Gruppenbild Forum Alpbach
Über die Bedeutung der Wissenschaftskommunikation und die Rückschlüsse aus der jüngsten IHS-Studie diskutierten Christof Gattringer (Präsident FWF), Helga Nowotny (Wissenschaftshistorikerin), Wissenschaftsminister Martin Polaschek, Sylvia Kerschbaum-Gruber (Krebsimmuntherapieforscherin), der Bayrische Staatsminister für Wissenschaft und Kunst Markus Blume sowie Studienautor Johannes Starkbaum (IHS). Foto: BMBWF/Ruth Altenburger © BMBWF/Ruth Altenburger

Die Wissenschaft muss mehr und besser zeigen, wie sie Wissen schafft. Forschende sollten ihre Prozesse und Methoden intensiver erklären und den Austausch zwischen Wissenschaft und Gesellschaft weiter ausbauen. Dieses Fazit zogen die Expert:innen eines hochkarätig besetzten Panels beim diesjährigen Forum Alpbach. Die Breakout-Session „Vertrauen in Wissenschaft und Demokratie schaffen – Die Rolle der Wissenschaftskommunikation“ wurde von BMBWF und FWF organisiert.

Mit der frisch publizierten Studie des Instituts für Höhere Studien (IHS) zu den Ursachen von Wissenschafts- und Demokratieskepsis in Österreich hatte die Breakout-Session, die am 29. August als Teil des Europäischen Forum Alpbach stattfand, einen hochaktuellen Bezugsrahmen. In der vom Bundesministerium für Bildung, Wissenschaft und Forschung (BMBWF) und dem Österreichischen Wissenschaftsfonds FWF veranstalteten Diskussion erörterte ein hochrangiges, von Wissenschaftsminister Martin Polaschek angeführtes Panel, wie das Vertrauen der Österreicher:innen in Wissenschaft und Demokratie gestärkt werden kann. Als Gastgeber und Moderator führte FWF-Präsident Christof Gattringer durch die Diskussion.

Bundesminister Martin Polaschek betonte in seinem Eingangsstatement, wie unabdingbar wichtig das differenzierte Verständnis der Gründe für Wissenschafts- und Demokratieskepsis sei. „Nur mit einer fundierten Bestandsaufnahme schaffen wir die Grundlage, um ein Problem an der Wurzel zu bekämpfen", sagte Polaschek. Diese Grundlage liefere nun erstmals die Studie des IHS. „Basierend auf den Resultaten sind wir nun in der Lage, bestehende Projekte zu adaptieren und neue Projekte zielgerichtet zu entwickeln. Damit möchten wir möglichst vielen Menschen die wissenschaftliche Arbeitsweise noch besser vermitteln und das Interesse für die Wissenschaft fördern. Wir diskutieren diese Studie nun im Ministerium und werden sehen, wie wir das existierende 10-Punkte-Programm am besten weiterentwickeln können“, erklärte der Bundesminister.

Zur Stärkung des Vertrauens in Wissenschaft und Demokratie sagte sein bayerischer Amtskollege Markus Blume: „Wissenschaft ist die Antwort auf das Zeitalter der Transformation und Komplexität. Gemeinsam müssen wir den Kampf um Aufmerksamkeit aufnehmen und Fake News die Stirn bieten. Wenn die Grenze zwischen Fakt und Fiktion verschwimmt, ist das eine Gefahr für das Vertrauen in die Wissenschaft – und damit eine Gefahr für das Vertrauen in unsere Demokratie.“  Blume hob zur Rolle der Wissenschaftskommunikation außerdem hervor, dass das aktive Kommunizieren von wissenschaftlichen Resultaten und Arbeitsweisen genauso wichtig sei wie das Publizieren von wissenschaftlichen Papers. „Starke Wissenschaftskommunikation macht unsere Demokratie resilient“, so der bayerische Wissenschaftsminister.

Wissenschaft im täglichen Leben zu wenig präsent

Johannes Starkbaum vom IHS präsentierte beim Panel die Ergebnisse der Studie, wonach die Mehrheit der österreichischen Bevölkerung Wissenschaft und Demokratie gegenüber grundsätzlich positiv eingestellt ist, bei Teilen der Bevölkerung allerdings Kritik, Skepsis und Desinteresse an Wissenschaft herrschen. Zum harten Kern jener zehn Prozent, die laut der Studie der Wissenschaft skeptisch gegenüberstehen, sagte Starkbaum: „Wir müssen mehr erklären, wie Wissenschaft funktioniert. Wir sehen bisher klar, dass Wissenschaft und ihre Methoden im täglichen Leben vieler Menschen nicht sehr präsent sind." Insgesamt rief Starkbaum zu einer äußerst differenzierten Betrachtung der Studienergebnisse auf, denn Desinteresse sei nicht gleichzusetzen mit Skepsis, und Skepsis sei nicht gleichzeitig Desinteresse.

Einblicke in die Praxis der Wissenschaftskommunikation eröffnete bei der Breakout-Session Sylvia Kerschbaum-Gruber. Die Krebsimmuntherapieforscherin an der Medizinischen Universität Wien hat auf ihrem Instagram-Kanal 18.000 Follower. Sie betonte, dass Fakten alleine einfach zu wenig seien. „Wir müssen Wissenschaft so erzählen, dass wir Vertrauen und Empathie schaffen und Neugierde wecken“, sagte Kerschbaum-Gruber. Weiters betonte sie, dass Wissenschaft kein spezielles Interesse sei. “Wissenschaft ist für alle Menschen. Wissenschaft ist das Fundament dessen, was wir sind und wohin wir gehen werden“, sagte die Wissenschaftskommunikatorin.

Die international anerkannte Wissenschaftshistorikerin und langjährige Präsidentin des European Research Council (ERC) Helga Nowotny hob als wichtigstes Ergebnis der IHS-Studie die Verbindung zwischen Wissenschafts- und Demokratieskepsis hervor. Der Begriff „Kommunikation” beinhalte das lateinische Wort „communis” für Gemeinschaft. „In diesem Sinne müssen wir uns fragen, was wir teilen. Kommunikation muss besser verstehen, was die Gesellschaft von Wissenschaft erwartet“, betonte Nowotny. Gleichzeitig müsse der Prozess von Wissenschaft mehr gezeigt werden. „Wir müssen uns davon wegbewegen, nur die Produkte und Resultate von Wissenschaft zu zeigen“, so die Wissenschaftshistorikerin.

In der anschließenden Diskussion ging es unter anderem um die Frage, wie Wissenschaftskommunikation unter anderem in sozialen Medien sowie generell forciert werden kann. „Durch die Studie haben wir nun ein klareres Bild, welche Gruppen wir wie adressieren müssen. Das ist mir persönlich ein großes Anliegen, da Wissenschaft und Demokratie Teil unserer DNA und Basis unseres Wohlstands und der Zukunft unseres Landes sind“, resümierte Bundesminister Polaschek in seinem Schlusswort.

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