Ludwig Senfl: Sämtliche Werke (New Senfl Edition) I: Die Motetten für 4 und 5 Stimmen

Ludwig Senfl (ca. 14901543) gilt als Leitfigur der Komponistengeneration zwischen Heinrich Isaac und Orlando di Lasso im deutschsprachigen Raum. Dennoch ist ein beträchtlicher Teil seines uvres noch nicht in einer Edition zugänglich. Die musikwissenschaftliche Forschung kann derzeit nur auf zwei Fragment gebliebene Ausgaben zurückgreifen, die allein einen Ausschnitt des Oeuvres in uneinheitlichen Editionsrichtlinien wiedergeben und die auf einer nach dem heutigen Forschungsstand vollkommen unzureichenden Quellenlage beruhen. Eine umfassende und tiefgreifende Beschäftigung mit dem bedeutendsten Renaissancekomponisten des deutschen Sprachraums in der ersten Hälfte des 16. Jahrhunderts ist aufgrund dieser ausstehenden Basisinformationen bisher kaum möglich. Die lückenhafte Editionslage hat zudem zu einer einseitigen Wahrnehmung Senfls vorrangig als Verfasser von Liedsätzen geführt. Die neue Gesamtausgabe der Werke Ludwig Senfls wird dieses Bild korrigieren. Mit der in vier Modulen angelegten Neuausgabe soll eine philologisch zuverlässige Edition entstehen, die mit einheitlichen Editionsrichtlinien und basierend auf dem aktuellen Stand der Forschung eine umfassende Quellendarstellung, Transparenz in der Entstehung des Notentextes, Flexibilität in der Handhabung und umfangreiche Kontextinformationen bietet. Ziel des ersten Moduls ist die Edition jener Werke Senfls, von denen bislang der geringste Anteil in einer modernen Edition zugänglich ist: der Motetten. Zunächst werden die 103 Motetten für vier und fünf Stimmen in drei Bänden in der Reihe der Denkmäler der Tonkunst in Österreich publiziert werden.

Die Bedeutung des Renaissancekomponisten Ludwig Senfl (ca. 14901543) wurde bereits im 19. Jahrhundert erkannt. Dennoch ist sein umfangreiches uvre, das alle vokale Gattungen der Zeit umfasst, bislang nur unzureichend aufgearbeitet. Dies verwundert umso mehr, als Senfl an zwei zentralen Höfen jener Zeit tätig war: Am Hof Kaiser Maximilians I. durchlief er von Kindesalter an eine Sänger- und Komponistenkarriere; ab 1523 war er als Hofkomponist für Herzog Wilhelm IV. von Bayern tätig. Auf dessen Wunsch baute er die Münchner Hofkapelle hinsichtlich Repertoire und Besetzung gezielt nach dem Vorbild der kaiserlichen Kapelle zu einem professionellen Ensemble aus. An der Seite seiner berühmten Zeitgenossen N. Gombert, C. Festa und C. Janequin kann Senfl somit als Leitfigur der Komponistengeneration zwischen H. Isaac und O. di Lasso gelten. Die bisher vorliegenden unvollständigen Ausgaben seiner Werke geben nur einen kleinen Ausschnitt von Senfls Gesamtschaffen wieder und wurden nach unterschiedlichen Editionsrichtlinien erstellt. Gemessen am heutigen Forschungsstand erscheint die hierfür verwendete Quellenbasis zudem unzulänglich. Die lückenhafte Editionslage hat weiterhin dazu beigetragen, dass nur Teilbereiche von Senfls uvre in Wissenschaft und Praxis Eingang gefunden haben und zahlreiche, qualitativ hochwertige Kompositionen noch nicht erschlossen werden konnten. Das Forschungsprojekt Ludwig Senfl: Sämtliche Werke (New Senfl Edition) I: Die Motetten für 4 und 5 Stimmen ist das erste von mehreren Modulen, in denen das Werk Senfls systematisch in einer kritischen Edition aufgearbeitet wird. Ziel ist es, einen auf aktuellem Forschungsstand beruhenden Gesamtüberblick über das Schaffen Senfls geben zu können. Im abgeschlossenen ersten Modul wurde hierbei mit jenen Werken begonnen, von denen bislang der geringste Anteil in einer modernen Edition zugänglich war: den Motetten. Nach der Erarbeitung verlässlicher Richtlinien konnte eine moderne Ausgabe der insgesamt 86 Kompositionen in drei Bänden erarbeitet werden (Band 1: 26 Motetten à 4 Stimmen; Band 2: 29 Motetten à 4 Stimmen + Appendix (Motettenfragment); Band 3: 31 Motetten à 5 Stimmen). Hierfür wurden sämtliche Quellen einer Motette im Original oder in Form digitaler Reproduktionen herangezogen. Wurde beim Notentext besonderer Wert auf eine klare Lesbarkeit gelegt, bieten die Kritischen Berichte umfassende Informationen zum vertonten lateinischen Text (inkl. Übersetzungen ins Deutsche und Englische) und sofern zutreffend zum verwendeten cantus firmus (inkl. Wiedergabe der Choralmelodie). Ebenso wurde die Quellensituation übersichtlich dargestellt, die Abhängigkeitsverhältnisse der Quellen beschrieben, eine detaillierte und konzise Übersicht der Lesarten angefertigt, wie auch weitere Kontextinformationen zum Werk dargelegt. Die Bände werden in der Reihe der Denkmäler der Tonkunst in Österreich publiziert.