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Entwicklung von human abgeleiteten Leberzelllinien für genotoxische Untersuchungen

Development of human derived liver cell lines for genotoxicity tests

Siegfried Knasmüller (ORCID: )
  • Grant-DOI 10.55776/I2059
  • Förderprogramm Einzelprojekte International
  • Status beendet
  • Projektbeginn 01.02.2015
  • Projektende 31.01.2020
  • Bewilligungssumme 263.812 €

Bilaterale Ausschreibung: Slowenien

Wissenschaftsdisziplinen

Biologie (90%); Industrielle Biotechnologie (10%)

Keywords

    Genotoxicity, Human Derived Liver Cell Lines, Carcinogens, Animal Alternatives, Metabolism

Abstract Endbericht

Die derzeit geltende Gesetzeslage sieht vor, dass Chemikalien auf gentoxische Eigenschaften hin untersucht werden müssen um die Menschen vor den Konsequenzen von Erbsubstanzschäden (Auslösung von Krebs, reduzierte Fertilität, ect.) zu schützen. Derzeit werden chemische Verbindungen in einer ersten Stufe in vitro (d.h. mit Indikatorzellen) untersucht; falls positive Ergebnisse erhalten werden, führt man nachfolgend Tierexperimente durch. Aufgrund der hohen Zahl der "falsch positiven" Ergebnisse die in in vitro Experimenten erhalten werden, könnten bis 80% der Tierexperimente vermieden werden, wenn zuverlässigere Untersuchungsverfahren zu Verfügung stehen würden. Dies entspricht im EU Raum etwa 16 000 Tieren/Jahr. Die Hauptursache für die Unzuverlässigkeit der in vitro Modelle, ist die mangelnde Repräsentanz fremdstoffmetabolisierender Enzyme in den Indikatorzellen, die derzeit zur Verfügung stehen. Enzyme die Chemikalien in gentoxische und krebsauslösende Stoffwechselprodukte umwandeln bzw. diese entgiften sind derzeit nicht oder nur teilweise in den verfügbaren Zelllinien repräsentiert. Daher werden Aktivierungsgemische verwendet, die die Situation in menschlichen Körper nur sehr unvollständig reflektieren. Unter anderem fehlen diesen Zellen Enzyme die Entgiftungsprozesse katalysieren. Wir wissen aus Voruntersuchungen, dass in menschlichen Leberzelllinien die Aktivitäten fremdstoffmetabo-lisierender Enzyme teilweise vorhanden sind. Daher werden wir aus etwa 20 Linien die geeignetsten auswählen und diese auf ihre Eignung hin untersuchen, die gentoxischen Eigenschaften ausgewählter Modellsubstanzen zu detektieren (Primärscreening mit zeit- und kostengünstigen Einzelzell-geleelekrophoresetests). Parallel dazu werden wir versuchen, aus Stammzellen hepatozytenähnliche Zellen zu entwickeln, die fremdstoffmetabolisierende Enzyme besitzen, auch diese werden im Primärscreening getestet. Im nächsten Schritt werden die vielversprechendsten Linien mit molekularbiologischen Methoden charakterisiert (Messung der Aktivitäten von Enzymen; Untersuchung der Expression von Proteinen-Proteomcis und der Transkription von Genen Transcriptomics- im Vergleich mit primären humanen Leberzellen). Die ausgetesteten Linien werden durch Transfektion von Genen, die für die Steuerung der Aktivitäten fremdstoffmetabolisierender Enzyme zuständig sind optimiert. Nachfolgend wird ein Protokoll für Kleinkerntests entwickelt. Dieses Verfahren wird im Rahmen der OECD Richtlinien für die routinemäßige Prüfung von Chemikalien eingesetzt. In der letzen Phase des Projekts wird die neu entwickelte Zelllinie validiert, d.h. es werden Kleinkerntests mit 20 Chemikalien durchgeführt, u.a. mit Problemsubstanzen mit denen mit etablierten Verfahren falsch positive Ergebnisse erhalten wurden. Diese Chemikalien sind in einer Tabelle enthalten, die von Experten der ECVAM entwickelt wurde, um in vitro Gentoxizitätsverfahren zu valideren, sodass unsere Ergebnisse mit jenen verglichen werden können die mit anderen Zelllinien erhalten werden. Neben der Einsparung von Versuchstieren bei Gentoxizitätsprüfungen wird es auch möglich sein, die neu entwickelte Zelllinie für die Beurteilung toxikologischer Fragestellungen einzusetzen etwa bei Untersuchungen von Kombinationswirkungen von Chemikalien (synergistische und antagonistische Effekte), da die Linie im Gegensatz zu anderen Linien die Induktion von Enzymen reflektieren wird, die derartigen Effekten zugrunde liegen können. Weitere Einsatzbereiche sind die Untersuchung akut toxischer Eigenschaften von Chemikalien und der diesen Effekten zugrunde liegenden Mechanismen sowie Untersuchungen ihrer Verstoffwechselung.

Eines der zentralen Probleme toxikologischer Untersuchungen ist die unzureichende Repräsentanz von Stoffwechselprozessen in Zelllinien, die für Experimente mit Giftstoffen/ Arzneimitteln eingesetzt werden. Dies trifft auch auf Untersuchungen neuer Chemikalien zu, die durchgeführt werden um festzustellen, ob sie das Erbgut schützen. Derartige Effekte führen zu Krebserkrankungen und auch zu Infertilität und zu Erbkrankheiten. Enzyme, die DNA schädigende Chemikalien aktivieren bzw. entgiften sind in vielen derzeit eingesetzten Zelllinien nicht aktiv, daher werden häufig falsch positive Ergebnisse erhalten, die nachfolgende Tierexperimente erforderlich machen. Diese in vivo-Studien könnten vermieden werden, wenn zuverlässigere in vitro-Modelle zur Verfügung stehen würden. Wir untersuchten im Rahmen eines bilateralen Projektes (in Kooperation mit dem Nationalen Institut für Biologie in Ljubljana) 12 menschliche Leberzelllinien auf ihre Fähigkeit, DNA-schädigende Kanzerogene zu detektieren. Eine der Linien (Huh6) erwies sich als besonders geeignet, d.h. sie "erkannte" krebserregende Substanzen besser als andere Zelllinien die derzeit eingesetzt werden und die Zahl der falsch-positiven Resultate war ebenfalls niedriger. Vergleiche mit den Ergebnissen von tierexperimentellen Studien, in denen DNA-Schäden im Knochenmark gemessen wurden (das häufigste in vivo-Verfahren mit Labornagern) zeigten, dass Untersuchungen mit der Zelllinie Huh6 zuverlässigere Ergebnisse erzielte. Wir haben im Rahmen der Realisierung des Projektes ein Modell entwickelt, dass in Zukunft für Chemikalienuntersuchungen eingesetzt werden kann und es gibt Hinweise darauf, dass es maßgeblich dazu beitragen könnte, die Zahl der Versuchstiere bei routinemäßigen Substanzprüfungen zu reduzieren. Darüber hinaus kann die Zelllinie auch für akute Toxizitätsuntersuchungen und für Metabolisierungsstudien von Xenobiotika eingesetzt werden. Die von uns im Rahmen des Projektes erarbeiteten Ergebnisse wurden in mehreren Top-Fachzeitschriften veröffentlicht.

Forschungsstätte(n)
  • Medizinische Universität Wien - 100%
Internationale Projektbeteiligte
  • Metka Filipic, National Institute of Biology - Slowenien

Research Output

  • 189 Zitationen
  • 5 Publikationen
  • 1 Wissenschaftliche Auszeichnungen
Publikationen
  • 2019
    Titel Methamphetamine (“crystal meth”) causes induction of DNA damage and chromosomal aberrations in human derived cells
    DOI 10.1016/j.fct.2019.03.035
    Typ Journal Article
    Autor Ropek N
    Journal Food and Chemical Toxicology
    Seiten 1-7
  • 2018
    Titel Use of human derived liver cells for the detection of genotoxins in comet assays
    DOI 10.1016/j.mrgentox.2018.12.003
    Typ Journal Article
    Autor Mišík M
    Journal Mutation Research/Genetic Toxicology and Environmental Mutagenesis
    Seiten 402995
  • 2018
    Titel Low doses of widely consumed cannabinoids (cannabidiol and cannabidivarin) cause DNA damage and chromosomal aberrations in human-derived cells
    DOI 10.1007/s00204-018-2322-9
    Typ Journal Article
    Autor Russo C
    Journal Archives of Toxicology
    Seiten 179-188
    Link Publikation
  • 2018
    Titel Cytome micronucleus assays with a metabolically competent human derived liver cell line (Huh6): A promising approach for routine testing of chemicals?
    DOI 10.1002/em.22254
    Typ Journal Article
    Autor Mišík M
    Journal Environmental and Molecular Mutagenesis
    Seiten 134-144
    Link Publikation
  • 2017
    Titel Use of HuH6 and other human-derived hepatoma lines for the detection of genotoxins: a new hope for laboratory animals?
    DOI 10.1007/s00204-017-2109-4
    Typ Journal Article
    Autor Waldherr M
    Journal Archives of Toxicology
    Seiten 921-934
    Link Publikation
Wissenschaftliche Auszeichnungen
  • 2018
    Titel The GUM (Gesellschaft für Umwelt-Mutationsforschung e.V.) Award
    Typ Research prize
    Bekanntheitsgrad Continental/International

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