständnis mikrobieller Verschmutzungsmuster in großen Flüssen zu entwickeln. Basierend auf einer Liste definierter Wissenslücken und eigenen Untersuchungen der letzten 10 Jahre wurden zwei Hypothesen entwickelt, die im Rahmen der Studie während des nächsten "Joint Danube Survey" und eines Jahreszyklus getestet werden sollen. Die "Longitudinale Kontinuum, Laterale Diskontinuum" Hypothese beschreibt, dass, abhängig von der Intensität der Verschmutzung, die Randbereiche großer Flüsse starke Variationen mikrobiell-fäkaler Verschmutzung aufweisen, während die mikrobiell-fäkale Belastung in der Flussmitte langsam ändernde kontinuierliche Trends aufweist. Ursache dafür ist, dass die transversale Einmischung fäkal kontaminierter Wassermassen vom Flussrand in die Mitte ein sehr langsamer Prozess ist. Die "Transversale Selektion" Hypothese beschreibt, dass mikrobiell fäkale Verschmutzungsmuster in der Flussmitte und am Flussrand nicht nur in quantitativer sondern auch qualitativer Hinsicht verschieden sind. Randzonen beherbergen sensitive und resistente Populationen fäkaler Mikroorganismen, während es aufgrund unterschiedlicher Persistenz und Absterbevorgänge zu einer Verschiebung zu mehr resistenten Formen zur Flussmitte hin kommt. Der Joint Danube Survey 2013 ist die weltweit großer Flussexpedition und einzigartige Gelegenheit die neu formulierten Hypothesen und Konzepte entlang der gesamten Länge (> 2400 km) eines großen, internationalen Flusses zu testen. Zusätzlich zur Bestimmung fäkaler Standardindikatoren sowie NGS und qPCR basierter "Microbial Source Tracking" Werkzeuge, wird ein umfangreicher Datensatz von Umweltparametern zur Verfügung stehen, der es erlauben wird, ein umfassendes Bild mikrobiell-fäkaler Verschmutzungsmuster der Donau zu zeichnen und generelle Prinzipien und Konzepte zu formulieren, die diese Verschmutzungsmuster entlang großer Flüsse erklären. Die neuen Erkenntnisse werden die Entwicklung neuer Vorhersagemodelle der mikrobiell-fäkalen Verschmutzung in großen Flüssen ermöglichen, was entscheidend für ein zukünftiges Wassermanagement im Maßstab des gesamten Flusses über nationale Grenzen hinweg sein wird.
Das Wissen um die Ausbreitungswege und Muster mikrobiell-fäkaler Verschmutzung in großen Flüssen sind von höchster Wichtigkeit für alle Formen der Wassernutzung aber auch für das generelle Verständnis der Ökosystemfunktionen. In dieser Studie wurde ein vernetztes Konzept zur raum- zeitlichen Auflösung der Verschmutzungsmuster auf Basis gesamtheitlicher, interdisziplinärer Analysen am Beispiel der Donau entwickelt und angewandt. Die Untersuchungen beinhalteten eine einmalige Gesamtflussbefahrung in Kombination mit einer Jahresuntersuchung an ausgewählten Stellen, jeweils in der Mitte und an den linken und rechten Flussrändern. Eine detaillierte mikrobiologische Gewässergütekarte der gesamten Donau und ihrer wichtigsten Zubringer anhand eines neuen Farb-/Symbolcodes und unter Berücksichtigung der herrschenden hydrologischen Situation wurde erstellt. Diese Karte zeigt neben lokalen Verschmutzungsereignissen, dass die mikrobiell-hygienische Wasserqualität in der Flussmitte die generelle Verschmutzungssituation in einem bestimmten Flussabschnitt widerspiegelt. Dennoch sollten für lokale nutzungsorientierte Fragestellungen detaillierte Flussquerschnittsuntersuchungen durchgeführt werden. Der Einsatz von wirts-spezifischen Fäkalmarkern entlang einer 2600 km langen Fließstrecke ermöglichte erstmals die Identifikation der fäkalen Hauptverschmutzungsquellen eines großen Flusses und seiner wichtigsten Zubringer. Für die Donau stellte sich heraus, dass menschliche Fäkaleinträge bei weitem die dominierende Verschmutzungsquelle darstellen und Einträge von Rindern und Schweinen höchstens von lokaler Bedeutung sind. Die hochaufgelöste Kombination aus traditionellen Standardverfahren und moderner, intelligenter Fäkalmarker bringt also wertvolle Zusatzinformationen für ein besseres Management der mikrobiologischen Wasserqualität großer Flüsse hinsichtlich potenzieller Nutzungsformen (Trinkwassergewinnung, Nutzung als Badegewässer, Bewässerung für die Landwirtschaft, etc.). Die Studie lieferte auch erste grundlegende Erkenntnisse über die Verteilung von Antibiotikaresistenzen in wichtigen klinisch relevanten Bakteriengruppen entlang der Donau. Neben dem Nachweis mehrerer multiresistenter Isolate mit hoher klinischer Relevanz wurden in den oberen Abschnitten ähnliche oder höhere Resistenzniveaus im Vergleich zu den unteren Abschnitten, in denen der Abwasserzufluss und Antibiotikaeinsatz deutlich höher sind, gefunden. Zusätzlich zur Analyse mikrobieller Verschmutzungsmuster wurde die Entwicklung der bakteriellen Gemeinschaften entlang der Donau mit Hoch-Durchsatz-Sequenzierungsverfahren und neuen bioinformatischen und statistischen Verfahren erstmalig in einem so großen Fluss untersucht. Entgegen den Erwartungen zeigte sich, dass trotz zunehmender Abwassereinleitungen und Zuflüsse im Mittel- und Unterlauf der Donau die Bakteriengemeinschaften sich allmählich von großen grundwasser- und bodenbürtigen in Richtung typischer Seengemeinschaften entwickelten, mit kleineren, weniger aktiven Zellen. Diese Ergebnisse führen zu einem völlig neuen Verständnis der grundlegenden mikrobiologischen Prozesse und dem Funktionieren großer Flussökosysteme.
- Andreas Farnleitner, Technische Universität Wien , assoziierte:r Forschungspartner:in
- Stoimir Kolarevic, University of Belgrade - Serbien
- Erika Toth, Eötvös Loránd University - Ungarn
Research Output
- 592 Zitationen
- 18 Publikationen
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2025
Titel Bacterial diversity turnover estimates in a continental river system DOI 10.1101/2025.04.25.650558 Typ Preprint Autor Demeter K Seiten 2025.04.25.650558 Link Publikation -
2022
Titel Bacterial bioindicators for biological status classification along a continental river DOI 10.21203/rs.3.rs-1658550/v1 Typ Preprint Autor Eiler A Link Publikation -
2023
Titel Bacterial bioindicators enable biological status classification along the continental Danube river DOI 10.1038/s42003-023-05237-8 Typ Journal Article Autor Fontaine L Journal Communications Biology Seiten 862 Link Publikation -
2016
Titel Enterobacteriaceae Isolated from the River Danube: Antibiotic Resistances, with a Focus on the Presence of ESBL and Carbapenemases DOI 10.1371/journal.pone.0165820 Typ Journal Article Autor Kittinger C Journal PLOS ONE Link Publikation -
2015
Titel Preliminary Toxicological Evaluation of the River Danube Using in Vitro Bioassays DOI 10.3390/w7051959 Typ Journal Article Autor Kittinger C Journal Water Seiten 1959-1968 Link Publikation -
2014
Titel Microbiological Water Quality of the Danube River: Status Quo and Future Perspectives DOI 10.1007/698_2014_307 Typ Book Chapter Autor Kirschner A Verlag Springer Nature Seiten 439-468 -
2017
Titel Multiparametric monitoring of microbial faecal pollution reveals the dominance of human contamination along the whole Danube River DOI 10.1016/j.watres.2017.07.052 Typ Journal Article Autor Kirschner A Journal Water Research Seiten 543-555 Link Publikation -
2017
Titel Antibiotic Resistance of Acinetobacter spp. Isolates from the River Danube: Susceptibility Stays High DOI 10.3390/ijerph15010052 Typ Journal Article Autor Kittinger C Journal International Journal of Environmental Research and Public Health Seiten 52 Link Publikation -
2015
Titel Microbial Ecology. Typ Book Chapter Autor Kirschner A -
2015
Titel Quality and quantity of dissolved organic matter. Typ Book Chapter Autor Liska I -
2015
Titel Chemical and immunochemical analysis of anthropogenic markers and organic contaminants. Typ Book Chapter Autor Bahlmann A -
2015
Titel Bacterial Faecal Indicators. Typ Book Chapter Autor Kirschner A -
2015
Titel Bacterial diversity along a 2600 km river continuum DOI 10.1111/1462-2920.12886 Typ Journal Article Autor Savio D Journal Environmental Microbiology Seiten 4994-5007 Link Publikation -
2015
Titel Microbial Faecal Source Tracking. Typ Book Chapter Autor Liska I -
2015
Titel Microbial Metagenomics. Typ Book Chapter Autor Lettieri T -
2014
Titel Bacterial diversity along a 2600 km river continuum DOI 10.1101/010041 Typ Preprint Autor Savio D Seiten 010041 Link Publikation -
2016
Titel Antibiotic Resistance Patterns of Pseudomonas spp. Isolated from the River Danube DOI 10.3389/fmicb.2016.00586 Typ Journal Article Autor Kittinger C Journal Frontiers in Microbiology Seiten 586 Link Publikation -
0
Titel Spread of non-wild type antibiotic resistant phenotypes in the river Danube. Typ Other Autor Kittinger C Et Al