Wien als Festungsstadt im 16. Jahrhundert
Vienna as Fortress City in the 16th Century
Wissenschaftsdisziplinen
Bauwesen (20%); Geschichte, Archäologie (80%)
Keywords
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Urban History,
Fortification Studies,
Construction and Architecture of Fortifications,
History of Cartography,
Environmental History
Wien verfügt im Vergleich mit vielen anderen europäischen Städten über eine besonders früh einsetzende bildliche Überlieferung in Form von kartografischen Darstellungen sowie von Ansichten. Aus dem 16. Jahrhundert stammen besonders aussagekräftige Zeugnisse dieses Genres, wobei die großen Geschehnisse der Epoche wie die Türkenbelagerung von 1529 und der darauf einsetzende Um- und Ausbau der Befestigung zur Entstehung dieser Werke entscheidend beigetragen haben. Im Mittelpunkt des Buchs steht mit dem Schaffen von drei aus Mailand stammenden, in kaiserlichen Diensten arbeitenden Kartografen und Festungsbaumeistern der Familie Angielini eine in der bisherigen Forschung zu Wien nur unzureichend berücksichtigte Überlieferung. In fünf Atlanten mit handgezeichneten Karten und Plänen (heute in Wien, Dresden und Karlsruhe) sind Darstellungen von 50 befestigten Städten und Plätzen an der Grenze gegen das Osmanische Reich (heute: Teile von Bosnien-Herzegowina, Kroatien, Slowenien, Ungarn, Österreich, der Slowakei, Rumänien und der Ukraine) enthalten. Die Entstehungszeit lässt sich zwischen der Mitte der 1560er Jahre und der Nennung der beiden Dresdner Atlanten im Inventar der dortigen Kunstkammer von 1587 eingrenzen. Von herausragender Bedeutung sind die in drei der fünf Atlanten überlieferten, nach Süden orientierten Pläne von Wien. Sie stellen die früheste detaillierte Wiedergabe der die Stadt umgebenden, gerade fertiggestellten Festungsanlagen aus der Vogelperspektive dar. Die Exemplare in Dresden und Karlsruhe bilden Teile der vorstädtischen Verbauung ab. Alle drei Pläne zeigen Grundrisse (Baublöcke) sowie Aufrisse bedeutender Gebäude inklusive der Festungsbauten. Sie werden im Manuskript einer genauen Autopsie unterzogen. Diese führt gemeinsam mit der Auswertung der reichen archivalischen Überlieferung und der Ergebnisse archäologischer Untersuchungen zu neuen Erkenntnissen zur Umgestaltung Wiens zur Festungsstadt, die eine der entscheidenden Phasen der Wiener Stadtentwicklung darstellt, wobei die weitreichenden Auswirkungen auf die Umwelt (Baumaterialien, Holzbedarf für Ziegelproduktion) ebenfalls untersucht werden. Sieben Anhänge bieten eine Analyse aller in den Atlanten enthaltenen Karten, Pläne und Ansichten (Anhänge IIV), ein Verzeichnis italienischer Festungsbaumeister der Epoche (Anhang V), eines der Festungsbautraktate des 15. und 16. Jahrhunderts (Anhang VI), zuletzt ein solches der für die vorgelegten Ausführungen maßgeblichen Wien-Pläne und Wien-Ansichten vom 15. bis zum 18. Jahrhundert (Anhang VII). Fachausdrücke werden in einem Glossar erläutert. Zahlreiche Abbildungen dienen dazu, ein tiefer gehendes Verständnis der Ausführungen zu ermöglichen. Insgesamt bietet die vorliegende Publikation eine in dieser Tiefe bislang fehlende Darstellung des bedeutendsten und umfassendsten Bauprojekts Wiens vor dem Abbruch der Befestigungen und der darauffolgenden Stadterweiterung in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts.