Heriditäre spastische Paraparäse in Österreich
Heriditary spastic paraparesis in Austria
Wissenschaftsdisziplinen
Klinische Medizin (30%); Medizinisch-theoretische Wissenschaften, Pharmazie (70%)
Keywords
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HSP,
Molecular Genetics,
Dhmn,
BSCL2,
Silver syndrome,
Spastin
Die hereditäre spastische Paraparese (HSP), auch familiäre spastische Paraparese (FSP) genannt, ist eine heterogene Gruppe neurodegenerativer Erkrankungen, die durch eine langsam fortschreitende Spastizität der unteren Extremitäten charakterisiert ist. Nach klinischen Kriterien werden in Abhängigkeit vom Vorhandensein zusätzlicher neurologischer oder nichtneurologischer Symptome reine und komplizierte Formen unterschieden. Das Silver Syndrom (SS) ist eine seltene autosomal dominant vererbte Form der komplizierten spastischen Paraparese, die zusätzlich zur Spastizität in den Beinen mit einer ausgeprägten Atrophie und Schwäche der kleinen Handmuskeln einhergeht. In den letzten Jahren führten wir klinische, elektrophyiologische und molekulargenetische Studien bei Patienten und Familien mit verschiedenen Formen der spastischen Spinalparalyse durch. Wir identifizierten einige Muattionen im Spastin und Atlastin Gen bei Familien mit reiner oder komplizierter HSP. Wir untersuchten aber auch 4 Familien mit SS und bemerkten klinische Ähnlichkeiten des SS und der distalen hereditären motorischen Neuropathie (dHMN). Durch molekulargenetische Studien konnten wir den bekannten SS Lokus am Chromosom l lg12-q14 einengen und schließlich auch zeigen, dass heterozytote Mutationen im kongenitalen Berardinelli Seip Syndrom Gen (BSCL2) sowohl bei SS als bei bei verschiedenen Formen der dHMN vorkommen und die beiden Erkrankungen somit tatsächlich phänotypische Extremformen einer Erkrankung mit gleichem genetischen Ursprung darstellen. Dieses Forschungsprojekt ist ein Folgeprojekt des 1. österreichischen HSP-Projekts (FWF, P15378) und bezweckt die Rekrutierung und Untersuchung weiterer HSP und dHMN Patienten, um die Prävalenz dieser Erkrankungen in Österreich einzuschätzen. Das Klonieren von Genen und die Identifikation von Mutationen verschiedener Varianten der HSP und der dHMN wird zukünftig Einsicht in die Ursache dieser Erkrankungen erlauben. Die Kenntnis solcher Gene hat einen hohen Stellenwert in der Diagnose und ermöglicht neue Perspektiven für funktionelle Studien. Weiters erlaubt sie eine gezielte genetische Beratung, die vor allem in schweren und fi-iüh beginnenden Fällen von großer Bedeutung ist.
Im Rahmen des oben genannten Projektes wurden seit Projektbeginn im Juni 2004 bis zum Projektabschluss am 31.1.2006 Familien und Patienten bzw. Familienmitglieder mit reiner und komplizierter hereditärer spastischer Spinalparalyse (HSP) rekrutiert, klinisch und elektrophysiologisch untersucht und Blut für DNA-Analysen gewonnen. Dabei wurden Patienten insbesondere aus den Bundesländern Steiermark, Oberösterreich, Niederösterreich, Wien, Salzburg und Kärnten in die Studie einbezogen. Es konnte gezeigt werden, dass die HSP auch in Österreich genetisch sehr heterogen ist. Es wurden Mutationen in den bekannten Genen Spastin und Atlastin nachgewiesen und auch ein neues Gen, das BSCL2-Gen (in Teil 1 des Österreichischen HSP- Projektes) identifiziert. Im Zuge dieses Projektes wurden nun neuerlich weitere Familien und Patienten mit dHMN-V und Silver Syndrom aus dem In- und Ausland rekrutiert, untersucht und die Diagnose genetisch bestätigt bzw. ausgeschlossen. 90 Fälle mit dHMN-V bzw. Silver-Syndrom und der N88S Mutation wurden ausführlich phänotypisch und genotypisch ausgewertet und in einer hochrangigen neurologischen Zeitschrift publiziert (siehe Beilage). Zusätzlich wurde das GARS Gen in die genetische Analyse inkludiert, welches kürzlich als 2. Ursache für die dHMN-V und das CMT2D Syndrom publiziert wurde. Zur Auswertung kamen weitere 33 Familien mit dHMNV/CMT2D und Silver-Syndrom, sowie 68 Individuen mit unklarem phänotypischen Subtyp einer dHMN, die nur hinsichtlich einer Mutation im Exon 3 des BSCL2 Gens untersucht wurden. Insgesamt wurden unter den 33 Patienten und Familien 4 Mutationen im BSCL2-Gen und eine neue Mutation im GARS-Gen identifiziert. Dieses Ergebnis unterstreicht die außerordentliche genetische Heterogenität dieser Erkrankungen (Publikation in Vorbereitung, wird demnächst eingereicht). Diese Arbeiten erfolgten wieder in enger Kooperation mit einigen ausländischen Institutionen (Deutschland, England, Italien, Australien, Ungarn, etc). Zusammenfassend kann gesagt werden, dass durch das Österreichische HSP-Projekt(Teil 1 und 2) die Forschung, aber auch die Diagnostik auf dem Gebiet der hereditären spastischen Spinalparalysen in Österreich initiiert wurde, ein neues Gen mit dieser Erkrankung in Zusammenhang gebracht und wichtige epidemiologische Erkenntnisse gewonnen werden konnten, von denen zukünftig auch betroffene Personen unmittelbar profitieren werden.
Research Output
- 642 Zitationen
- 5 Publikationen
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2008
Titel Hereditary sensory neuropathy type I DOI 10.1186/1750-1172-3-7 Typ Journal Article Autor Auer-Grumbach M Journal Orphanet Journal of Rare Diseases Seiten 7 Link Publikation -
2005
Titel Phenotypes of the N88S Berardinelli–Seip congenital lipodystrophy 2 mutation DOI 10.1002/ana.20410 Typ Journal Article Autor Auer-Grumbach M Journal Annals of Neurology Seiten 415-424 -
2007
Titel Hereditary Spastic Paraplegia 3A Associated With Axonal Neuropathy DOI 10.1001/archneur.64.5.706 Typ Journal Article Autor Ivanova N Journal Archives of Neurology Seiten 706-713 -
2007
Titel Further evidence for genetic heterogeneity of distal HMN type V, CMT2 with predominant hand involvement and Silver syndrome DOI 10.1016/j.jns.2007.06.047 Typ Journal Article Autor Rohkamm B Journal Journal of the Neurological Sciences Seiten 100-106 Link Publikation -
2006
Titel MFN2 mutation distribution and genotype/phenotype correlation in Charcot–Marie–Tooth type 2 DOI 10.1093/brain/awl126 Typ Journal Article Autor Verhoeven K Journal Brain Seiten 2093-2102 Link Publikation