Symbole auf einer schwarzen Schiefertafel
Die Spezialforschungsbereiche des FWF heben Synergien und bringen Forschungsnetzwerke nach internationalem Maßstab hervor. © iStock

Forschende zusammenbringen, Schwerpunkte vertiefen und gemeinsam neue Forschungsfelder erschließen: Die Spezialforschungsbereiche des Österreichischen Wissenschaftsfonds FWF heben Synergien und bringen Forschungsnetzwerke nach internationalem Maßstab hervor. In der jĂŒngsten Ausschreibungsrunde, finanziert mit Mitteln des Fonds Zukunft Österreich, reichten 23 Konsortien ein Konzept zur internationalen Begutachtung ein – vier davon konnten einen Vollantrag stellen, drei werden nun mit einem Fördervolumen von insgesamt 12 Millionen Euro fĂŒr die nĂ€chsten vier Jahre gefördert. ZusĂ€tzlich zu den drei neuen Netzwerken beschloss der FWF die VerlĂ€ngerung der Förderung von zwei bestehenden Spezialforschungsbereichen: „KomplexitĂ€t in der Materialmodellierung“ (Koordination: Ulrike Diebold, Technische UniversitĂ€t Wien) und „Metabolische Regulierung der GewebeintegritĂ€t“ (Koordination: Thomas Weichhart, Medizinische UniversitĂ€t Wien), NĂ€here Informationen zu diesen beiden Spezialforschungsbereichen finden Sie auf der FWF-Website.

Neue Forschungsnetzwerke nach internationalem Maßstab

Der erste neue Spezialforschungsbereich erweitert das Wissen ĂŒber die FrĂŒhneuzeit und die lateinische Literatur und wird vom Altphilologen Florian Schaffenrath von der UniversitĂ€t Innsbruck koordiniert. Der zweite Spezialforschungsbereich widmet sich der Frage, wie Menschen Überzeugungen entwickeln und ihr eigenes Handeln daran ausrichten (oder auch nicht). Forschende der Central European University unter der Koordination der Kognitionspsychologin Agnes Melinda KovĂĄcs arbeiten mit Forschenden der WirtschaftsuniversitĂ€t Wien zusammen. Der dritte Spezialforschungsbereich erweitert die mathematischen Grundlagen fĂŒr die medizinische Diagnostik mit dem Ziel, bildgebende Verfahren wie Magnetresonanztomografien zu verbessern. Unter der Koordination von Christian Clason von der UniversitĂ€t Graz sind Forschende der UniversitĂ€t Klagenfurt, der Technischen UniversitĂ€t Graz und der Technischen UniversitĂ€t Wien Teil des Netzwerks.

Spezialforschungsbereiche stĂ€rken institutionenĂŒbergreifende Zusammenarbeit

Mit diesen Förderungen zielt der FWF darauf ab, exzellente Forschungsnetzwerke hervorzubringen. Österreichs ForschungsstĂ€tten erhalten die Möglichkeit, vielversprechende Forscher:innen fest zu verankern und das eigene Forschungsprofil zu schĂ€rfen. Das Arbeiten in Teams wird großgeschrieben, schließen sich doch bis zu 15 Forschende in einem Spezialforschungsbereich zusammen. Im Mittelpunkt stehen oft multi- bzw. interdisziplinĂ€r angelegte Forschungsthemen. Ein ausgewogenes Konsortium an Forscherinnen und Forschern sowie Nachwuchswissenschaftler:innen ist dabei ebenso ein zentrales Anliegen. Die finanziellen Mittel des Förderprogramms stammen vom Fonds Zukunft Österreich.

„Spezialforschungsbereiche bringen in ihrem Fach fĂŒhrende Forschende aus ganz Österreich zusammen, um durch Zusammenarbeit und gebĂŒndelte Expertise vielversprechende Forschungsfragen zu lösen. Ziel ist es, neue Erkenntnisse hervorzubringen, die allein unerreichbar wĂ€ren“, so FWF-PrĂ€sident Christof Gattringer, der den frisch geförderten Forschenden herzlich gratuliert.

Die neuen Spezialforschungsbereiche im Überblick

Spezialforschungsbereich „Neulatein in der FrĂŒhen Neuzeit“

PortrÀt Florian Schaffenrath
Der Altphilologe Florian Schaffenrath koordiniert den neuen Spezialforschungsbereich „Neulatein in der FrĂŒhen Neuzeit“, in dem Forschende der UniversitĂ€t Innsbruck und der UniversitĂ€t Freiburg zusammenarbeiten werden. © Privat

Koordination: Florian Schaffenrath, UniversitÀt Innsbruck

Forschungsnetzwerk: UniversitĂ€t Innsbruck (Michael William Barton, Martin Korenjak, Johanna Luggin, Federica Rossetti, Patryk Ryczkowski, Isabella Walser-BĂŒrgler)

Fördervolumen: 3,9 Millionen Euro / vier Jahre Laufzeit (Förderentscheidung zu einem zusÀtzlichen Teilprojekt an deutscher ForschungsstÀtte folgt im Februar 2025)

WĂ€hrend die Neulateinforschung in den letzten Jahrzehnten – nicht zuletzt durch verschiedene Initiativen an der UniversitĂ€t Innsbruck – erhebliche Fortschritte gemacht hat, kĂ€mpft sie weiterhin mit zwei Problemen: Erstens ist die kulturelle und lebensweltliche Verankerung der in der FrĂŒhen Neuzeit entstandenen lateinischen Literatur bisher nur punktuell erforscht, sodass das VerstĂ€ndnis ihrer vielfĂ€ltigen Funktionen in dieser Epoche unscharf bleibt. Zweitens sind die meisten neulateinischen Texte fĂŒr FrĂŒhneuzeitforscher:innen, die des Lateinischen nicht mĂ€chtig sind, nach wie vor kaum zugĂ€nglich, weshalb sie diese Texte oft ganz ausblenden. Der neue Spezialforschungsbereich an der UniversitĂ€t Innsbruck will diese LĂŒcken schließen.

Die Wissenschaftler:innen in Innsbruck werden gemeinsam mit internationalen Kolleg:innen die Wechselwirkung der neulateinischen Literatur mit zentralen Aspekten der frĂŒhneuzeitlichen Welt beleuchten und durch eine strukturierte Zusammenstellung digitaler Werkzeuge (Datenbank, Textsammlung, KI zur Erschließung neulateinischer Texte) ermöglichen, dass Forscher:innen im Bereich der FrĂŒhneuzeit neulateinische Texte als Quellen fĂŒr ihre Fragestellungen finden und selbststĂ€ndig nutzen können.

Spezialforschungsbereich „Warum tolerieren kohĂ€rente Glaubenssysteme WidersprĂŒche?“

PortrÀt Agnes Kovacs
Die Kognitionswissenschaftlerin Agnes Melinda KovĂĄcs koordiniert den neuen Spezialforschungsbereich „Warum tolerieren kohĂ€rente Glaubenssysteme WidersprĂŒche?“, in dem Forschende der Central European University mit der WirtschaftsuniversitĂ€t Wien zusammenarbeiten. © Privat

Koordination: Agnes Melinda KovĂĄcs, Central European University

Forschungsnetzwerk: Central European University (Mats Köster, Natalie Sebanz, Adam Szeidl, Eva Wittenberg), WirtschaftsuniversitÀt Wien (Susann Fiedler)

Fördervolumen: 3,8 Millionen Euro / vier Jahre Laufzeit

Unsere Überzeugungen prĂ€gen unser Handeln und unsere Wahrnehmung der Welt. Doch auch wenn wir es nicht wahrhaben wollen, enthalten kognitive „Glaubenssysteme“ oft tiefgreifende WidersprĂŒche. Manche Überzeugungen werden auch aufrechterhalten, wenn direkte Beweise im Widerspruch zu ihnen stehen. Der Spezialforschungsbereich untersucht die kognitiven Prozesse, die zu Überzeugungen fĂŒhren, und die Mechanismen, die Menschen dazu bringen, „kohĂ€rent inkohĂ€rente Überzeugungen“ zu entwickeln. Ziel ist es, die Auswirkungen dieser Dynamiken auf Einzelpersonen und die Gesellschaft besser zu verstehen.

Ein interdisziplinĂ€res Team aus Psychologie, Kognitionswissenschaft, Linguistik und Wirtschaftswissenschaften untersucht das Zusammenspiel zwischen KernĂŒberzeugungen, die tief in der IdentitĂ€t verwurzelt sind, und evidenzbasierten Überzeugungen, die durch Erfahrung und Vernunft geformt werden. Besonders beleuchtet wird die Rolle der Sprache bei der Bildung und Aufrechterhaltung von Überzeugungen sowie die wirtschaftlichen und politischen Konsequenzen falscher oder widersprĂŒchlicher Überzeugungen. Mit innovativen AnsĂ€tzen trĂ€gt der Spezialforschungsbereich dazu bei, aktuelle gesellschaftliche Herausforderungen wie Polarisierung, Fehlinformation und sozialen Zusammenhalt besser zu verstehen – und liefert neue Impulse fĂŒr die Forschung und Politikgestaltung.

 

Spezialforschungsbereich „Mathematik der Rekonstruktion fĂŒr dynamische aktive Modelle“

PortrÀt Christian Clason
Der Mathematiker Christian Clason koordiniert den neuen Spezialforschungsbereich „Mathematik der Rekonstruktion fĂŒr dynamische aktive Modelle“, in dem Forschende der UniversitĂ€t Graz, der UniversitĂ€t Klagenfurt, der Technischen UniversitĂ€t Graz und der Technischen UniversitĂ€t Wien zusammenarbeiten werden. © Uni Graz/Eklaude

Koordination: Christian Clason, UniversitÀt Graz

Forschungsnetzwerk: UniversitÀt Graz (Kristian Bredies, Martin Holler), UniversitÀt Klagenfurt (Barbara Kaltenbacher), Technische UniversitÀt Graz (Thomas Pock, Martin Uecker), Technische UniversitÀt Wien (Elisa Davoli)

Fördervolumen: 4 Millionen Euro / vier Jahre Laufzeit

Um etwa im Bereich der medizinischen Bildgebung möglichst prĂ€zise Aussagen treffen zu können, ist es nötig, relevante, aber nicht direkt messbare Parameter zu rekonstruieren. Dadurch können zum Beispiel mithilfe der Computer- oder Magnetresonanztomografie krankhafte VerĂ€nderungen im Körper frĂŒhzeitig entdeckt werden. Ein ĂŒblicher Zugang dafĂŒr ist der Abgleich von geeigneten indirekten Messdaten mit einem mathematischen Modell, das den Zusammenhang dieser Messdaten mit den gesuchten Parametern beschreibt. Von besonderem Interesse sind dabei Modelle mit aktiven dynamischen Komponenten (also solche, die zeitabhĂ€ngig von außen beeinflussbar sind), denn diese können verwendet werden, um die Messung so zu gestalten, dass die Rekonstruktion möglichst schnell, genau und robust erfolgen kann.

Genau hier setzt der Spezialforschungsbereich an: Expert:innen aus Optimierung, inversen Problemen, Variationsrechnung, maschinellem Lernen und medizinischer Bildgebung bringen ihre unterschiedlichen Sichtweisen ein, um gemeinsam einen ganzheitlichen Ansatz fĂŒr die bestmögliche Rekonstruktion zu entwickeln und beispielhaft fĂŒr die Magnetresonanztomografie umzusetzen.

Zu erwarten ist dadurch nicht nur ein tieferes mathematisches VerstÀndnis der Grenzen und Möglichkeiten der optimalen Rekonstruktion in dynamischen Modellen, sondern auch klinisch relevante Verbesserungen in der MRT-Bildgebung.

Fortsetzungen um rund 10 Millionen Euro

ZusÀtzlich zu den drei neuen Spezialforschungsbereichen verlÀngert der FWF die Förderung folgender bestehender Spezialforschungsbereiche um weitere vier Jahre mit einem Gesamtfördervolumen von 9,7 Millionen Euro:

Spezialforschungsbereich „KomplexitĂ€t in der Materialmodellierung“

Koordination: Ulrike Diebold, Technische UniversitÀt Wien

Forschungsnetzwerk: Technische UniversitÀt Wien, UniversitÀt Wien

Spezialforschungsbereich „Metabolische Regulierung der GewebeintegritĂ€t“

Koordination: Thomas Weichhart, Medizinische UniversitÀt Wien

Forschungsnetzwerk: Medizinische UniversitÀt Wien, Medizinische UniversitÀt Graz, UniversitÀt Graz

Über die Spezialforschungsbereiche

Mit einer Spezialforschungsbereich-Förderung können fĂŒnf bis fĂŒnfzehn Wissenschaftler:innen ein international sichtbares Forschungsnetzwerk bilden, um Forschungsfragen mehrheitlich an einem Standort zu vertiefen. Das Programm adressiert besonders multi- bzw. interdisziplinĂ€r angelegte Forschungsthemen. ForschungsstĂ€tten erhalten die Möglichkeit, mit einer SFB-Förderung exzellente Rahmenbedingungen fĂŒr vielversprechende Forscher:innen zu schaffen und das eigene Forschungsprofil zu schĂ€rfen. Das Programm wird mit Mitteln des Fonds Zukunft Österreich finanziert.

Nach oben scrollen