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Der Oberleiserberg - Eine spätantike Höhensiedlung

Oberleiserberg - a late antique hilltop settlement

Alois Stuppner (ORCID: )
  • Grant-DOI 10.55776/P13052
  • Förderprogramm Einzelprojekte
  • Status beendet
  • Projektbeginn 01.03.1999
  • Projektende 31.05.2002
  • Bewilligungssumme 132.991 €
  • Projekt-Website

Wissenschaftsdisziplinen

Geschichte, Archäologie (100%)

Keywords

    HÖHENSIEDLUNGEN, SPÄTANTIKE, RÖMISCH-GERMANISCHER HANDEL, AKKULTURATION, RÖMISCHE STATION

Abstract Endbericht

Der Oberleiserberg gehört zu den befestigten, spätantiken Höhensiedlungen, die über einen längeren Zeitraum besetzt waren. Schon von Natur aus ist er fortifikatorisch begünstigt. Er stellt ein leicht nach Westen abfallendes Plateau, in Form eines unregelmäßigen Ovals mit einer Fläche von 6,5 ha (ca. 360 x 250m) dar, das im Westen, Norden und Osten steil abfällt. Im Südwesten verflacht sich der Steilabfall etwas, und im Süden schiebt sich vor diesen ein etwas tiefer gelegenes Gelände. Für die spätantike Besiedlung sind bisher eine mehrphasige Befestigungsanlage und im nordwestlichen Bereich des durch den Wall eingeschlossenen Plateaus mehrere Gebäude wie zwei Steinbauten (Steinbau I und II), eine zum Steinbau I gehörige Umfassungsmauer, hölzerne Ständerbauten mit Schwellbalkenriegeln (Holzbau A-F), ein Pfostenbau mit einem Heizkanal und eingetiefte Blockbauten archäologisch nachgewiesen. Die beiden Steinbauten und der Pfostenbau mit dem Heizkanal gleichen im Grundriß und in der Architektur Villenbauten der römischen Provinzen. Es können vier spätantike Siedlungshorizonte von der zweiten Hälfte des 4. Jh. n. Chr. bis in die zweite Hälfte des 5. Jh. n. Chr. unterschieden werden. Ziel des Projektes ist: 1. Charakter und die Funktion der spätantiken Siedlung am Oberleiserberg. Handelt es sich um a) eine Siedlung militärischen Charakters, b) eine Reaktion auf eine spezifisch-historische Situation, c) eine Siedlung von ranghohen Germanen z.B. Fürstensitz? 2. Struktur der Innenbebauung der Höhensiedlung am Oberleiserberg: a) Struktur der Siedlung und Bebauungsplan, b) Funktion der Gehöfte und deren Gebäude, c) Funktionale Gliederung der Gebäude 3. Chronologie der Höhensiedlung: a) Chronologie der Baubefunde, b) Typochronologie der Funde basierend auf der Stratigraphie 4. Akkulturationsprozesse 5. Wirtschaftlichen Grundlagen der Höhensiedlung 6. Ethno- und Sozialstrukturen am Oberleiserberg 7. Geophysikalische Prospektion mittels Georadar an ausgewählten, archäologischen Strukturen vom Oberleiserberg wie Graben und einem Grubenhaus und geomagnetische Prospektion in der römischen Station Niederleis. Zur Klärung der angestrebten Projektziele wurden ausgehend vom bisherigen Kenntnisstand und von den Ergebnissen der geomagnetischen Prospektion folgende Schritte gesetzt: a) Gezielte Grabungen, b) Dokumentation und Auswertung der Befunde und Funde, c) Geophysikalische Prospektion mittels Georadar und Caesiumgradiometer. Bei Abschluß des Projektes soll eine Informationsbroschüre unter dem Titel "Der Oberleiserberg - eine spätantike Höhensiedlung" mit den neuen Ergebnissen aus diesem Projekt vorliegen.

Durch die Freilegung römischer Steinbauten schon am Beginn des 20. Jahrhunderts - erste Ausgrabungen wurden von 1925 bis 1931 durchgeführt - wurde der Oberleiserberg lange Zeit im wissenschaftlichen Schrifttum als römisch militärischer Stützpunkt zur Zeit der Markomannenkriege (166 bis 180 n. Chr.) betrachtet. Die neueren Forschungen seit 1976 und vor allem die Ergebnisse des vom FWF finanzierten Forschungsprojektes P13052-SPR unterstützen die Ansicht, dass der Oberleiserberg als spätantike Höhensiedlung mit repräsentativen Gehöften Träger eines bedeutenden Herrschaftszentrum der Völkerwanderungszeit im mittleren Donauraum ist. Der Oberleiserberg gehört zu der großen Gruppe der spätantiken befestigten Höhensiedlungen des 4. und 5. Jhs. n. Chr. Die spätantike Siedlung beginnt in der zweiten Hälfte des 4. Jhs. n. Chr., wahrscheinlich in nachvalentinianischer Zeit, und endet in der zweiten Hälfte des 5. Jhs. n. Chr. Im Rahmen des drei Jahre dauernden Forschungsprojektes konnten vorallem umfangreiche Aufschlüsse zur Art und Funktion sowie inneren Struktur des Herrenhofes gewonnen werden. Der nach römischem Vorbild errichtete, palastartig gestaltete Herrenhof am Westrand des Plateaus bildete das Zentrum der spätantiken Siedlung am Oberleiserberg. Das dazugehörige, bei der Aussichtswarte gelegene, trapezförmige, zweigeschoßige Hauptgebäude (Steinbau I) bestand ursprünglich aus zwei großen Räumen, denen in einer zweiten Bauphase eine Fassade mit Risaliten und Korridor vorgesetzt wurde.Die Anlage ist in dieser Zeit von einer Hofmauer aus Bruchsteinen und Lehm umgeben. Um die Mitte des 5. Jahrhunderts n. Chr. wird der Herrenhof nach Vorbildern der spätantiken Repräsentations- und Palastarchitektur umgestaltet, und die Hofmauer durch eine Holzarchitektur ersetzt. Den Hofplatz säumen nun im Osten ein dem Hauptgebäude gegenüberliegender monumentaler Torbau mit seitlich anschließenden hallenartigen Ständerbauten und im Norden und Süden rechteckige Ständerbauten. Sie stimmen axial mit dem Hauptgebäude überein und sind mit offenen Säulenhallen (Portiken) versehen. Das Hauptgebäude (Steinbau I) ist nun zu einem 35 m langen und 17 m breiten, römischen Repräsentationsbau (Portikusvilla) mit Steinfundament, Fachwerkwänden und Prunkfassade ausgebaut und besitzt 7 bis 8 Wirtschafts- bzw. Wohnräume und einen Repräsentationsraum für öffentliche Empfänge und festliche Banketts. Die aufgehenden Wände sind in Holzfachwerktechnik ausgeführt. Das Dach war mit gebrannten, römischen Lehmziegeln (tegulae, imbrices) eingedeckt, die wahrscheinlich vor Ort hergestellt wurden. Der Repräsentationsraum und ein weiterer Raum sind mit einer Kanalheizung ausgestattet. Im Inneren des Gebäudes ist ein Keller eingezogen. Eingänge sind an den Risaliten zu beobachten. Die außergewöhnliche architektonische Gestaltung des gesamten Komplexes und das Fundgut deuten auf einen germanischen Zentralort im alten markomannisch-quadischen Siedlungsraum hin, der durch spätrömische Kultureinflüsse stark geprägt ist. Die Annahme eines germanischen Königssitzes in der Völkerwanderungszeit dürfte daher als sehr wahrscheinlich gelten.

Forschungsstätte(n)
  • Universität Wien - 100%
Nationale Projektbeteiligte
  • Herwig Friesinger, Österreichische Akademie der Wissenschaften , assoziierte:r Forschungspartner:in

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