Sorgenvoller Blick aufs Forschungsbudget

In den vergangenen Wochen wiesen verschiedene Stimmen aus Wissenschaft und Forschung auf die drohenden Kürzungen in der Forschungsförderung hin, darunter FWF-Präsident Christof Gattringer gemeinsam mit ERC-Präsidentin Maria Leptin im Standard und mit ÖAW-Präsident Heinz Faßmann im ORF, ÖAW-Vizepräsidentin Ulrike Diebold im Standard sowie Anne Sophie Meincke, Elise-Richter-Preisträgerin und Mitglied der Jungen Akademie der ÖAW, in der Presse. Auch das FWF-Kuratorium zeigt sich aufgrund der drohenden Kürzungen besorgt und richtet in einem Gastkommentar in der Presse einen Appell an die Politik.
Gastkommentar des FWF-Kuratoriums zu drohenden Einsparungen in der Grundlagenforschung
Vielversprechende Arbeiten zur Alzheimer-, KI- oder Kulturgeschichtsforschung von Wissenschaftler:innen in Österreich: Trotz eindeutiger Empfehlung von internationalen Gutachten erhalten diese Projekte wegen fehlender Mittel kein grünes Licht – und landen in der Schublade. Besonders bitter: Es handelt sich nicht um Einzelfälle. Das Ausmaß der Unterdotierung der Grundlagenforschung zeigt sich drastisch in den Auswahlsitzungen des FWF-Kuratoriums. Dort müssen wir regelmäßig in harten Entscheidungen exzellent begutachtete Ideen ablehnen. Damit kann Österreichs wissenschaftliches Potenzial nur eingeschränkt genutzt werden.
In unserer Arbeit für den FWF sehen wir laufend, welche Möglichkeiten der Forschungsentwicklung mangels Ressourcen nicht realisiert werden können. Nun wäre neben anderen Förderinstitutionen auch und gerade der FWF, der eine Schlüsselrolle in der Förderung der Grundlagenforschung spielt, von Sparmaßnahmen betroffen. Trotz des im Regierungsprogramm in Aussicht gestellten Wachstumspfads bis 2030 wackelt jetzt sogar die dringend notwendige Inflationsanpassung. Gemeinsam mit dem möglichen Wegfall des Fonds Zukunft Österreich wäre dies eine signifikante Reduktion der Forschungsmittel.
Die FWF-Förderquote würde deutlich sinken, wenn die zur Verfügung gestellten Mittel nicht einmal an die gestiegenen Personalkosten angepasst werden. Das wäre ein fundamentales Problem für die österreichische Grundlagenforschung – für ihre Planbarkeit und Nachhaltigkeit, insbesondere auch für die Laufbahnentwicklung des meist nur befristet angestellten und damit besonders prekär beschäftigten akademischen Nachwuchses. Es droht ein drastischer Verlust von Forschungsstellen und damit ein verstärkter Braindrain der österreichischen Forschungslandschaft sowie der Rückbau internationaler Forschungskooperationen.
In den vergangenen Jahren hat Österreich zukunftsweisend in den Ausbau von Universitäten und Forschungsinstituten investiert, ein wachsender Bedarf an Fördermitteln ist die logische Konsequenz. Derzeit werden über FWF-finanzierte Forschungsprojekte etwa 5.000, vor allem junge Wissenschaftler:innen finanziert. Nun besteht die Gefahr, dass 800 bis 1.000 Stellen eingespart und internationale Kooperationen ausgesetzt werden müssen. Betroffen wäre die Grundlagenforschung von der technischen und medizinischen Entwicklung bis hin zu ihrer kritischen Reflexion – nicht zuletzt der Folgenabschätzung derzeitiger Entwicklungen und ihrer historischen und gesellschaftlichen Bedingungen.
Deshalb appellieren wir gemeinsam an die Politik, den Wachstumspfad trotz angespannter Budgetlage fortzusetzen. Gerade angesichts eines globalen gesellschaftlichen Wandels, in dem auch die Forschung mit allzu einfachen Lösungsversprechen und zunehmender Wissenschaftsskepsis konfrontiert ist, gilt es, die zukünftigen Herausforderungen anzunehmen. Es bedarf weitsichtiger politischer Entscheidungen, die den Wissenschaftsstandort Österreich sichern und das hiesige Forschungspotenzial bestmöglich ausschöpfen. Nur so wäre sichergestellt, dass Forschende weiterhin eine faire Chance bekommen, ihre exzellenten Vorhaben umzusetzen – und so die Basis für Innovationen, gesellschaftlichen Fortschritt und auch für kritische Auseinandersetzungen legen.
Evelyn Annuß (Geistes- und Sozialwissenschaften), Hesso Farhan (Biologie und Medizin), Erika Hausenblas (Naturwissenschaften und Technik) im Namen des 74-köpfigen FWF-Kuratoriums, das auf Basis eines internationalen Peer-Review-Verfahrens über die Förderungen in der Grundlagenforschung entscheidet.