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Märkte für Vertrauensgüter - Theorie und Experimente

Credence goods markets - Theory and experiments

Rudolf Kerschbamer (ORCID: 0000-0002-7666-7157)
  • Grant-DOI 10.55776/P20796
  • Förderprogramm Einzelprojekte
  • Status beendet
  • Projektbeginn 01.10.2008
  • Projektende 30.09.2013
  • Bewilligungssumme 333.716 €
  • Projekt-Website

Wissenschaftsdisziplinen

Wirtschaftswissenschaften (100%)

Keywords

    Credence goods, Non-standard preferences, Experiments, Theory, Efficiency, Markets

Abstract Endbericht

Vertrauensgüter (wie eine Arztbehandlung oder eine Autoreparatur) zeichnen sich dadurch aus, dass Konsumenten den Nutzen aus dem Vertrauensgut erst im Nachhinein feststellen können, dass sie aber selbst im Nachhinein nicht verifizieren können, ob die erhaltene Qualität die im Vorhinein notwendige ist. Konsumenten können die Qualität des Vertrauensgutes unter Umständen nicht einmal im Nachhinein erkennen. Ein Experte (meist gleichzeitig der Verkäufer) jedoch kann durch eine Diagnose die Qualität des Gutes bestimmen, die der Konsument braucht. Dann kann der Experte die richtige Qualität zum richtigen Preis anbieten oder er kann die Informationsasymmetrie zwischen Käufer und Verkäufer ausnutzen, indem er ein Gut unzureichender bzw. unnötig hoher Qualität bereitstellt (undertreatment bzw. overtreatment) oder einen zu hohen Preis dafür verlangt (overcharging). Insgesamt können auf Märkten für Vertrauensgüter also gleich mehrere Ineffizienzen auftreten. Wir analysieren die Märkte für Vertrauensgüter theoretisch und im Rahmen eines groß angelegten ökonomischen Experiments. Im theoretischen Teil erweitern wir existierende Modelle zu Vertrauensgütern durch die Berücksichtigung von Präferenzen, die über die Maximierung der eigenen Auszahlung hinaus erlauben, dass Experten eine intrinsische Motivation für die Bereitstellung des passenden Gutes und/oder für eine ehrliche Bepreisung desselben haben oder dass Experten ungleichheitsavers gegenüber den Konsumenten sind und sie deswegen die Güter mit der passenden Qualität bereitstellen. Zusätzlich zu dieser Form von nicht-standard Präferenzen (non-standard preferences) betrachten wir auch noch den Einfluss von Reputationsbildung und Wettbewerb auf Märkten für Vertrauensgüter. In diesem theoretischen Rahmen untersuchen wir zentrale Fragen wie: a) Können Nicht-standard-Präferenzen die Ineffizienzen auf Märkten für Vertrauensgüter vermindern? b) Werden Verkäufer mit nicht-standard Präferenzen durch profitmaximierende Anbieter aus dem Markt gedrängt? c) Haben Verkäufer mit Standard-Präferenzen einen Anreiz, Verkäufer mit Nicht-standard-Präferenzen zu imitieren? d) Erhöhen Wettbewerb und/oder Reputationsmechanismen die Effizienz auf Märkten für Vertrauensgüter? Die theoretischen Vorhersagen unserer Modelle werden einem experimentellen Test unterzogen, um die Verhaltensrelevanz der alternativen Vorhersagen und die Wirksamkeit verschiedener institutioneller Rahmenbedingungen (wie Haftungsregeln, Reputations-mechanismen oder Wettbewerb) zu überprüfen. Wir erwarten von unserer theoretischen und experimentellen Arbeit wirtschaftspolitisch relevante Einsichten für die institutionell optimale Ausgestaltung von Märkten für Vertrauensgüter.

Dieses Projekt hat das Verhalten von Agenten auf Märkten für Vertrauensgüter sowohl theoretisch als auch mit Hilfe von Labor- und Feldexperimenten erforscht. Vertrauensgüter (wie Autoreparaturen, medizinische Behandlungen und Taxifahrten in einer fremden Stadt) sind Güter und Dienstleistungen, bei denen Fachleute besser über die Bedürfnisse ihrer Kunden Bescheid wissen, als die Kunden selbst und bei denen die Kunden oft selbst im Nachhinein die Qualität des erhaltenen Gutes nicht erkennen können. Dabei können Experten ihre Kunden auf zwei Arten übervorteilen: Zum einen können sie Leistungen in Rechnung stellen, die gar nicht erbracht wurden, Ökonomen sprechen dann von Überbezahlung. Zum anderen können die tatsächlich erbrachten Leistungen nicht den wahren Bedürfnissen der Kunden entsprechen: Eine Unterversorgung liegt vor, wenn statt der notwendigen aufwändigen und teuren, eine einfache und billigere Leistung erbracht wird. Wo statt der notwendigen günstigen, eine kostspielige Leistung verkauft wird, spricht man hingegen von Überversorgung. In einem groß angelegten Laborexperiment haben wir überprüft, welche institutionellen Rahmenbedingungen Kunden besonders gut vor Übervorteilungen schützen. Im Labor zeigte sich, dass Haftungsregeln nicht nur das Handelsvolumen, sondern auch die Effizienz des Marktes stark erhöhen. Dabei beseitigen solche Regeln nur das Problem der Unterversorgung, die Probleme der Überversorgung und der Überbezahlung bleiben davon dagegen unberührt. Einen Hinweis darauf, dass Überversorgung auf realen Märkten für Vertrauensgüter zu erheblichen Effizienzverlusten führt, liefert eine Nachfolgestudie. Sie zeigt, dass die Überbehandlungsrate sprunghaft steigt, wenn das Laborexperiment statt mit Studierenden mit Mechanikern durchgeführt wird. Eine theoretische Vorhersage konnten wir in den Laborexperimenten nicht bestätigen: Eigentlich sollten Märkte für Vertrauensgüter auch ohne Haftungsregeln gut funktionieren, wenn die Kunden feststellen können, welche Leistungen sie tatsächlich vom Experten erhalten haben, wenn Überbezahlung also ausgeschlossen ist. In den Laborexperimenten hatte diese Form der Nachprüfbarkeit aber keinen Einfluss auf die Effizienz von Märkten. In einer theoretischen Arbeit zeigen wir, dass eine plausible Ursache für die Abweichung von der theoretischen Vorhersage in der Tatsache zu finden ist, dass das Verhalten vieler Menschen in ökonomischen Entscheidungen von Faktoren abhängt, die über materielles Eigeninteresse hinausgehen. Konkret konzentrieren wir uns in dieser Arbeit auf "Verteilungspräferenzen", bei denen das Wohlbefinden eines Individuums nicht nur vom eigenen Einkommen, sondern auch vom (materiellen) Wohlbefinden anderer Personen abhängt. Eine wichtige Schlussfolgerung dieser Arbeit für die Praxis ist, dass es oft wichtiger ist, einen Experten mit den richtigen Präferenzen zu finden, als Institutionen so zu formen, dass sie für genau einen Idealtypus von Individuum gut funktionieren. In einer weiteren Arbeit untersuchen wir sowohl theoretisch als auch experimentell den Einfluss von "Schuldaversion" auf das Funktionieren von Märkten für Vertrauensgüter. Eine wichtige Einsicht dieser Arbeit ist, dass auch "weiche" Faktoren, wie unverbindliche Versprechen, die Effizienz erhöhen können. In zwei Feldstudien untersuchen wir, wie Taxifahrer ihren Informationsvorteil gegenüber Passagieren ausnutzen. Die Ergebnisse der ersten Studie zeigen, dass Taxifahrer ortsunkundige und tarifunkundige Konsumenten unterschiedlich übervorteilen. Eine wichtige Einsicht dieser Arbeit ist, dass es vorteilhaft für einen Ortsfremden sein kann, wenn er sich ortskundig gibt. In der zweiten Taxi Studie zeigen wir, dass Taxifahrer ihren Informationsvorsprung gegenüber ihren Kunden stärker ausnutzen, wenn sie glauben, dass nicht die Kunden, sondern deren Arbeitgeber die Rechnung begleichen.

Forschungsstätte(n)
  • Universität Innsbruck - 100%

Research Output

  • 944 Zitationen
  • 18 Publikationen
Publikationen
  • 2010
    Titel Guilt from Promise-Breaking and Trust in Markets for Expert Services: Theory and Experiment
    DOI 10.2139/ssrn.1575860
    Typ Preprint
    Autor Beck A
    Link Publikation
  • 2009
    Titel The Economics of Credence Goods: On the Role of Liability, Verifiability, Reputation and Competition
    DOI 10.2139/ssrn.1359217
    Typ Preprint
    Autor Dulleck U
    Link Publikation
  • 2016
    Titel What is trustworthiness and what drives it?
    DOI 10.1016/j.geb.2016.05.008
    Typ Journal Article
    Autor Cox J
    Journal Games and Economic Behavior
    Seiten 197-218
    Link Publikation
  • 2016
    Titel How Social Preferences Shape Incentives in (Experimental) Markets for Credence Goods*
    DOI 10.1111/ecoj.12284
    Typ Journal Article
    Autor Kerschbamer R
    Journal The Economic Journal
    Seiten 393-416
    Link Publikation
  • 2015
    Titel The hidden costs of tax evasion. Collaborative tax evasion in markets for expert services
    DOI 10.1016/j.jpubeco.2015.06.003
    Typ Journal Article
    Autor Balafoutas L
    Journal Journal of Public Economics
    Seiten 14-25
    Link Publikation
  • 2015
    Titel Second-Degree Moral Hazard in a Real-World Credence Goods Market*
    DOI 10.1111/ecoj.12260
    Typ Journal Article
    Autor Balafoutas L
    Journal The Economic Journal
    Seiten 1-18
    Link Publikation
  • 2015
    Titel The geometry of distributional preferences and a non-parametric identification approach: The Equality Equivalence Test
    DOI 10.1016/j.euroecorev.2015.01.008
    Typ Journal Article
    Autor Kerschbamer R
    Journal European Economic Review
    Seiten 85-103
    Link Publikation
  • 2015
    Titel The Hidden Costs of Tax Evasion: Collaborative Tax Evasion in Markets for Expert Services
    DOI 10.2139/ssrn.2615249
    Typ Preprint
    Autor Balafoutas L
    Link Publikation
  • 2012
    Titel The Good, the Bad and the Naive: Do Fair Prices Signal Good Types or Do They Induce Good Behaviour?
    DOI 10.2139/ssrn.2047277
    Typ Preprint
    Autor Dulleck U
    Link Publikation
  • 2014
    Titel Car mechanics in the lab––Investigating the behavior of real experts on experimental markets for credence goods
    DOI 10.1016/j.jebo.2014.09.008
    Typ Journal Article
    Autor Beck A
    Journal Journal of Economic Behavior & Organization
    Seiten 166-173
    Link Publikation
  • 2012
    Titel Distributional preferences and competitive behavior
    DOI 10.1016/j.jebo.2011.06.018
    Typ Journal Article
    Autor Balafoutas L
    Journal Journal of Economic Behavior & Organization
    Seiten 125-135
    Link Publikation
  • 2011
    Titel The Economics of Credence Goods: An Experiment on the Role of Liability, Verifiability, Reputation, and Competition
    DOI 10.1257/aer.101.2.526
    Typ Journal Article
    Autor Dulleck U
    Journal American Economic Review
    Seiten 526-555
  • 2013
    Titel Second-Degree Moral Hazard in a Real-World Credence Goods Market
    DOI 10.2139/ssrn.2363201
    Typ Preprint
    Autor Balafoutas L
    Link Publikation
  • 2013
    Titel Second-Degree Moral Hazard in a Real-World Credence Goods Market
    DOI 10.2139/ssrn.2353332
    Typ Preprint
    Autor Balafoutas L
    Link Publikation
  • 2013
    Titel Shaping beliefs in experimental markets for expert services: Guilt aversion and the impact of promises and money-burning options
    DOI 10.1016/j.geb.2013.05.002
    Typ Journal Article
    Autor Beck A
    Journal Games and Economic Behavior
    Seiten 145-164
    Link Publikation
  • 2013
    Titel What Drives Taxi Drivers? A Field Experiment on Fraud in a Market for Credence Goods
    DOI 10.1093/restud/rds049
    Typ Journal Article
    Autor Balafoutas L
    Journal Review of Economic Studies
    Seiten 876-891
    Link Publikation
  • 2011
    Titel What Drives Taxi Drivers? A Field Experiment on Fraud in a Market for Credence Goods
    DOI 10.2139/ssrn.1851334
    Typ Preprint
    Autor Balafoutas L
    Link Publikation
  • 2011
    Titel What Drives Taxi Drivers? A Field Experiment on Fraud in a Market for Credence Goods
    DOI 10.2139/ssrn.1842097
    Typ Preprint
    Autor Balafoutas L
    Link Publikation

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