Messung von Vcb mittels inklusiver B-Zerfälle bei Belle II
Measurement of Vcb in inclusive B decays at Belle II
Wissenschaftsdisziplinen
Physik, Astronomie (100%)
Keywords
-
Flavour physics,
Belle II,
CKM matrix elements,
B meson decays
Das Standardmodell (SM) der Teilchenphysik beschreibt die bekannten Elementarteilchen, die Quarks und die Leptonen und die Kräfte, die zwischen ihnen wirken. Während sämtliche Collider-Experimente bis zum heutigen Tag das SM bestätigt haben, ist es jedoch aus der Astronomie bekannt, dass die SM-Teilchen nur etwa 5% des Energiegehalts des Universums ausmachen. Es ist somit das Hauptziel der modernen Teilchenphysik, nach Physik jenseits des SM zu suchen. Ein vielversprechender Forschungsansatz ist, nach winzigen Abweichungen von der SM-Vorhersage in verschiedenen SM-Observablen Ausschau zu halten. Dieser Ansatz wird jedoch durch die endliche Kenntnis einiger fundamentaler SM- Parameter begrenzt: Die Größe des Cabibbo-Kobayashi-Maskawa-Matrixelements Vcb regelt die Übergangsrate von b- in c-Quarks und leidet derzeit unter einer 3-Sigma- Diskrepanz zwischen verschiedenen experimentellen Methoden, diese Größe zu messen (inklusive vs. exklusive Bestimmungen). Das wichtigste wissenschaftliche Ziel dieses Projekts ist es daher, die inklusive Bestimmung von |Vcb| basierend auf einer neuen, genaueren Berechnung der semileptonischen Zerfallbreite zu verbessern. Die experimentellen Daten für diese Analyse werden vom Belle II-Experiment gesammelt, das sich am Elektron-Positron-Collider SuperKEKB in Japan befindet, der im Jahr 2019 mit dem vollständigen experimentellen Setup die Datennahme begonnen hat. Das neue Experiment ermöglicht Messungen mit hoher Präzision durch eine Vergrößerung des Datensatzes um einen Faktor 50 gegenüber vorhergehenden Experimenten. Der Parameter |Vcb| wird in Kollisionen bestimmt, in denen ein Paar sogenannter B-Mesonen erzeugt wird. Insbesondere rekonstruieren wir B-Meson-Zerfälle in ein hadronisches System, das ein charm-Quark enthält, ein Lepton (entweder ein Elektron oder ein Myon) und das zugehörige Neutrino. Die experimentellen Herausforderungen sind hier das (nicht detektierbare) Neutrino im Endzustand und der kombinatorische Hintergrund vom zweiten B-Meson im Ereignis. Das Ergebnis der Messung ist die invariante Masse des Lepton-Neutrino-Systems bzw. sind die Momente dieser Verteilung, die zur Bestimmung der Parameter im theoretischen Ausdruck der semileptonischen Zerfallsbreite verwendet werden. Vorläufige Studien zeigen, dass selbst der aktuelle Belle II-Datensatz (von nur 0,2% der endgültigen Datenmenge) es gestattet, den Parameter |Vcb| mit vernachlässigbarer statistischer Unsicherheit zu bestimmen, da die Anzahl der Signalereignisse bereits eine Million überschreitet. Wesentlich ist daher die Bestimmung der systematischen Unsicherheiten der Messung. Letzteres wird ein erheblicher Teil dieses Projekts sein: überprüft wird die Genauigkeit der Spurrekonstruktion, die Lepton-Identifikationseffizienz und die Beschreibung des experimentellen Untergrundes.