Fachtagung für eine diskriminierungsfreie Forschung in Österreich
Exzellente Forschung braucht den richtigen Rahmen: Gemeinsam mit Forschungsorganisationen wie FFG und TU Wien veranstaltete der FWF eine Fachtagung, die sich der Prävention sexualisierter Belästigung in Wissenschaft und Forschung widmete. © FWF/Luiza Puiu

Beim Wissenschaftsfonds FWF kamen am 15. Mai 2025 rund 80 Vertreter:innen aus Wissenschaft, Forschungsförderung, Gleichstellungsarbeit und Politik zusammen, um Wege zur Prävention von Diskriminierung und sexualisierter Belästigung im Forschungsbereich zu diskutieren. Eingeladen hatten der Wissenschaftsfonds FWF, die Forschungsförderungsgesellschaft FFG sowie die TU Wien – unterstützt von der genderAG (u. a. FWF, FFG, TU Wien, ISTA, AIT, ACR, Wirtschaftsagentur Wien), einem Zusammenschluss gleichstellungspolitischer Akteur:innen.

Nach der Begrüßung durch Ursula Jakubek, kaufmännische Vizepräsidentin des FWF, und Karin Tausz, Geschäftsführerin der FFG, unterstrich Bundesministerin Eva-Maria Holzleitner zum Auftakt in einer Videobotschaft die Notwendigkeit konkreten Handelns: „Damit exzellente Forschung gelingen kann, braucht es einen sicheren, diskriminierungsfreien Rahmen. Bewusstseinsbildung ist der erste Schritt. Der zweite ist, konkrete, wirksame Maßnahmen zu setzen – in der Forschungsförderung, an Universitäten, in Instituten, in jedem einzelnen Team.“

Politik und Forschung im Dialog

In den folgenden Impulsen betonte Claudia Chwala (BMFWF) die Bedeutung institutioneller Verantwortung. Sie präsentierte erste Ergebnisse einer laufenden Erhebung zu geschlechterbasierter Gewalt in österreichischen Forschungseinrichtungen. Die Studie zeigt Hürden für die Präventionsarbeit auf: mangelnde Transparenz (Prozesse und Meldewege), Ressourcendefizit (bei Anlaufstellen), Schulungslücken (gemeinsames Verständnis und rechtliche Expertise), indirekte Blockaden (Machtverhältnisse). Beate El-Chichakli (BMIMI) unterstrich dieses Anliegen, indem sie betonte, wie wichtig es sei, bereits präventiv für ein sicheres Arbeitsumfeld zu sorgen. Sie präsentierte Praxisbeispiele aus dem Ministerium und sprach über neue Initiativen wie Diversitec, die psychologische Sicherheit, Führungskultur und systemische Lernprozesse stärken sollen.

Aktuelle Forschungsergebnisse sprechen klare Sprache

Anke Lipinsky (GESIS/UniSAFE-Projekt) hob hervor, dass die Evidenzlage der UniSAFE- Studie so eindeutig sei, dass niemand wegschauen könne, und machte deutlich: „Die Evidenz ist erdrückend. Gewalt braucht keinen Grund – nur Gelegenheit.“ Die Gewalt sei oft systemisch, mehrdimensional und werde zu selten gemeldet – unter anderem wegen Unsicherheit, Angst vor Stigmatisierung und mangelndem Vertrauen in die Organisation.

Praktische Ansätze und institutionelle Verantwortung

Am Nachmittag lag der Fokus auf Lösungsansätzen. Marlene Hock (FWF) stellte den Leitfaden für eine sichere und vielfältige Forschungskultur vor. Dieser bietet Informationen und Empfehlungen, zeigt mögliche Konsequenzen auf und ist ein Bekenntnis des FWF zu einer sicheren und respektvollen Arbeitskultur, in der Forschung exzellente Ergebnisse hervorbringen kann.

Als ein Beispiel für gelungene Sensibilisierungsarbeit präsentierten Lisa Appiano und Nina Krebs (Universität Wien) im Anschluss die Kommunikationskampagne u:respect, mit der die Universität Wien in mehreren Formaten (u. a. Videos, Leitfäden, E-Learning) eine Kultur des Respekts durch Wissen, Sichtbarkeit der Maßnahmen und Vertrauen in die Organisation (Transparenz und Infos, sowie Stärkung des Umfelds) etablieren möchte.

Externe Expertise, kollektives Handeln

Sophie Rendl, Expertin für Gewaltschutz im Kunst- und Kulturbereich, unterstrich im letzten Beitrag die Relevanz von unabhängigen Anlaufstellen. Sie machte deutlich, dass Machtmissbrauch begünstigende Faktoren – befristete Verträge, unsichere Einkommensverhältnisse, wirtschaftliche Abhängigkeiten – ein kollektives, strukturelles Problem seien, nicht nur ein moralisches Versagen Einzelner.

Gemeinsame Verantwortung für sichere Forschungskultur

In der abschließenden Diskussion sammelten die Teilnehmenden zentrale Handlungsempfehlungen:

  • Unabhängige Anlaufstellen einrichten
  • Interne Anlaufstellen stärker vernetzen und Wissenslücken füllen
  • Verpflichtende Schulungen für Führungskräfte verankern
  • Voraussetzungen für Fördergelder reflektieren – Schutzmaßnahmen/Sicherheitskonzepte als Kriterium etablieren
  • Bewusstsein für Intersektionalität schärfen
  • Politischer Wille für langfristige Finanzierung von Gleichstellungsarbeit und Anlaufstellen
  • Kooperationen und Vernetzung von Gleichstellungsarbeit institutionenübergreifend ausbauen, zum Beispiel für gemeinsame Kampagnen

Ausblick

Die Tagung hat deutlich gemacht: Es braucht nicht nur Problembewusstsein, sondern konkrete Strukturen, verpflichtende Standards, unabhängige und vertrauensvolle Anlaufstellen. Und eine Organisationskultur, in der der Umgang mit Macht und Verantwortung reflektiert wird und die geschulten Führungskräfte sich ihrer Verantwortung bewusst sind.

Die Organisator:innen (FWF, FFG, TU Wien und die weiteren Mitglieder der genderAG) sehen sich bestärkt, gemeinsam mit der Politik und den österreichischen Forschungsstätten den Weg in Richtung eines diskriminierungsfreien Forschungsumfeldes weiterzugehen.

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