Musik und Psychoanalyse (ca. 1910-1970)
Music and Psychoanalysis (c. 1910-1970)
Wissenschaftsdisziplinen
Kunstwissenschaften (20%); Psychologie (80%)
Keywords
-
Music,
Psychoanalysis,
Holocaust,
Psychotherapy,
History Of Science,
Music Therapy
Mit ihrem Begründer Sigmund Freud (18561939) hat die Psychoanalyse seit jeher ein Auge auf die Kunst geworfen, um sie in erster Linie nach dem Unbewussten, dem Verdrängten abzutasten. Als Ausgangspunkt für eine psychoanalytischen Kunsttheorie gilt der Traum bzw. Freuds einflussreiches Werk Die Traumdeutung, die 1900 erschienen ist. Für die Musik lässt Freud jedoch zeitlebens ein Ohr vermissen. Wenngleich sich Sigmund Freud selbst für musikalisch genussunfähig hielt, haben nicht wenige seiner Anhänger_innen versucht, die Musik psychoanalytisch zu ergründen. Der aus Ungarn stammende Arzt und Psychoanalytiker Desiderius Mosonyi (18881945) bezeichnet die Musik dabei als die irrationalste aller Künste, die es zu enträtseln gilt. Das Projekt will einen Beitrag zur Deutungsgeschichte, den dahinterstehenden Menschen und ihren theoretischen Ansätzen leisten. Die Studie wendet sich den vielfältigen Facetten der psychoanalytischen Musikdeutung in der Zeit zwischen ca. 1910 und 1970 zu: Die Musik erscheint dabei u. a. als sublimierte Triebenergie, als eine bedrohliche Kraft, die es zu bezähmen gilt, als akustischer Reiz, den das Ich zu bewältigen hat, als Form eines nonverbalen Dialogs, als Medium des Gefühls einer lustvollen Auflösung der Ich-Grenzen etc. All diese musikalischen Betrachtungen gehen auf unterschiedliche psychoanalytische und psychologische Positionen und Theorien zurück wie die Triebtheorie, die Ichpsychologie, die Selbstpsychologie, die Objektbeziehungstheorie etc. Die Studie gibt Einblick in die Grundpfeiler der Psychoanalyse, den kulturellen Kontext, in welchem psychoanalytische Ideen entstanden sind, sie wendet sich Pionier_innen der psychoanalytischen Musikdeutung zu (einschließlich musikbiografischer Informationen), sie beleuchtet vielfältige Narrative von Musik (z. B. die Musik als Geliebte im Spiegel der Triebtheorie), die Auswirkungen der Verfolgung jüdischer Gelehrter, die Entstehung neuer Theorien im Exil und deren Einfluss auf musikpsychologische und -therapeutische Fragestellungen. Das Projekt zeigt die Entstehungsgeschichte unterschiedlicher Deutungen auf, wobei sich um 1938 eine starke Bruchlinie erkennen lässt: Mit Hitlers Machtergreifung im Jahr 1933 werden jüdische Gelehrte darunter viele Psychoanalytiker vertrieben, verfolgt und ermordet. Die Studie ruft die erschütternden Schicksale der Verfolgten und die wissenschaftlichen Leistungen jener Überlebenden in Erinnerung, die im Exil ihre Ideen und Theorien weiterentwickelten. Die Ergebnisse des Projekts werden in verschiedenen Publikationsformaten, Vorträgen, Interviews und Lehrveranstaltungen öffentlich zugänglich gemacht. Ein Nachfolge-Projekt, das die Zeit von 1970 bis in die Gegenwart beleuchtet, ist bereits angedacht.
- Universität Wien - 100%
- Henriette Löffler-Stastka, Medizinische Universität Wien , nationale:r Kooperationspartner:in
- Daniela Finzi, nationale:r Kooperationspartner:in
- Herbert Posch, nationale:r Kooperationspartner:in
- Gerhard Benetka, Sigmund Freud Priv. Univ. , nationale:r Kooperationspartner:in
- Maria Heidegger, Universität Innsbruck , nationale:r Kooperationspartner:in
- Michael Haas, Universität für Musik und darstellende Kunst Wien , nationale:r Kooperationspartner:in
- Ludwig Haesler - Deutschland
- Rosemarie Tüpker - Deutschland
- Sander L. Gilman, Emory University - Vereinigte Staaten von Amerika
- Peregrine Horden, The University of Oxford - Vereinigtes Königreich
- Penelope Gouk, University of Manchester - Vereinigtes Königreich