Arthur Schnitzler - Kritische Edition (Frühwerk) II
Arthur Schnitzler - Critical Edition (Early Works) II
Wissenschaftsdisziplinen
Sprach- und Literaturwissenschaften (100%)
Keywords
-
Arthur Schnitzler,
Critical Edition,
Early Works
Aufgrund des verwitterten Textzustands der Leseausgaben der Werke Arthur Schnitzlers (18621931) war eine kritische Ausgabe lange Zeit Desiderat; Textstufen aus dem Nachlass waren zum größten Teil nicht ediert. Die Gründe für dieses wissenschaftliche Manko bestanden zum einen in der Nach- lasssituation selbst: 1938 wurde Schnitzlers Archiv vor der Beschlagnahme durch die Gestapo gerettet und der Cambridge University Library übergeben, wo der Werknachlass bis heute aufbewahrt wird. Den Privatnachlass (Briefe und Tagebuch) nahm Schnitzlers Sohn Heinrich bei der Rückkehr aus der Emigration nach Wien mit; dieser Teil wurde 1982 dem Deutschen Literaturarchiv in Marbach überlassen. Weitere Nachlassteile befinden sich in Wien, Exeter, Genf, Jerusalem u. a. O. Zum ande- ren gilt Schnitzlers Handschrift als extrem schwer entzifferbar; das größte abgeschlossene Nach- lassprojekt, die Edition seines Tagebuches, nahm demgemäß zwei Jahrzehnte in Anspruch (1981 2000). Innerhalb der Laufzeit des FWF-Projekts Arthur Schnitzler Kritische Edition (Frühwerk) [P 22195-G20], 1. 3. 2010 31. 8. 2014, konnten als erste kritische Ausgaben von Schnitzler-Texten die Bände Lieutenant Gustl (2011), Anatol und Sterben (2012) publiziert werden, Liebelei er- scheint im Mai 2014, Frau Bertha Garlan (2014) ist zum Druck vorbereitet (http://www.degruyter.com/view/serial/44030). Die Entscheidung für eine Printversion beruhte auf dem Angebot des De Gruyter-Verlags, ohne Druckkostenförderung zu drucken. Die Edition besteht aus den Faksimiles der Handschriften mit Transkription, einer Wiedergabe des Drucktextes mit Appa- rat der Varianten bis zur Ausgabe letzter Hand sowie einem Kommentar und Dokumenten und wird durch E-books ergänzt. Ausgehend von den Forschungsergebnissen und -fragen dieses Projekts soll nun die Weiterarbeit an der Edition erfolgen, wobei jetzt allerdings die Art der Textaufnahme verändert werden soll. Im Zu- sammenhang mit der angestrebten Kooperation mit dem mittlerweile bewilligten britischen AHRC- Projekt Digital Critical Edition of Middle-Period Works (19051913) unter Leitung von Dr. Andrew Webber sowie in Hinblick auf eine weitere Verwertbarkeit als Leseausgaben sollen die Daten in- teroperabel zur Verfügung stehen, wobei auf die Einhaltung der gültigen TEI P5 Richtlinien sowie des DTA-Basisformats des Deutschen Textarchivs geachtet wird. Das Korpus besteht aus den fünf Erzäh- lungen der Sammlung Die Frau des Weisen, dem Einakterzyklus Reigen sowie den Einaktern Der grüne Kakadu, Paracelsus und Die Gefährtin. Die betreffenden Scans der Handschriften sind von den Quelleninstitutionen (Cambridge University Library, Deutsches Literaturarchiv Mar- bach/N., National Library of Israel / Jerusalem und Fondation Martin Bodmer / Genf) anzukaufen, wobei die Handschriften zur Frau des Weisen bereits aus den Mitteln des Erstprojekts erworben werden konnten und zum größten Teil transkribiert sind. Das Projekt zielt auf die der jeweiligen Überlieferungslage angepasste Wiedergabe der Textgenese, auf die Weiterentwicklung der erarbeiteten Transkriptionsrichtlinien und Darstellung von Textschich- ten sowie einer Kontextualisierung von Textgenese und Publikationsform (Zeitschriftendruck, Einzel- ausgabe, Zyklus oder Sammlung). Mit den vorliegenden und geplanten Bänden kann die Schnitzler- Forschung erstmals auf eine editorisch gesicherte Basis gestellt werden.
Ziel des Projekts war es, die seit 2011 laufende Historisch-kritische Edition von Arthur Schnitzlers Frühwerk, die bis dato als Printausgabe (mit e-books) im de Gruyter-Verlag erschienen war, zu digitalisieren, um die Daten langfristig verfügbar zu machen; angestrebt wurde die Umstellung auf eine Hybridausgabe. Der Umstieg wurde entlang der TEI- Richtlinien vollzogen und die workflows für den Satz des Drucktextes (aus TEI nach LaTex) und für den Satz der Handschriften-Transkriptionen (aus XML nach Indesign) entwickelt. Die Ausgabe versteht sich als eine genetische und präsentiert sämtliche erhaltenen handschriftlichen Textstufen als Faksimiles in Originalgröße, versehen mit einer Transkription, die auch Streichungen, Überschreibungen und die Verschleifung von Graphen wiedergibt. Dazu kommt jeweils ein nach den verlässlichsten ersten Drucken erstellter Lesetext mit Apparat bis zu den letzten Ausgaben zu Lebzeiten, ein Kommentar sowie die Dokumentation entstehungs- und druckgeschichtlicher Zeugnisse. Schnitzlers notorisch unleserliche Handschrift und die Nachlasssituation (Aufbewahrung an der University Library in Cambridge, am Deutschen Literaturarchiv Marbach und an zahlreichen anderen Quelleninstitutionen) stellen die größten Herausforderungen dar, gefolgt von den teilweise sehr aufwändigen Recherchen (besonders zur Druckgeschichte). Mit der vorliegenden Edition ist man erstmals in der Lage, den Entstehungsprozess der Texte, von der ersten Stoffnotiz über Skizzen und verschiedene Textstufen bis zur letzten Fassung vor dem Druck nachzuverfolgen; besonders an Blumen wurde ein hochkomplexes Verfahren der Textumschichtung während des Schreibprozesses rekonstruiert. Erscheinen konnten folgende Bände: Frau Bertha Garlan (Januar 2015; schon im Vorprojekt vorbereitet); Die Frau des Weisen (März 2016) Die Toten schweigen (Juni 2016) Ein Abschied (September 2016) Der Ehrentag (April 2017) Blumen (Dezember 2017; nach einem weiteren Begutachtungsverfahren als erster Band auch via open access; http://e-book.fwf.ac.at/o:1135) Vorbereitet wurden ferner die Bände Reigen (Manuskripte an der Bodmer Stiftung, Genf), Paracelsus (ein Textmanuskript an der National Library of Israel, Jerusalem), und Der grüne Kakadu. Vor allem die Dokumentation der komplizierten Verlagssituation des Reigen erforderte einen immensen Arbeitsaufwand; ferner konnten zu diesen Texten auch Bühnenmanuskripte ausfindig gemacht und eingearbeitet werden. Das Erscheinen dieser Bände ist für Ende 2018/Anfang 2019 im Rahmen eines weiteren, seit 1. 3. 2018 laufenden FWF-Projekts vorgesehen.
- Universität Wien - 100%
- Judith Beniston, University College London - Großbritannien
- Andrew J. Webber, University of Cambridge - Großbritannien
- Robert Vilain, University of Oxford - Großbritannien