Zelluläre Effekte von Kohlenstoff-Nanoröhren

Nanostrukturierte Materialien (NM) zeigen gegenüber makrostrukturierten Materialen der gleichen Zusammensetzung veränderte physikochemische Eigenschaften und zeichnen sich in der Regel durch höhere Toxizität aus. Im Licht des zu erwartenden breiten Einsatzes von NM auch im medizinischen Bereich, ist es wichtig die toxischen Eigenschaften der hierfür eingesetzten NM zu kennen. Besonders Kohlenstoff-Nanoröhren (carbon nanotubes, CNTs) sind exzellente Kandidaten für bildgebende Verfahren und als spezifische Medikamentenabgabe-Systeme. Als Ziel potenzieller Toxizität stehen Epithelzellen und phagozytierende Zellen im Vordergrund, da sie an allen Eintrittspforten des Körpers für NM vorhanden sind. Neben akuter Schädigung in Form von Zytotoxizität und Genotoxizität kann es wegen der fehlenden Abbaubarkeit der CNTs zu Akkumulation in der Zelle mit nachfolgender Zellschädigung kommen. Chronische Exposition kann zu Fehlfunktion von Phagozyten, chronischen Entzündungszuständen oder lysosomaler Dysfunktion führen. Diese chronischen Effekte wurden bisher kaum beachtet, haben aber bei einer immer älter werdenden Bevölkerung große Bedeutung. Im eingereichten Projekt soll daher systematisch die Bedeutung zweier für die Toxizität von CNTs entscheidender Parameter untersucht werden. Dies ist zum einen die Hydrophilizität zum anderen die Geometrie der CNTs. Die zellulären Effekte auf phagozytierende und nicht phagozytierende Zellen sollen bei akuter und chronischer Exposition erfasst werden. Hydrophobe (unbehandelte) und hydrophile (mit Carboxylgruppen funktionalisierte) CNTs mit unterschiedlichen Durchmessern sowie unbehandelte und mit Carboxylgruppen funktionalisierte Polystyrol Partikel sollen zunächst physiko-chemisch charakterisiert werden. Anschließend wird deren zytotoxische Aktion und dynamische Interaktion mit Zellen überprüft. Zusätzlich werden Nekrose, Apoptose, Proliferation sowie Radikalbildung nach Kurzzeit und Langzeitexposition untersucht. Zur Aufdeckung von subtilen Schädigungen bei chronischer Exposition werden Transkriptionsanalysen der exponierten Zellen durchgeführt. Der Effekt zellulärer Akkumulation in Lysosomen wird durch Bestimmung von Lysosomenmenge und -aktivität mittels Farbstoffaufnahme und Aktivitätstest von Cathepsin B und L bestimmt. Genotoxische Wirkungen werden über die Quantifizierung von Mikrokernen, den Nachweis des Doppelstrangmarkers yH2AX und der Anzahl von Genmutationen der Hypoxanthin-guanin phosphoribosyltransferase identifiziert. Der Einfluss auf die Makrophagenfunktion wird anhand Phagozytose, Chemotaxis und der Produktion von Zytokinen, Nitritoxid und Superoxid evaluiert. Durch diese Studie ist es möglich, den Beitrag von Oberflächenfunktionalisierung und der geometrischen Verhältnisse auf akute und chronische zelluläre Effekte von CNTs zu erkennen. Dies ist ein wichtiger Beitrag zur Entwicklung von weniger toxischen Kohlenstoff-Nanoröhren.

Kohlenstoffnanoröhren (Carbon nanotubes, CNTs) werden in vielen industriellen Produkten eingesetzt. Für einen möglichen Einsatz in Diagnose und Therapie von Krankheiten muss sichergestellt sein, dass sie untoxisch sind. Herkömmliche (lange) CNTs haben zytotoxische, proinflammatorische und genotoxische Wirkung, wobei ein hohes Längen- zu Durchmesser Verhältnis, auch aspect ratio genannt, für die toxische Wirkung verantwortlich zu sein scheint. Für den medizinischen Einsatz sind daher vor allem kurze CNTs geplant. Im Projekt wurden kurze (<2m) CNTs mit und ohne Funktionalisierung mit Carboxylgruppen in unterschiedlichen Durchmessern auf ihre zelluläre Wirkung getestet, wobei zunächst der Einfluss des Suspensionsmediums auf Größe und Oberflächenladung der CNTs bestimmt wurde. Es stellte sich heraus, dass die nominal 2m großen CNTs in den Expositionslösungen unter 500nm groß waren und dünne CNTs Bündel von etwa 1m Länge bildeten. In den Untersuchungen wurden besonders Epithelzellen und phagozytierende Zellen verwendet, da diese Zelltypen an den Eintrittspforten der häufigsten Expositionen mit CNTs, Inhalation und intravenöse Applikation, vorhanden sind. Sie wurden bis zu 4 Wochen mit CNTs exponiert und ihre Reaktion anhand Zytotoxizitätstests und weiterführenden Tests zur Analyse der Schädigung (Proliferation, Apoptose, Induktion von zellulärem Stress) sowie mit genomischen Expressionsprofilen analysiert. Zusätzlich wurde die Genotoxizität dieser CNTs untersucht. Obwohl alle Partikel in ähnlichem Ausmaß von den Zellen aufgenommen wurden, zeigten nur die mit Carboxylgruppen funktionalisierten dünnen CNTs in einem für die menschliche Exposition relevanten Konzentrationsbereich eine schädigende Wirkung. Unsere Untersuchungen legen nahe, dass sich kurze CNTs aufgrund ihrer Biokompatibilität für den medizinischen Einsatz eignen könnten.