ABC – Altes Buchhandwerk
ABC – Ancient Book Crafts
Weave: Österreich - Belgien - Deutschland - Luxemburg - Polen - Schweiz - Slowenien - Tschechien
Wissenschaftsdisziplinen
Andere Geisteswissenschaften (20%); Andere Naturwissenschaften (40%); Geschichte, Archäologie (40%)
Keywords
-
Heritage Science,
Archaeometry,
Codicology,
Palaeographic Research,
Infrared Spectroscopy,
Medieval Libraries
Alte Bücher sind ehrwürdige Zeugen unserer Kultur. Sie wirken erhaben, fast magisch. Doch was macht ein altes Buch zu einem alten Buch? Es sind die handgeschriebenen Texte, der Duft des Pergaments, das Knistern alter Papiere, das Knauern der kunstvoll dekorierten Ledereinbände: jedes Buch ein Unikat und eine Kostbarkeit. Es ist nicht das uns vertraute, erst in der Neuzeit erfundene Titelblatt, das das Alter verrät. In den Jahrhunderten davor wurden Jahreszahlen eher willkürlich genannt. Dabei erheben sich manchmal Zweifel, ob die Angaben verlässlich sind. Es stellt sich auch die Frage, ob das Buch in einem Stück geschrieben wurde, ob der Einband noch original ist oder ob umgebunden wurde. Die Frage nach dem Alter eines Buches ist daher nur durch Zusammenführung verschiedener Aspekte zu beantworten, die Inhalt und Materialität gleichermaßen betreffen. Unser Projekt versucht, mit natur- und geisteswissenschaftlichen Methoden gemeinsam eine Methode zu entwickeln, um unbekannte oder fragliche Objekte verlässlich datieren zu können. Auf naturwissenschaftlicher Seite wird die chemische Struktur des Materials der alten Kulturschätze mithilfe von Infrarotlicht (IR) zerstörungsfrei bestimmt die IR-Spektroskopie. Dafür muss das Gerät das Buch nicht einmal berühren. Im Zuge der Alterung verändert sich das Material und diese Änderung nutzen wir, um ein Modell zu erstellen, mit dem das Alter eines Materials geschätzt werden kann. Um das Modell zu erstellen, brauchen wir einen Satz an Büchern, bei denen das Alter zweifelsfrei feststeht. Hier kommen die geisteswissenschaftlichen Methoden zum Tragen, die auf der Auswertung relevanter Einträge in den Büchern, historischer Bindetechniken und -Werkzeugen beruhen. Dafür bietet die Stiftsbibliothek Klosterneuburg als eine der größten Sammlungen mittelalterlicher Bücher in Österreich die idealen Ressourcen. Um zu überprüfen, ob unser Modell auch mit Büchern in anderen Bibliotheken funktioniert, ist das Projekt mit einem Schwesterprojekt in Slowenien gekoppelt. Dort wird ein Satz an Büchern in der Nationalbibliothek von Ljubljana zusammengestellt und ebenfalls mittels IR-Spektroskopie gemessen. Das Gerät unterscheidet sich allerdings etwas von jenem des Klosterneuburger Teams. Die Geräte werden daher ausgetauscht, sodass beide Geräte beide Sätze an Büchern messen. Schließlich werden wir auch Messungen in der Nationalbibliothek in Prag durchführen, um unseren Modellen den letzten Schliff zu geben. Am Ende des Projekts wollen wir diese Modelle der Öffentlichkeit zur Verfügung stellen, um sie in Zukunft auch in vielen anderen Bibliotheken, Archiven und Museen nutzen zu können. Durch die berührungslose Messung können auch sensible Objekte erforscht werden, die mit vielen anderen Methoden nicht bearbeitet werden können. So können auch völlig neue Forschungsfragen beantwortet werden und vielleicht wird sogar die Geschichte mancher Bücher völlig neu geschrieben.
- Maria Theisen, Österreichische Akademie der Wissenschaften , assoziierte:r Forschungspartner:in
- Matija Strlic, University of Ljubljana - Slowenien