Studien zur hellenistischen Koine in Ägypten und im Nahen Osten
Studies on the Hellenistic Koine in Egypt and the Near East
Wissenschaftsdisziplinen
Philosophie, Ethik, Religion (10%); Sprach- und Literaturwissenschaften (90%)
Keywords
-
Greek,
Syntax,
Coptic,
Morphology,
Semitic languages,
Language Contact
Der Projektantrag behandelt die Interaktion der hellenistischen Koine, einer Varietät des Altgriechischen, mit den anderen Sprachen der griechisch-römischen Welt, in Syrien- Palästina und in Ägypten. Während der hellenistischen Periode diente das Griechische als Zweitsprache vieler Völker, die in den vom Alexander dem Großen eroberten Regionen (Kleinasien, Ägypten, Syrien-Palästina, Mesopotamien und Persien) lebten, um schließlich die lingua franca par excellence des Ostens während der römischen Periode zu werden. In zahlreichen Fällen entstanden regionale Unterschiede des hellenistischen Griechisch als Folge der Tatsache, dass sich die Population aus Einwanderern aus unterschiedlichen sprachlichen Gebieten zusammensetzte (Ägyptisch, Phönizisch, Hebräisch, Aramäisch und diverse anatolische Sprachen); diesem status quo folgte eine Phase des intensiven Kontakts zwischen Griechisch und Latein in der Spätantike. Das Studium der Sprachwandelmechanismen in der hellenistischen und in der römischen Zeit im Rahmen der historischen Sprachwissenschaft und bis zu einem gewissen Grad im Rahmen der Soziolinguistik beruht auf bedeutenden Studien der Vergangenheit, u.a. von Dieterich (1898), Thumb (1901), später von Gignac (1976) und Teodorsson (1977) zur ptolemäischen Koine. Trotz der Tatsache, dass die Variation im Altgriechischen mehr als ein Jahrhundert lang von einer Anzahl von prominenten Gelehrten erforscht wurde, waren die Studien, die sich mit der Koine auseinandersetzten, eher spärlich zum Teil wegen der eingeschränkten Verfügbarkeit der Daten und auch wegen der zwangsläufig interdisziplinären Natur des Studiums von multilingualen Gesellschaften, die mitunter Sprachen und Dialekte aus unterschiedlichen Sprachfamilien betreffen. In den letzten drei Jahrzehnten haben WissenschaftlerInnen aus einem breiten Spektrum von humanistischen Disziplinen wie z.B. klassische PhilologInnen, vergleichende Sprach- und LiteraturwissenschaftlerInnen mit Spezialisierung auf das Griechische, das Ägyptisch- Koptische, sowie auf die semitischen Sprachen und Dialekte einerseits, und HistorikerInnen, PapyrologInnen, ArchäologInnen und TheologInnen andererseits zu einem immensen Fundus an wertvollen Detailinformationen (auch in digitalisierter Form) beigetragen, die uns tiefere Einsichten in Bezug auf die kulturelle und sprachliche Diversität während der griechisch-römischen Periode in Ägypten, Syrien-Palästina und Kleinasien ermöglichen. Das Projekt setzt sich zum Ziel, frühere Forschungsergebnisse auf den neuesten Stand zu bringen, zu ergänzen und zu vereinheitlichen in Anlehnung an bedeutende Studien, sowie rezentere linguistische Studien, die darauf abzielen, einige der Desiderata auf dem Gebiet abzudecken. Die Untersuchung wird auf ausgewähltem Material basieren, das aus allen Phasen der hellenistischen Koine in Ägypten und im Nahen Osten stammt, und wird in einer Reihe von Fallstudien charakteristische lexikalisch-semantische, phonologisch- morphologische und syntaktische Merkmale behandeln, die nicht nur griechische, sondern auch hebräische und aramäische und koptische Evidenz erfassen. Weitere Ziele sind die Anwendung von Theorien von sprachlichen Entlehnungen, vom kontakt-generierten Sprachwandel, und von der Soziolinguistik des Bi-/Multilingualismus mit dem Ziel ein holistisches Werkzeug für das Studium der sprachlichen Konvergenz zu entwickeln. Falls vorhanden, berücksichtigt die Untersuchung des Materials marginale Texte und kürzlich publizierte Texte und wird somit weitere Implikationen für andere Disziplinen außerhalb dieses Gegenstandbereichs haben.
Das wissenschaftliche Gesamtkonzept des Projekts ist ein Beitrag zur Erforschung der Interaktion zwischen der hellenistischen Tradition mit anderen Sprachen und Kulturen der griechisch-römischen Welten während der Spätantike und des (früheren) Mittelalters in Ägypten und Syrien-Palästina, wie sie in repräsentativen sprachlichen Phänomenen bezeugt ist. Das Studium des Sprachkontakts in dieser Region ist relevant nicht nur für Spezialisten auf diesem Gebiet, sondern auch für allgemeine Linguisten, da wir hier beobachten können, welche Phänomene vorkommen, wenn Sprachen aus unterschiedlichen Sprachfamilien interagieren, und ob und wie diese Sprachwandel bewirken bzw. verstärken können. Es gibt wenige Regionen weltweit, wo wir derartige Phänomene diachron und anhand von einer (vergleichsweise) großen Mengen an überliefertem Material untersuchen könnten. Demnach versteht sich dieses Projekt als ein Beitrag sowohl zur linguistischen Theorie über Sprachwandel und Sprachkontakt als auch zur Sprachtypologie, und darüber hinaus zur Erforschung der Diachronie des Griechischen, Koptischen und Aramäischen. Während der griechisch-römischen Periode beobachten wir einen wichtigen phonologischen, morphologischen, semantischen und syntaktischen Wandel auf allen Ebenen des hellenistischen Griechisch; in der Forschung gilt diese Phase als prägend für das spätere Griechisch, bis zum Neugriechischen. Das untersuchte Material stammt aus der hellenistischen Literatur, die Papyri, und der sekundären Evidenz aus der Koptischen, der jüdisch und christlich Palästinischen Aramäischen und der Klassisch-Syrischen Überlieferung, und ist datiert vom ca. 3.-2. Jh. v.u.Z. bis zum 6.-7. Jh. u.Z. Aus den unterschiedlichen Formen des hellenistischen Griechisch, haben wir uns hier auf die Varietät konzentriert, die gemäß Bubenik (2009, 317) als Koiné im traditionellen Sinn verstanden wird, d.h. die umgangssprachliche (unter der Norm liegende) Standard-Sprache und die regionalen Varietäten der hellenistischen Koiné, die in der Forschung als Ptolemäische, Syro-Palästinische und Kleinasiatische Koiné bekannt sind. Die während der Laufzeit des Projekts aufgestellten und entwickelten zentralen Hypothesen und Fragestellungen wurden im gemäß etablierten Methoden und Theorien der diachronen Linguistik erforscht, aber auch im theoretischen Rahmen der Construction Grammar und/oder der Historischen Soziolinguistik untersucht. Überdies wurden Standardmodelle und moderne Theorien zur Entlehnung von sprachlichen Strukturen und code mixing erprobt, die in vielen Fällen Implikationen für die soziolinguistischen Aspekte von Mehrsprachigkeit mit sich bringen. Das Projekt umfasste grundsätzlich eine korpusbasierte Forschung, anhand von annotierten Korpora und Methoden der Korpuslinguistik. Die Ergebnisse des Projekts sollen nicht nur für Linguisten, sondern auch für Historiker und Theologen, die sich mit dem sprachlichen und kulturellen Kontakt in der Spätantike befassen, relevant sein.
- Universität Salzburg - 100%
- Tonio Sebastian Richter, Freie Universität Berlin - Deutschland
- Martin Joachim Kümmel, Friedrich Schiller Universität Jena - Deutschland
Research Output
- 5 Zitationen
- 1 Publikationen
-
2017
Titel Textile Terminologies DOI 10.13014/k2s46pvb Typ Journal Article Autor Gaspa S Journal Zea Books Link Publikation