Austausch zwischen Wissenschaft und Gesellschaft intensivieren
Die Wissenschaft muss mehr und besser zeigen, wie sie Wissen schafft. Forschende sollten ihre Prozesse und Methoden intensiver erklĂ€ren und den Austausch zwischen Wissenschaft und Gesellschaft weiter ausbauen. Dieses Fazit zogen die Expert:innen eines hochkarĂ€tig besetzten Panels beim diesjĂ€hrigen Forum Alpbach. Die Breakout-Session âVertrauen in Wissenschaft und Demokratie schaffen â Die Rolle der Wissenschaftskommunikationâ wurde von BMBWF und FWF organisiert.
Mit der frisch publizierten Studie des Instituts fĂŒr Höhere Studien (IHS) zu den Ursachen von Wissenschafts- und Demokratieskepsis in Ăsterreich hatte die Breakout-Session, die am 29. August als Teil des EuropĂ€ischen Forum Alpbach stattfand, einen hochaktuellen Bezugsrahmen. In der vom Bundesministerium fĂŒr Bildung, Wissenschaft und Forschung (BMBWF) und dem Ăsterreichischen Wissenschaftsfonds FWF veranstalteten Diskussion erörterte ein hochrangiges, von Wissenschaftsminister Martin Polaschek angefĂŒhrtes Panel, wie das Vertrauen der Ăsterreicher:innen in Wissenschaft und Demokratie gestĂ€rkt werden kann. Als Gastgeber und Moderator fĂŒhrte FWF-PrĂ€sident Christof Gattringer durch die Diskussion.
Bundesminister Martin Polaschek betonte in seinem Eingangsstatement, wie unabdingbar wichtig das differenzierte VerstĂ€ndnis der GrĂŒnde fĂŒr Wissenschafts- und Demokratieskepsis sei. âNur mit einer fundierten Bestandsaufnahme schaffen wir die Grundlage, um ein Problem an der Wurzel zu bekĂ€mpfen", sagte Polaschek. Diese Grundlage liefere nun erstmals die Studie des IHS. âBasierend auf den Resultaten sind wir nun in der Lage, bestehende Projekte zu adaptieren und neue Projekte zielgerichtet zu entwickeln. Damit möchten wir möglichst vielen Menschen die wissenschaftliche Arbeitsweise noch besser vermitteln und das Interesse fĂŒr die Wissenschaft fördern. Wir diskutieren diese Studie nun im Ministerium und werden sehen, wie wir das existierende 10-Punkte-Programm am besten weiterentwickeln könnenâ, erklĂ€rte der Bundesminister.
Zur StĂ€rkung des Vertrauens in Wissenschaft und Demokratie sagte sein bayerischer Amtskollege Markus Blume: âWissenschaft ist die Antwort auf das Zeitalter der Transformation und KomplexitĂ€t. Gemeinsam mĂŒssen wir den Kampf um Aufmerksamkeit aufnehmen und Fake News die Stirn bieten. Wenn die Grenze zwischen Fakt und Fiktion verschwimmt, ist das eine Gefahr fĂŒr das Vertrauen in die Wissenschaft â und damit eine Gefahr fĂŒr das Vertrauen in unsere Demokratie.â Blume hob zur Rolle der Wissenschaftskommunikation auĂerdem hervor, dass das aktive Kommunizieren von wissenschaftlichen Resultaten und Arbeitsweisen genauso wichtig sei wie das Publizieren von wissenschaftlichen Papers. âStarke Wissenschaftskommunikation macht unsere Demokratie resilientâ, so der bayerische Wissenschaftsminister.
Wissenschaft im tÀglichen Leben zu wenig prÀsent
Johannes Starkbaum vom IHS prĂ€sentierte beim Panel die Ergebnisse der Studie, wonach die Mehrheit der österreichischen Bevölkerung Wissenschaft und Demokratie gegenĂŒber grundsĂ€tzlich positiv eingestellt ist, bei Teilen der Bevölkerung allerdings Kritik, Skepsis und Desinteresse an Wissenschaft herrschen. Zum harten Kern jener zehn Prozent, die laut der Studie der Wissenschaft skeptisch gegenĂŒberstehen, sagte Starkbaum: âWir mĂŒssen mehr erklĂ€ren, wie Wissenschaft funktioniert. Wir sehen bisher klar, dass Wissenschaft und ihre Methoden im tĂ€glichen Leben vieler Menschen nicht sehr prĂ€sent sind." Insgesamt rief Starkbaum zu einer Ă€uĂerst differenzierten Betrachtung der Studienergebnisse auf, denn Desinteresse sei nicht gleichzusetzen mit Skepsis, und Skepsis sei nicht gleichzeitig Desinteresse.
Einblicke in die Praxis der Wissenschaftskommunikation eröffnete bei der Breakout-Session Sylvia Kerschbaum-Gruber. Die Krebsimmuntherapieforscherin an der Medizinischen UniversitĂ€t Wien hat auf ihrem Instagram-Kanal 18.000 Follower. Sie betonte, dass Fakten alleine einfach zu wenig seien. âWir mĂŒssen Wissenschaft so erzĂ€hlen, dass wir Vertrauen und Empathie schaffen und Neugierde weckenâ, sagte Kerschbaum-Gruber. Weiters betonte sie, dass Wissenschaft kein spezielles Interesse sei. âWissenschaft ist fĂŒr alle Menschen. Wissenschaft ist das Fundament dessen, was wir sind und wohin wir gehen werdenâ, sagte die Wissenschaftskommunikatorin.
Die international anerkannte Wissenschaftshistorikerin und langjĂ€hrige PrĂ€sidentin des European Research Council (ERC) Helga Nowotny hob als wichtigstes Ergebnis der IHS-Studie die Verbindung zwischen Wissenschafts- und Demokratieskepsis hervor. Der Begriff âKommunikationâ beinhalte das lateinische Wort âcommunisâ fĂŒr Gemeinschaft. âIn diesem Sinne mĂŒssen wir uns fragen, was wir teilen. Kommunikation muss besser verstehen, was die Gesellschaft von Wissenschaft erwartetâ, betonte Nowotny. Gleichzeitig mĂŒsse der Prozess von Wissenschaft mehr gezeigt werden. âWir mĂŒssen uns davon wegbewegen, nur die Produkte und Resultate von Wissenschaft zu zeigenâ, so die Wissenschaftshistorikerin.
In der anschlieĂenden Diskussion ging es unter anderem um die Frage, wie Wissenschaftskommunikation unter anderem in sozialen Medien sowie generell forciert werden kann. âDurch die Studie haben wir nun ein klareres Bild, welche Gruppen wir wie adressieren mĂŒssen. Das ist mir persönlich ein groĂes Anliegen, da Wissenschaft und Demokratie Teil unserer DNA und Basis unseres Wohlstands und der Zukunft unseres Landes sindâ, resĂŒmierte Bundesminister Polaschek in seinem Schlusswort.