Glanz und Elend der Aufklärung in Wien
The Splendor and Misery of the Enlightenment in Vienna
Wissenschaftsdisziplinen
Andere Geisteswissenschaften (20%); Sprach- und Literaturwissenschaften (80%)
Keywords
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Catholic Enligthenment,
Vienna,
German Literature,
Austria,
Sociology Of Culture,
Theory Of Literary Fields
Die Bewegung der Aufklärung war ein kulturverändernder Prozess im 18. Jahrhundert und zugleich ein Entwicklungsabschnitt europäischer Geschichte. Sie hat die Entstehung moderner, offener und nicht durch eine bestimmte herrschende Religion geprägter Gesellschaften erst ermöglicht. Insofern ist sie sogar von globalgeschichtlichem Interesse. Aufgrund jeweils besonderer institutioneller und kultureller Voraussetzungen hat dieser Prozess in verschiedenen staatlichen und regionalen Kontexten höchst un- terschiedliche Formen angenommen. Dies hat zu verschiedenen Kommunikationsweisen und literari- schen Ausprägungen von Aufklärung innerhalb einzelner Sprach- und Kulturräume geführt; so etwa auch dem deutschen, der aufgrund seiner konfessionellen und politischen Zersplitterung divers und kleinräumig strukturiert war. Auf der Basis reichhaltiger Quellen zeigt das Buch, dass und wie die Aufklärung im habsburgischen Österreich und insbesondere in dessen Haupt- und Residenzstadt Wien in der Regierungszeit Maria Theresias und vor allem Josephs II. verzögert und dann beschleunigt einsetzte. Die eilige und unter Franz II. wieder abgewürgte Aufholbewegung führte zu langfristigen Besonderheiten österreichischer Kultur. Auf der Basis einer soziologischen Rekonstruktion des spezifischen territorialen und lokalen Bedingungsgefüges literarischer Produktion entwickelt das Buch Erklärungsansätze für die Phasenver- schiebung und präsentiert zahlreiche Thesen. Dazu werden die religiösen, wirtschaftlichen, politischen, sozialen, medialen und kulturellen Rahmenbedingungen beschrieben, so die in Österreich wirksamen Zensur, die kulturtragenden Wiener Institutionen wie Universität, Freimaurerei und Theater, aber auch die zum Teil kurzlebigen Publikationsmedien wie Zeitschriften und Almanache, der expandierende li- terarische Markt und damit zusammenhängend des niedere Ansehen der Schriftstellerei. Davon aus- gehend werden beispielhaft Problemfelder und sich daran entzündende Debatten dieser Zeit vorgestellt. Darüber hinaus werden einschlägige Schriften diskurshistorisch kontextualisiert. Zum Vorschein kommt dabei eine für die österreichische Geschichte und Gegenwart charakteristische populäre Öf- fentlichkeit. Den Abschluss bildet eine kritische Untersuchung von drei in unterschiedlicher Hinsicht beispielhaften Texten der Wiener Aufklärung (Aloys Blumauers Versepos Virgils Aeneis, travestirt, 1782-1788; Jo- hann Pezzls Thesenroman Faustin oder das philosophische Jahrhundert, 1783/1788; Emanuel Schika- neders Singspiel Die Zauberflöte, 1791), die zu den bedeutendsten, international wirkungsmächtigsten literarischen Hervorbringungen dieser Epoche zählen. In ihnen schlagen sich deren widersprüchliche Tendenzen auf jeweils charakteristische Weise nieder. Ihre Analyse unter dem Gesichtspunkt ihres un- mittelbaren Entstehungs- und Wirkungskontextes erlaubt es, bisher unterbelichtete Aspekte eines spe- zifischen regionalen Aufklärungsprozesses sowie zugleich der Texte selbst zu erschließen.
- Universität Wien - 100%