Verteilungspräferenzen und Bedarfsgerechtigkeit in Netzwerken
Distributive Preferences and Need-Based Justice in Networks
DACH: Österreich - Deutschland - Schweiz
Wissenschaftsdisziplinen
Soziologie (75%); Wirtschaftswissenschaften (25%)
Keywords
-
Needa-based justice,
Experiment,
Distribution,
Networks
Teilprojekt B1 Verteilungspräferenzen und Bedarfsgerechtigkeit in Netzwerken untersucht mit einem theoriegeleiteten experimentellen Ansatz die Frage, inwiefern Bedarfe im Kontext von Netzwerkstrukturen als legitim anerkannt werden und sich im Ergebnis bilateraler Verteilungsverhandlungen widerspiegeln. Ausgehend von der soziologischen Tauschtheorie wird erforscht, wie sich Netzwerkstrukturen, deren Transparenz für die beteiligten Akteure, die Zahl der möglichen bilateralen Vereinbarungen und die sozialen Präferenzen von Positionsinhabern auf die Berücksichtigung individueller Bedarfe bei der Bestimmung des Verteilungsschlüssels auswirken. Unter der Annahme individuell nutzenmaximierenden Verhaltens ist eine Gleichverteilung der Ressourcen Ergebnis balancierter Machtverhältnisse und Information über die Netzwerkstruktur. Ungleiche Machtverhältnisse im Netzwerk, hingegen, erzeugen schiefe Verteilungen zugunsten mächtiger Positionen. Obwohl dieses allgemeine Muster wiederholt in Experimenten gefunden wird, zeigen sich auch systematische Abweichungen von diesen Erwartungen. Insbesondere scheinen sich mächtige Akteure unter manchen Rahmenbedingungen ungleichheitsaverser zu verhalten als ihre strukturelle Position nahelegt. Auf der Grundlage des Forschungsstandes, dass ausbalancierte Machtverhältnisse und Transparenz der Netzwerkstruktur grundsätzlich egalisierend wirken, wird gefragt, ob Bedarfsgerechtigkeit im Gegensatz zu anderen Gerechtigkeitsprinzipien auch in umverteilungsaversen Netzwerkstrukturen die erwartete Verteilungswirkung erzielen kann. Die zentrale Forschungsfrage ist, ob sich Bedarfsgerechtigkeit, im Gegensatz zu anderen Gerechtigkeitsprinzipien, als Verteilungsprinzip in Netzwerkstrukturen bewährt, die ansonsten eher gegen Umverteilung wirken. Dieses Ergebnis würde nahelegen, dass das Prinzip der Bedarfsgerechtigkeit ein höheres Potenzial hat, Verteilungen zu legitimieren als andere Prinzipien.
Ziel der DFG-Forschergruppe Bedarfsgerechtigkeit und Verteilungsprozeduren (FOR 2104) ist es, auf der Grundlage experimenteller Evidenz, Beiträge zu einer positiven und einer informierten normativen Theorie der Bedarfsgerechtigkeit zu liefern. Nach dem Prinzip der Bedarfsgerechtigkeit sind Güter gemäß der Befriedigung von sozial anerkannten Bedarfen zu verteilen. Die Forschergruppe hat gezeigt, dass die Orientierung an Bedarfen ein zentrales Prinzip in kollektiven Verteilungsentscheidungen darstellt, aber in unterschiedlicher Form angewendet werden kann. Ausgrenzungen und Begrenzungen der Reichweite des Bedarfsprinzips sind ebenso möglich wie verschiedene Formen der Differenzierung. Das Teilprojekt untersuchte die Frage, inwiefern Bedarfe in Netzwerkstrukturen als legitim anerkannt werden und sich im Ergebnis bilateraler Verteilungsverhandlungen widerspiegeln. Die Struktur beeinflusst die Möglichkeit, Bedarfe zu artikulieren und determiniert die Macht, eigene Präferenzen durchzusetzen. Ausgehend von der soziologischen Tauschtheorie wurde erforscht, wie sich Netzwerkstrukturen, deren Transparenz für die beteiligten Akteure und die sozialen Präferenzen von Positionsinhabern auf die Berücksichtigung individueller Bedarfe bei der Bestimmung des Verteilungsschlüssels auswirken. Die Versuchsanordnungen variierten die Kommunikationsstruktur und die verfügbare Information in aus drei Knoten bestehenden Netzwerken. In der einen Anordnung konnten alle drei Mitglieder des Netzwerkes jeweils bilateral kommunizieren, in der anderen Anordnung kommunizierte ein zentrales Mitglied mit den anderen beiden, diese jedoch ausschließlich mit dem zentralen Mitglied. Aufgabe der Probanden war, Ressourcen in bilateralen Verhandlungen zwischen allen drei Mitgliedern des Netzwerkes aufzuteilen. Die Ergebnisse der Experimente bekräftigten die Erwartung, dass erstens in bilateralen Verhandlungen entgegen der Annahme der eigennutzorientierten Nutzenmaximierung vielfach auch dem von der Verhandlung ausgeschlossenen Dritten ein Anteil zugewiesen wird. Zweitens unterstützen die Ergebnisse die Hypothese, dass mit steigendem Bedarfsniveau dessen Deckung abnimmt, insbesondere sobald der Bedarf eines Dritten die Gleichverteilung überschreitet. Drittens erwies sich die Kenntnis des Bedarfs anderer Personen als entscheidend für die Zuteilung von Ressourcen, wobei gleichzeitig dieses Niveau auch als Maßgabe der Zuteilung diente und ein geringerer Bedarf auch durchschnittlich zu einer geringeren Zuteilung führt. Schließlich zeigte sich, dass die sozialen Präferenzen eines Akteurs einen sehr wesentlichen Einfluss auf die Bereitschaft haben, den Bedarf eines ausgeschlossenen Dritten zu erfüllen.
- Universität Wien - 100%
- Stefan Traub, Helmut-Schmidt Universität Hamburg - Deutschland
- Adele Diederich, International University Bremen - Deutschland
- Dagmar Borchers, Universität Bremen - Deutschland
- Frank Nullmeier, Universität Bremen - Deutschland
- Tanja Pritzlaff, Universität Bremen - Deutschland
- Andreas Nicklisch, Universität Hamburg - Deutschland
- Kai-Uwe Schnapp, Universität Hamburg - Deutschland
- Mark Siebel, Universität Oldenburg - Deutschland
- Markus Tepe, Universität Oldenburg - Deutschland
- Thomas Schramme, University of Liverpool - Großbritannien
Research Output
- 27 Zitationen
- 3 Publikationen
-
2016
Titel Social Exchange Networks: A Review of Experimental Studies DOI 10.17266/35.2.3 Typ Journal Article Autor Neuhofer S Journal Connections Seiten 34-51 Link Publikation -
2015
Titel Competition, Income Distribution, and the Middle Class: An Experimental Study DOI 10.1155/2015/303912 Typ Journal Article Autor Kittel B Journal Journal of Applied Mathematics Seiten 1-15 Link Publikation -
2017
Titel Knowledge, power, and self-interest DOI 10.1016/j.jpubeco.2017.04.004 Typ Journal Article Autor Kittel B Journal Journal of Public Economics Seiten 39-52