Interpretation der LHC Daten mittels Simplified Models
Interpretation of LHC data with Simplified Models
Wissenschaftsdisziplinen
Mathematik (10%); Physik, Astronomie (90%)
Keywords
-
Simplified Models,
LHC,
Supersymmetry,
Naturalness,
Fittino,
Likelihoods
Grundlage dieses Projekts ist die Interpretation der LHC Resultate im Kontext verschiedener Physikszenarien jenseits des Standardmodells ("BSM-Physik") auf Basis von Simplified-Models-Spektren (SMS). SMS sind effektive Modelle, die einen begrenzten Satz an neuen Teilchen einführen. Sie dienen dazu, sowohl negative als auch positive Resultate der Suchen nach BSM-Physik in der Sprache der theoretischen Physik zu beschreiben. Aussagen über fundamentale Physik können somit ohne detailliertes Verständnis der experimentellen Analysen getätigt werden. Wir werden Regionen in Modellparameterräumen identifizieren, die prinzipiell von LHC-Resultaten ausgeschlossen werden können, aber derzeit von keiner bestehenden Analyse abgedeckt werden. Des weiteren wollen wir die Frage nach einer "natürlichen" Lösung des Hierarchieproblems mittels SMS beantworten, und den experimentellen Gruppen, die nach neuer Physik suchen, Information liefern, welche Wege in der Suche nach neuer Physik weiter verfolgt werden sollten. Im Falle positiver Suchresultate werden wir auch das potenzielle Signal mithilfe von SMS beschreiben und Vorschläge machen, wo nach weiteren Signalen gesucht werden sollte. Ein von uns entwickeltes Softwarepaket ("SModelS") ist derzeit als Prototyp verfügbar. Es zerlegt ein BSM- Modell in sein Simplified-Models-Spektrum und vergleicht anschließend die einzelnen SMS-Topologien mit den experimentellen Resultaten in unserer Datenbank. In diesem Projekt werden wir die Idee hinter "SModelS" zur vollen Reife bringen. Dazu werden wir die Software von einem Prototypen zu einem robusten Programmpaket ausbauen und danach systematisch auf BSM-Theorien anwenden, beginnend mit einer natürlichen supersymmetrischen Theorie. Um die Sensitivität unseres Ansatzes weiter zu erhöhen, planen wir, manche der Analysen zu reimplementieren, und sie dann für zusätzliche Simplified Models neu zu interpretieren. Im Rahmen dieses Projektes wird das Programmpaket "SModelS" auch im "Fittino"-Projekt eingesetzt. "Fittino" reimplementiert die LHC-Analysen ausserhalb der experimentellen Kollaborationen, und passt damit fundamentale Physikmodelle an die experimentellen Daten an. In einem ersten Schritt werden wir "SModelS" als Diagnosewerkzeug einsetzen, um die Auswahl der für ein spezielles Modell relevanten Analysen auf eine systematische Art und Weise zu treffen. In einem zweiten Schritt werden wir die SMS- Resultate im Rahmen von "Fittino" umfassender nutzen, indem wir die fundamentalen Modelle nicht nur an die reimplementierten Analysen, sondern auch an die SMS-Resultate anpassen. Des weiteren wird das einseitige 95%-ige Konfidenzintervall für die Produktionswirkungsquerschnitte durch eine Plausibilitätsschätzung (Maximum Likelihood Estimation) ersetzt werden. Für die zweite Hälfte des Projektes erwarten wir die ersten experimentellen Resultate des LHC bei einer Schwerpunktsenergie von 13 TeV. Wir werden unsere Datenbank entsprechend aktualisieren und unsere bisherigen Ergebnisse mit den neuesten Daten und einem erweiterten statistischen Verfahren erneut publizieren. Letztendlich ist unsere Vision, von den SMS-Resultaten ausgehend systematisch das "nächste Standardmodell" zu konstruieren.
Als im Juli 2012 die Entdeckung des Higgsbosons verkündet wurde, endete eine jahrzehntelange Suche auf das letzte fehlende Puzzlestück im Standardmodell der Teilchenphysik. Diese Errungenschaft führt jedoch augenblicklich zur nächsten fundamentalen Frage: warum ist die Masse des neuen Teilchens so niedrig? Gibt es einen mathematischen Mechanismus der sie gegen quantenmechanische Beiträge von - unbekannter - Physik bei hohen Energien schützt?Zur damaligen Zeit schien die plausibelste Antwort die ,,Supersymmetrie": eine Theorie die eine fundamentale Symmetrie zwischen fermionischen Materieteilchen und bosonischen Energieteilchen postuliert. Beide Arten von Teilchen, Bosonen und Fermionen würden gleichermaßen zur Masse des Higgsbosons beitragen - jedoch mit entgegengesetzten Vorzeichen; die Beiträge würden sich aufheben. Dieser Ansatz machte die Vorhersage, dass neben dem Higgsboson auch supersymmetrische Teilchen gefunden werden sollten, aber keinerlei derartige Hinweise fand sich bisher in den Daten. Ist infolgedessen, die Idee der Supersymmetrie aufzugeben? Sollen wir nach Alternativen suchen? Oder sollen wir gar die Hoffnung aufgeben, eine ,,natürliche" Antwort auf das sogenannte ,,Hierarchieproblem" des Higgs aufgeben, und einfach die Idee annehmen, dass unser Universum auf eine gewisse Weise sehr speziell ist? Im Rahmen dieses Projektes gaben wir Antworten auf manche dieser Fragen. Aufbauend auf dem Konzept der ,,vereinfachten Modelle", entwickelten wir ein Softwareframework SModelS, das fundamentale Theorien wie die Supersymmetrie in einfachere Bausteine zerlegt, die in einem zweiten Schritt mit direkt mit einer von uns entwickelten Datenbank an LHC Resultaten verglichen werden kann. Am Ende kann somit eine Aussage darüber getätigt werden, ob die Theorie mit den LHC Daten kompatibel ist oder nicht. Diese neue Software wurde von uns auf neue Theorien angewandt, die Resultate wurden in einer Publikation präsentiert. SModelS beginnt, sich in der Gemeinschaft der Teilchenphysiker zu etablieren. Es ist unsere Hoffnung, dass wir auf dem Erfolg dieses Projektes in Zukunft aufbauen können; ist es doch unsere große Vision, dass wir das hypothetische nächste Standardmodell mittels SModelS von ,,unten nach oben" aus den LHC Daten aufbauen können.
- Suchita Chandrashekhar Kulkarni, Universität Graz , nationale:r Kooperationspartner:in
- Andre Lessa, Universidade Federal do ABC - Brasilien
- Michael Krämer, RWTH Aachen - Deutschland
- Philipp Bechtle, Rheinische Friedrich-Wilhelms-Universität Bonn - Deutschland
- Sabine Kraml, CNRS - Frankreich
- Sezen Sekmen, Sonstige Forschungs- oder Entwicklungseinrichtungen - Schweiz
Research Output
- 222 Zitationen
- 10 Publikationen
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2016
Titel SModelS: A Tool for Making Systematic Use of Simplified Models Results DOI 10.1088/1742-6596/762/1/012076 Typ Journal Article Autor Waltenberger W Journal Journal of Physics: Conference Series Seiten 012076 Link Publikation -
2018
Titel On the coverage of the pMSSM by simplified model results DOI 10.60692/j85sx-kqk68 Typ Other Autor Federico Ambrogi Link Publikation -
2018
Titel On the coverage of the pMSSM by simplified model results DOI 10.60692/1nspm-9ra41 Typ Other Autor Federico Ambrogi Link Publikation -
2018
Titel SModelS v1.1 user manual: Improving simplified model constraints with efficiency maps DOI 10.1016/j.cpc.2018.02.007 Typ Journal Article Autor Ambrogi F Journal Computer Physics Communications Seiten 72-98 Link Publikation -
2018
Titel On the coverage of the pMSSM by simplified model results DOI 10.1140/epjc/s10052-018-5660-0 Typ Journal Article Autor Ambrogi F Journal The European Physical Journal C Seiten 215 Link Publikation -
2017
Titel SModelS v1.1 user manual DOI 10.48550/arxiv.1701.06586 Typ Preprint Autor Ambrogi F -
2017
Titel On the coverage of the pMSSM by simplified model results DOI 10.48550/arxiv.1707.09036 Typ Preprint Autor Ambrogi F -
2017
Titel Characterizing simplified models for heavy Higgs decays to supersymmetric particles DOI 10.48550/arxiv.1711.00056 Typ Preprint Autor Kulkarni S -
2014
Titel SModelS: a tool for interpreting simplified-model results from the LHC and its application to supersymmetry DOI 10.1140/epjc/s10052-014-2868-5 Typ Journal Article Autor Kraml S Journal The European Physical Journal C Seiten 2868 Link Publikation -
2014
Titel SModelS v1.0: a short user guide. Typ Journal Article Autor Kraml S Journal HEPHY-PUB-945-14