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Kontakte über die Alpen

Contacts Across the Alps

Tobias Bendeguz (ORCID: )
  • Grant-DOI 10.55776/P29388
  • Förderprogramm Einzelprojekte
  • Status beendet
  • Projektbeginn 01.09.2016
  • Projektende 31.10.2019
  • Bewilligungssumme 322.274 €
  • Projekt-Website

Wissenschaftsdisziplinen

Andere Naturwissenschaften (30%); Geschichte, Archäologie (70%)

Keywords

    Early Medieval Period, Belt Sets Bieringen Type, Manufacturing Process, Chemical And Lead Isotope Analysis Of Copper-Alloy

Abstract Endbericht

Hätten Sie einen hochwertigen Gürtel im 7. Jahrhundert n. Chr. in Mitteleuropa erwerben wollen, wäre ihre Wahl auf den Typ Bieringen gefallen. Im Gegensatz zu den meisten vielteiligen Gürteln dieser Zeit, die aus Eisen gefertigt waren, bestand dieser aus Bronze. Überraschenderweise fand der Gürtel eine weite Verbreitung, die vom Karpatenbecken bis in die West-Schweiz und von Mitteldeutschland bis nach Süditalien reichte. Wie können wir den enormen Erfolg der Gürtelgarnitur in einem relativ kurzen Zeitraum von rund 80 Jahren über ein so großes Verbreitungsgebiet erklären? Nur die hohe Qualität allein ist als Erklärung dafür zu wenig. Sie ist zunächst der Ausgangspunkt für alle weiteren Überlegungen. Was kennzeichnet seine Qualität aus, wie wurde der Gürtel hergestellt und welcher Voraussetzungen bedurfte es dafür? Die gesamte Herstellungskette ausgehend vom Rohmaterial bis hin zum fertigen Produkt solle mit Hilfe von chemischen Untersuchungen und Bleiisotopenanalysen schrittweise nachvollzogen werden. Vor allem die Chronologie der Gürtelgarnituren stellt ein Forschungsproblem dar, da es leider sehr wenige unabhängig vom Gürtel selbst zeitlich einordenbare Grabbefunde gibt. In Kombination von Radiokarbonanalysen und der gut datierbaren Gräber sollte ein neuer chronologischer Rahmen geschaffen werden. Für die kulturhistorische Interpretation des Gürtels sind die beiden Eckpfeiler des Herstellungsprozesses und der chronologischen Einordnung unerlässlich. Um die Bedeutung des Gürtels zu verstehen, sind verschiedenen soziale und kulturelle Ebenen zu beleuchten: Die anthropologischen Daten der Bestatteten selbst, denen ein Gürtel bzw. Beschläge vom Typ Bieringen beigelegt waren, sollen hinsichtlich ihrer Grabausstattung sowohl in einem lokalen als auch weiträumigen Kontext verglichen und ausgewertet werden. Ob der charakteristische Nebenriemen gleich einem schwanzförmigen Fortsatz am rückwertigen Teil des Gürtels mit sogenannten "Wolfskriegern" des 7. Jahrhunderts n. Chr. in Zusammenhang gebracht werden kann, wird ebenfalls Gegenstand der Untersuchungen werden. Schließlich werden die Verbreitungswege des Gürtels dargelegt. Die Distribution mit einem klaren Schwerpunkt in Südtirol und dem Trentino zeigt, dass die Mehrheit der Gürtel über die beiden wichtigsten Alpenpässe (insbesondere den Brenner) nach Norden und von dort weiter bis ins Karpatenbecken kam.

Gürtelgarnituren von Typ Bieringen waren im 7. Jahrhundert n. Chr. in Mitteleuropa weit verbreitet. Beschläge dieser Garnituren finden sich von Ostfrankreich bis Ostungarn und von Mittedeutschland bis Süditalien. Im Rahmen des FWF-Projekts haben wir den Typ Bieringen auf unterschiedlichen Ebenen und unter verschiedenen Fragestellungen untersucht. Auf der Mikroebene stellte sich die Frage des Herstellungsprozesses dieser Gürtelbeschläge. Geochemische Analyse zeigen, dass 90% der Beschläge aus einer Bleibronze oder Schmiedebronze hergestellt wurden. Dieses Material eignet sich besonders gut zum Gießen. Zudem hat Bronze die Eigenschaft im Gegensatz zum Eisen korrosionsbeständig zu sein. Interessanterweise ergaben die Untersuchungen auch, dass recyceltes "Altmetall" nur zu einem sehr geringen Teil zur Verwendung kam. Auf die Frage nach der Provenienz des Kupfers und Bleis für die Herstellung der Beschläge konnte mithilfe der Bleiisotopenanalyse eine Antwort gefunden werden. Der Ergebnisse deuten darauf hin, dass die Quelle des Rohmaterials im heutigen Siebenbürgen und Nordbulgarien liegt. Zum einen ist es uns gelungen, zum ersten mal einen indirekten Nachweis für Bergbauaktivitäten im frühmittelalterlichen Mitteleuropa zu finden und zum anderen zeigt es sich, dass die Bergwerksregionen weitab vom Verbreitungsgebiet liegen. Auf einer Makroebene konnten wir mithilfe von Radiokarbondatierungen von verstorbenen Individuen, die mit diesen Gürtelgarnituren ausgestattet waren, klären, dieser Gürtel sowohl nördlich als auch südlich der Alpen schon in der 1. Hälfte des 7. Jahrhunderts nachzuweisen ist. Bisher war man davon ausgegangen, dass die frühesten Gürtel im 2. Viertel des 7. Jahrhunderts in Norditalien produziert wurden und erst in der 2. Hälfte dieses Jahrhunderts über persönliche Kontakte in den Norden kommen. Abschließend stellte sich auf der überregionalen Ebene die Frage nach den Gründen der weiten Verbreitung dieses Gürtelgarniturtyps. Eine Erklärung konnte in den komplexen Nachfolgestreitigkeiten in Austrasien und im Langobardenreich gefunden werden, in die die Awaren mit hineingezogen wurden. Hinsichtlich der im FWF-Projekt neu entdeckten Rohstoffquellen in Siebenbürgen kommt den Awaren in diesem Konflikt eine neue wirtschaftspolitische Gewichtung hinzu, da das Metallprovenienz in ihrem Herrschaftsgebiet liegt.

Forschungsstätte(n)
  • Universität Innsbruck - 100%

Research Output

  • 1 Publikationen
Publikationen
  • 2020
    Titel Kontakte über die Alpen. Eine technologische Annäherung an die Gürtelgarnituren vom Typ Bieringen; In: Alpine Festungen 400-1000. Chronologie, Räume und Funktionen, Netzwerke, Interpretationen. Akten des Kolloquiums in München am 13. und 14. September 2018
    Typ Book Chapter
    Autor Tobias B
    Verlag Bayerische Akademie der Wissenschaften
    Seiten 713-728

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