Propriozeption in den äußeren Augenmuskeln von Säugetieren
Proprioception in Extraocular Muscles of Mammals
Wissenschaftsdisziplinen
Biologie (40%); Medizinisch-theoretische Wissenschaften, Pharmazie (60%)
Keywords
-
Proprioception,
Cholinergic,
Extraocular Muscle,
Neuronal Tracing,
Palisade Ending,
Primate
Genaue Kenntnis über die Lage der Objekte im Raum ist von praktischer Bedeutung für Handlungen des täglichen Lebens. Einfache Tätigkeiten wie das Ergreifen von Gegenständen aber auch komplexe Tätigkeiten wie Auto fahren benötigen räumliche Information. Um die Position von Objekten im Raum zu bestimmen, braucht unser Zentralnervensystem Information über die Augenposition um einen Kontext mit dem Bild der Retina zu bilden. Es wird angenommen, dass die Information über die Augenposition von sensorischen Organen (Propriozeptoren) der äußeren Augenmuskeln stammt. Vergleichende Untersuchungen an Menschen und anderen Säugetieren zeigten, dass klassische Propriozeptoren (Muskelspindeln und Golgi Sehnen Organe) in den äußeren Augenmuskeln der meisten Spezies fehlen. Dogiel (1906) war einer der ersten, der Palisadenendigungen (innervierte Muskel-Sehnen Zylinder) in den äußeren Augenmuskeln verschiedener Säugetiere entdeckte. Bis heute wurden Palisadenendigungen in allen untersuchten Spezies einschließlich des Menschen nachgewiesen und es wurde vermutet, dass Palisadenendigungen eine alternative Form sensorischer Endigungen darstellen. Obwohl physiologische Experimente fehlen, herrscht heute tatsächlich Übereinstimmung, dass Palisadenendigungen sensorische Organe sind, und manche Autoren nehmen an, dass sie der prinzipielle Propriozeptor Typ der äußeren Augenmuskeln sind. In unserem vorigen FWF-Projekt haben wir die molekularen Merkmale von Palisadenendigungen analysiert. Durch immunhistochemische Methoden bewiesen wie, dass Palisadenendigungen cholinerge Strukturen sind. Unsere überraschenden Befunde, lassen im Prinzip zwei Interpretationen zu: Palisadenendigungen sind cholinerg- sensorisch oder Palisadenendigungen sind Effektoren, die Kollagenfasern mit einbeziehen. Die Diskussion über die funktionelle Bedeutung der Palisadenendigungen ist neu entfacht. Bis heute herrscht Unklarheit über die zentralnervösen Verbindungen der Palisadenendigungen. Falls Palisadenendigungen sensorisch sind, würden sich ihre Perikaryen im Ganglion trigeminale befinden, falls motorisch, in einem der motorischen Kerne der Augenmuskeln. In dem beantragten Projekt wollen wir beide Hypothesen überprüfen. Wir wollen die Hypothese überprüfen, dass Palisadenendigungen motorisch sind, indem wir feststellen ob sie von Axonen motorischer Neurone gebildet werden (Ziel 1). Wir wollen auch die Gegenhypothese überprüfen, dass Palisadenendigungen sensorisch sind und von Axonen, sensibler trigeminaler Neurone gebildet werden (Ziel 2). Diese Befunde würden unsere molekularen Daten aus dem vorherigen Projekt ergänzen. Palisadenendigungen kommen auch in den äußeren Augenmuskeln des Menschen vor. Bei vielen Schieloperationen wird die distale Sehne der Augenmuskeln teilweise reseziert. Andere Schielchirurgen falten die Sehne um die Palisadenendigungen zu schonen. Unsere neuen Befunde, dass Palisadenendigungen möglicherweise Effektoren sind, können dahin gehend interpretiert werden, dass eine Resektion der Sehne keinen Nebeneffekt hat. Mehr Information über die Funktion von Palisadenendigungen würde daher auch von klinischer Bedeutung sein.
In diesem Forschungsprojekt wurden unsere früheren Untersuchungen fortgesetzt und gezeigt, dass spezielle Nervenendigungen (Palisadenendigungen) in den Augenmuskeln von Säugetieren motorische Eigenschaften besitzen. Um Gegenstände exakt im Raum zu lokalisieren, braucht das Gehirn Information in welche Richtung unsere Augen blicken. Diese Information soll von speziellen Sensoren (Propriozeptoren) in den Augenmuskeln kommen. Überaschenderweise fehlen klassische Propriozeptoren, wie sie in der Skelettmuskultur vorkommen in den Augenmuskeln der meisten Säugetiere mit Ausnahme der Paarhufer. Stattdessen findet man bei allen bis jetzt untersuchten Säugetieren inklusive des Menschen Palisadenendigungen. In der Fachliteratur überwiegt die Meinung, dass Palisadenendigungen Sensoren sind. In einem früheren vom FWF geförderten Projekt, untersuchte unsere Forschungsgruppe erstmals die molekularen Eigenschaften von Palisadenendigungen. Es wurde gezeigt, dass Palisadenendigungen Gemeinsamkeiten mit motorischen Nervenendigungen aufweisen. Dieser überraschende Befund hat die Debatte über die Funktion der Palisadenendigungen neu eröffnet.In dem gegenwärtigen Projekt war es das Ziel zu klären von wo im Gehirn die Nervenfasern kommen, die Palisadenendigungen bilden. Wenn Palisadenendigungen tatsächlich Sensoren sind, dann sollte ihr Ursprung in einem sensiblen Hirnareal (Ganglion trigeminale) sein. Wenn diese Organe Effektoren sind, sollte ihr Ursprung in einem motorischen Hirngebiet (motorische Kerne für Augenmuskeln) liegen. Zur Klärung dieser Frage wurden neuronale Tracing Methoden eingesetzt. Tracing Techniken ermöglichen es Nerven selektiv zu markieren und von ihrem Ursprung bis zu ihrem Ziel zu verfolgen. In Kombination mit immunhistochemischen Methoden konnte gezeigt werden, dass der Ursprung von Palisadenendigungen in den motorischen Hirnnervenkernen der Augenmuskeln liegt und sie deshalb als Effektoren zu interpretieren sind. Möglicherweise steuern sie fein abgestimmte Augenbewegungen wie sie beim Lesen oder Fixieren von nahen Objekten notwendig sind. Unsere Befunde sind auch von klinischer Relevanz. Da Palisadenendigungen in den Augenmuskeln des Menschen vorkommen, sind sie für die Schielchirurgie von besonderem Interesse.
- Angel Manuel Pastor, Universidad de Sevilla - Spanien
- Paul J. May, University of Mississippi Medical Center - Vereinigte Staaten von Amerika
Research Output
- 170 Zitationen
- 10 Publikationen
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2025
Titel Extraocular Muscles: Proprioception and Proprioceptors DOI 10.1016/b978-0-443-13820-1.00028-1 Typ Book Chapter Autor Blumer R Verlag Elsevier Seiten 399-407 -
2021
Titel MIF versus SIF Motoneurons, What Are Their Respective Contribution in the Oculomotor Medial Rectus Pool? DOI 10.1523/jneurosci.1480-21.2021 Typ Journal Article Autor Carrero-Rojas G Journal The Journal of Neuroscience Seiten 9782-9793 Link Publikation -
2022
Titel Eye Movements But Not Vision Drive the Development of Palisade Endings DOI 10.1167/iovs.63.11.15 Typ Journal Article Autor Carrero-Rojas G Journal Investigative Ophthalmology & Visual Science Seiten 15 Link Publikation -
2023
Titel Proprioceptors in extraocular muscles DOI 10.1113/ep090765 Typ Journal Article Autor Blumer R Journal Experimental Physiology Seiten 17-26 Link Publikation -
2020
Titel Palisade Endings Have an Exocytotic Machinery But Lack Acetylcholine Receptors and Distinct Acetylcholinesterase Activity DOI 10.1167/iovs.61.14.31 Typ Journal Article Autor Blumer R Journal Investigative Ophthalmology & Visual Science Seiten 31-31 Link Publikation -
2009
Titel Palisade endings are present in canine extraocular muscles and have a cholinergic phenotype DOI 10.1016/j.neulet.2009.09.023 Typ Journal Article Autor Rungaldier S Journal Neuroscience Letters Seiten 199-203 Link Publikation -
2009
Titel Ultrastructural and Molecular Biologic Comparison of Classic Proprioceptors and Palisade Endings in Sheep Extraocular Muscles DOI 10.1167/iovs.09-3902 Typ Journal Article Autor Rungaldier S Journal Investigative Ophthalmology & Visual Science Seiten 5697-5706 Link Publikation -
2016
Titel Palisade Endings Are a Constant Feature in the Extraocular Muscles of Frontal-Eyed, But Not Lateral-Eyed, AnimalsPalisade Endings in Extraocular Muscles of Mammals DOI 10.1167/iovs.15-18716 Typ Journal Article Autor Blumer R Journal Investigative Ophthalmology & Visual Science Seiten 320-331 Link Publikation -
2010
Titel Evidence that the extraocular motor nuclei innervate monkey palisade endings DOI 10.1016/j.neulet.2010.11.072 Typ Journal Article Autor Zimmermann L Journal Neuroscience Letters Seiten 89-93 Link Publikation -
2013
Titel Axons Giving Rise to the Palisade Endings of Feline Extraocular Muscles Display Motor Features DOI 10.1523/jneurosci.4116-12.2013 Typ Journal Article Autor Zimmermann L Journal The Journal of Neuroscience Seiten 2784-2793 Link Publikation