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Evolutionsökologie von Verbreitungsgebieten

Evolutionary ecology of species´ ranges

Jitka Polechová (ORCID: 0000-0003-0951-3112)
  • Grant-DOI 10.55776/V458
  • Förderprogramm Elise Richter
  • Status beendet
  • Projektbeginn 01.09.2015
  • Projektende 31.08.2018
  • Bewilligungssumme 223.472 €

Wissenschaftsdisziplinen

Biologie (90%); Mathematik (10%)

Keywords

    Evolutionary Ecology, Ecological Niche, Population Dynamics, Genetic Drift, Range Margins, Changing Environments

Abstract Endbericht

Welche Faktoren stecken die Grenzen von ökologischen Nischen und damit den Lebensraum von Spezies ab? In den vergangenen hundert Jahren entwickelten sich detaillierte Theorien über die Dynamik einzelner, gut durchmischter Bevölkerungen. Natürliche Populationen sind jedoch räumlich verteilt und bestehen aus nur endlich vielen Individuen. Die Theorie über räumlich strukturierte Bevölkerungen unter Selektion und genetischer Drift ist immer noch relativ unausgereift Dies ist zu einem guten Teil dadurch verschuldet, dass derartige Probleme formal nur schwierig zu behandeln sind. Eine mathematische Theorie über die Anpassung natürlicher Populationen allgemein und über die Erweiterung deren Lebensraumes im Speziellen, ermöglicht ein Verständnis von direkten ökologischen Prozessen, wie etwa die Veränderung der Grenzen des Lebensraumes einer Spezies infolge eines zeitlich veränderlichen Umfeldes, oder der Ausbreitung von invasiven Spezies. Theorie zu ökologischen und evolutionären Prozessen überlappt bis jetzt nur wenig, und selten werden beide Prozesse gemeinsam modelliert. Für die nächsten drei Jahre plane ich, eine umfassende Theorie über die Verbreitungsgebiete von Arten zu entwickeln und dabei Evolution und Ökologie gleichzeitig zu modellieren. Zuerst werde ich die bestehende Theorie über das Verbreitungsgebiet von Arten und die fundamental niche (Hutchinson, 1957) in Abwesenheit von Konkurrenzspezies erweitern, wobei ich mich auf intraspezifische Dynamiken in räumlich variablen Umgebungen konzentriere. Danach füge ich zeitliche Variabilität hinzu um die zentralen Parameter zu identifizieren, die vorhersagen ob der Lebensraum der Spezies wächst, schrumpft, oder sich wegen der wechselbaren Bedingungen verschiebt Spezies können sich veränderlichen Umweltbedingungen anpassen, aussterben, oder ihr Habitat wechseln. Dies wäre die erste Studie über die Anpassung an räumlich und zeitlich variable Umgebungen, die Evolutionsdynamik inklusive der Evolution von genetischer Varianz mit ökologischer Dynamik und stochastischer Auswahl der reproduzierenden Nachkommen kombiniert. Dabei ist es wesentlich, räumliche und zeitliche Veränderungen gemeinsam zu studieren, da deren Einflüsse interagieren: Eine Spezies, die an größere Bandbreiten an räumlichen Bedingungen angepasst ist, erhält lokal eine höhere genetische Variabilität aufrecht und toleriert dadurch erhöhte zeitliche Schwankungen, da sie sich dem Optimum leichter anpasst. Außerdem muss ein schlüssiges Modell über Grenzen von ökologischen Lebensräumen stochastische Effekte beinhalten: Ist Anpassung nur langsam möglich, nimmt die Bevölkerungsgröße ab und der Einfluss von stochastischen Kräften (z.B. genetische Drift) dominiert. Indem ich zeitliche Variabilität mit einbeziehe und der genetischen Varianz erlaube, sich unter dem Einfluss der Umwelt und von genetischer Drift zu verändern, werde ich eine allgemeine Theorie entwickeln, die zum Beispiel verwendet werden kann, um die Auswirkungen des Klimawandels auf verschiedenste Spezies zu untersuchen.

Alle Arten haben ein räumlich begrenztes Vorkommen. Eine kohärente Theorie, die die Größe und die Grenzen von Ausbreitungsgebieten erklärt, hat jedoch bisher gefehlt: Einerseits aufgrund der Komplexität des Problems und andererseits aufgrund der verschiedenen Traditionen in Ökologie und in Evolutionsbiologie. Das FWF Projekt (Elise Richter, V 458-B25) zeigt, dass lediglich zwei Größen, die sowohl in der Evolution als auch in der Ökologie wichtig sind, fundamental für die Stabilität des Verbreitungsgebiets sind: die räumliche Heterogenität in den Umweltbedingungen und die Größe der lokalen Populationen. Das theoretische Modell berücksichtigt sowohl Populationsdynamik als auch evolutionäre Dynamik und wirft Licht auf die Rolle von Wanderungsbewegungen für die Anpassung über ein Verbreitungsgebiet hinweg. Wanderungsbewegungen haben miteinander konkurrierende Effekte: Einerseits erhöhen sie die genetische Vielfalt, die für erfolgreiche Anpassung nötig ist, und wirken so dem Verlust genetischer Diversität entgegen. Andererseits verursachen Wanderungsbewegungen auch Kosten und können damit Adaptionen an lokale Umweltbedingungen verwässern. Dieses Wechselspiel ist entscheidend dafür, dass die Ausbreitung irgendwann an ihre Grenzen stößt. Die neue Theorie zeigt, dass Anpassung über ein Verbreitungsgebiet hinweg von zwei dimensionslosen Parametern abhängt: Erstens von den Fitnesskosten durch Wanderungsbewegungen ein Maß für die Heterogenität der Umwelt und zweitens von der Stärke genetischer Drift ein Maß für den Verlust an genetischer Diversität. Je heterogener eine Umwelt ist, desto schwerer ist es, sich in ihr auszubreiten, und je niedriger die genetische Vielfalt, desto geringer ist der Umfang potentieller Anpassung. Zusammen setzen diese beiden Parameter den Grenzwert für weitere Ausbreitung fest: Weitere Anpassung schlägt fehl, wenn die Zahl der Individuen, die innerhalb einer Generation in neue Gebiete vordringen können, so gering ist, dass genetische Drift die Diversität unter jenen Wert drückt, der für die Anpassung nötig wäre. Dieser Wert zeigt, wann eine weitere Ausbreitung fehlschlägt. Interessanterweise sind die Parameter unabhängig von der genetischen Architektur. Das eröffnet zahlreiche Möglichkeiten, die Theorie empirisch anhand vieler verschiedener Arten zu testen. Darüber hinaus macht das Modell klar, dass die Vorteile von Wanderungsbewegungen in Randpopulationen hinein die Kosten wahrscheinlich überwiegen. Diese Erkenntnis bietet eine theoretische Grundlage für Managementstrategien zum Erhalt bedrohter Tierarten. Publikationen: Polechov J. (2018) Is the sky the limit? On the expansion threshold of a species` range. PLoS Biology. doi: https://doi.org/10.1101/234377

Forschungsstätte(n)
  • Universität Wien - 100%
Internationale Projektbeteiligte
  • David Storch, Charles University Prague - Tschechien
  • Richard A. Nichols, Queen Mary University of London - Vereinigtes Königreich
  • Roger K. Butlin, The University of Sheffield - Vereinigtes Königreich
  • Jon Bridle, University College London - Vereinigtes Königreich

Research Output

  • 107 Zitationen
  • 2 Publikationen
Publikationen
  • 2018
    Titel The influence of fluctuating population densities on evolutionary dynamics
    DOI 10.1101/444273
    Typ Preprint
    Autor Pisa H
    Seiten 444273
    Link Publikation
  • 2018
    Titel Is the sky the limit? On the expansion threshold of a species’ range
    DOI 10.1371/journal.pbio.2005372
    Typ Journal Article
    Autor Polechová J
    Journal PLOS Biology
    Link Publikation

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