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Synaptische Kommunikation in neuronalen Mikroschaltkreisen

Synaptic communication in neuronal microcircuits

Peter M. Jonas (ORCID: 0000-0001-5001-4804)
  • Grant-DOI 10.55776/Z312
  • Förderprogramm FWF-Wittgenstein-Preis
  • Status beendet
  • Projektbeginn 01.10.2017
  • Projektende 31.03.2023
  • Bewilligungssumme 1.500.000 €

Wissenschaftsdisziplinen

Biologie (80%); Medizinisch-theoretische Wissenschaften, Pharmazie (20%)

Keywords

    Hippocampus, Synaptic communication, Ion channels, Neuronal networks, Dendrites, Presynaptic terminals

Abstract Endbericht

Peter Jonas ist einer der weltweit führenden Neurowissenschaftler und besonders bekannt für seine Beiträge zum Verständnis der synaptischen Übertragung in neuronalen Mikroschaltkreisen. In seiner Forschung beschäftigt sich Peter Jonas mit der synaptischen Übertragung, d.h. er untersucht, wie Synapsen die Kommunikation zwischen Neuronen ermöglichen. Da das menschliche Gehirn über ungefähr 10 Milliarden Neurone und eine Trilliarde Synapsen verfügt, stellt das Verständnis der Funktionsweise dieser neuronalen Mikroschaltkreise eine der größten Herausforderungen in den Biowissenschaften des 21. Jahrhunderts dar. Die Synapsen im Gehirn werden prinzipiell in zwei Arten unterteilt: exzitatorische Synapsen, die den Neurotransmitter Glutamat freisetzen, und inhibitorische Synapsen, die den Neurotransmitter -Aminobuttersäure (kurz GABA) ausschütten. Professor Jonas Forschungsgruppe untersucht die Mechanismen der synaptischen Signale an diesen hoch spezialisierten Kontakt- und Kommunikationsstellen im Gehirn. Zu diesem Zweck werden modernste Methoden, unter anderem Aufzeichnungsverfahren für mehrere Zellen, subzelluläre Patch-Clamp-Methoden, bildgebende Verfahren zur Bestimmung der intrazellulären Kalziumkonzentration und Modellbildungen eingesetzt. Ein wesentlicher Schwerpunkt ist die Untersuchung der inhibitorischen GABAergen Interneurone. Diese inhibitorischen Zellen spielen eine zentrale Rolle in der Informationsverarbeitung im Hippocampus und Neokortex, wo sie binnen Millisekunden exzitatorische in inhibitorische Signale umwandeln, um vor zu starken Entladungen, wie sie etwa bei einem Epileptischen Anfall auftreten, zu schützen. Ziel ist es, ein quantitatives Gesamtbild der Signalübertragung auf nano-physiologischer Ebene zu gewinnen und schließlich ein vollständiges mathematisches Modell dieser Interneurone zu erstellen. Seine Forschungen enthüllten unter anderem einen bis dahin unbekannten subzellullären Mechanismus zur zuverlässigen und raschen Weiterleitung von Aktionspotentialen durch einen kontrollierten Anstieg der Natrium-Kanäle und der Natrium-Leitfähigkeit der Axone. Ein weiterer Arbeitsschwerpunkt ist die Untersuchung der Signalübertragung an der sogenannten Moosfaser-Synapse im Hippocampus. Die Synapse ist von zentraler Bedeutung für höhere Gehirnfunktionen, da sie sich mitten in einem Schaltkreis befindet, der für Lernen und Gedächtnis relevant ist. Jedoch sind viele Netzwerkfunktionen dieser Synapse noch weitgehend unbekannt. Jonas studiert auf der einen Seite die biophysikalischen Eigenschaften dieser Synapse, auf der anderen Seite ihre Funktion im neuronalen Netzwerk. Zu diesem Zweck setzt er hochmoderne Techniken aus den Bereichen Elektrophysiologie, bildgebende Verfahren, Optogenetik, aber auch strukturbiologische Techniken ein. Damit könnte die Moosfaser-Synapse zur ersten Synapse in der Geschichte der Neurowissenschaften werden, für die ein umfassendes Verständnis der Beziehung zwischen synaptischer Biophysik und höheren Netzwerkfunktionen besteht. Die Förderung durch den Wittgenstein Preis wird es Peter Jonas ermöglichen, einer weiteren besonders spannenden Frage in den Neurowissenschaften nachzugehen: Dem Zusammenhang zwischen Struktur und Funktion bei der synaptischen Signalübertragung. Zielsetzung ist es, strukturelle Änderungen bei der synaptischen Übertragung durch Kombination von optischer Stimulation und elektronenmikroskopischer Analyse nachzuweisen. Diese Untersuchungen werden zu einem präzisen molekularstrukturell funktionellen Bild der Signalübertragung an exzitatorischen und inhibitorischen Synapsen führen. Mit einem interdisziplinären Ansatz möchte Peter Jonas, teilweise zusammen mit anderen Forschungsgruppen am IST Austria, eine der Grundfragen der Neurowissenschaften klären: Wie strukturelle Korrelate von synaptischer Übertragung und synaptischer Plastizität aussehen.

Die Funktion des Gehirns zu verstehen, ist eine der größten Herausforderungen des 21. Jahrhunderts. Das menschliche Gehirn besteht aus ca. 100 Milliarden Neuronen, die über ca. 1 Billiarde Kontaktstellen, sogenannte Synapsen, miteinander kommunizieren. Obwohl unser Wissen über die Funktion dieses äußerst komplexen Systems erheblich zugenommen hat, sind zahlreiche grundlegende Fragen immer noch ungeklärt. Mit Hilfe der Förderung des Wittgenstein-Preises haben wir uns auf zwei dieser Fragen konzentriert. Erstens, welcher Zusammenhang besteht zwischen funktionellen Eigenschaften und strukturellen Veränderungen an Synapsen? Dies ist eine Schlüsselfrage, da strukturelle Veränderungen an Synapsen mit den in neuronalen Netzwerken gespeicherten Informationen ("Engramme") zusammenhängen. Zweitens, wie erzeugen spezifische synaptische Eigenschaften höhere Berechnungen in neuronalen Netzwerken? Dies ist eine wichtige Frage, nicht nur für die Aufklärung der Funktion, sondern auch der Fehlfunktion des Gehirns, zum Beispiel bei neuropsychiatrischen Erkrankungen. Wir haben diese Fragen mit einer Kombination aus modernster Elektrophysiologie, strukturell-morphologischer Analyse und computergestützter Modellierung angegangen. Wir konnten strukturelle Korrelate mehrerer biophysikalischer Parameter der synaptischen Übertragung identifizieren, darunter die Anzahl der Transmitterfreisetzungsstellen, die Kopplung zwischen präsynaptischen Kalziumkanälen und synaptischen Vesikeln, sowie die Größe des Vesikelpools. Die Ergebnisse können dazu beitragen, strukturelle "Engramme" als Korrelate gespeicherter Informationen zu definieren. Wir haben neue makroskopische und mikroskopische Konnektivitätsmerkmale im Hippokampus identifiziert, einem Schaltkreis, von dem man lange Zeit annahm, dass er vollständig verstanden sei. Unsere makroskopische Konnektivitätsanalyse weist auf einen bisher unbekannten synaptischen Eingang aus tiefen Schichten des entorhinalen Kortex hin. Dies weist auf eine parallele Informationsverarbeitung im Hippokampus hin. Unsere mikroskopische Konnektivitätsanalyse ergab, dass die synaptische Konnektivität im CA3-Netzwerk spärlicher ist, als bisher angenommen wurde, aber durch nicht-zufällige Konnektivitätsmotive angereichert ist. Mit Hilfe von "in vitro"-Aufnahmen, "in vivo"-Messungen und computergestützter Modellierung gelang es, die Lücke zwischen der zellulär-synaptischen und der systemisch-verhaltensbiologischen Ebene zunehmend zu schließen. Unser kombinierter experimentell-theoretischer Ansatz wirft neues Licht auf die Mechanismen von Musterseparation, Musterspeicherung und Mustervervollständigung im hippokampalen CA3-Netzwerk. Schließlich haben wir die Eigenschaften von Synapsen im menschlichen Hippokampus-Nervengewebe untersucht. Unsere Ergebnisse deuten darauf hin, dass zahlreiche synaptische Eigenschaften vom Nagetier bis zum Menschen evolutionär konserviert sind. Sie zeigen aber auch humanspezifische Regeln der synaptischen Konnektivität auf, die zur Einzigartigkeit des menschlichen Gehirns beitragen könnten. Insgesamt haben die Ergebnisse aus dem Wittgenstein-Projekt unser Wissen über Neurone, Synapsen und neuronale Netzwerke erheblich erweitert und neue Einblicke in die komplexen Beziehungen zwischen synaptischer Struktur, synaptischer Funktion und höheren Berechnungen im Gehirn ermöglicht.

Forschungsstätte(n)
  • Institute of Science and Technology Austria - ISTA - 100%

Research Output

  • 667 Zitationen
  • 25 Publikationen
Publikationen
  • 2018
    Titel Parvalbumin+ interneurons obey unique connectivity rules and establish a powerful lateral-inhibition microcircuit in dentate gyrus
    DOI 10.1038/s41467-018-06899-3
    Typ Journal Article
    Autor Espinoza C
    Journal Nature Communications
    Seiten 4605
    Link Publikation
  • 2018
    Titel Complementary Tuning of Na+ and K+ Channel Gating Underlies Fast and Energy-Efficient Action Potentials in GABAergic Interneuron Axons
    DOI 10.1016/j.neuron.2018.02.024
    Typ Journal Article
    Autor Hu H
    Journal Neuron
    Link Publikation
  • 2020
    Titel Functional Electron Microscopy, “Flash and Freeze,” of Identified Cortical Synapses in Acute Brain Slices
    DOI 10.1016/j.neuron.2019.12.022
    Typ Journal Article
    Autor Borges-Merjane C
    Journal Neuron
    Link Publikation
  • 2024
    Titel Presynaptic cAMP-PKA-mediated potentiation induces reconfiguration of synaptic vesicle pools and channel-vesicle coupling at hippocampal mossy fiber boutons
    DOI 10.1371/journal.pbio.3002879
    Typ Journal Article
    Autor Kim O
    Journal PLOS Biology
    Link Publikation
  • 2022
    Titel Fast, high-throughput production of improved rabies viral vectors for specific, efficient and versatile transsynaptic retrograde labeling.
    DOI 10.7554/elife.79848
    Typ Journal Article
    Autor Sumser A
    Journal eLife
    Link Publikation
  • 2021
    Titel GABAB receptor auxiliary subunits modulate Cav2.3-mediated release from medial habenula terminals
    DOI 10.7554/elife.68274
    Typ Journal Article
    Autor Bhandari P
    Journal eLife
    Link Publikation
  • 2021
    Titel Transsynaptic modulation of presynaptic short-term plasticity in hippocampal mossy fiber synapses
    DOI 10.1038/s41467-021-23153-5
    Typ Journal Article
    Autor Vandael D
    Journal Nature Communications
    Seiten 2912
    Link Publikation
  • 2021
    Titel Subcellular patch-clamp techniques for single-bouton stimulation and simultaneous pre- and postsynaptic recording at cortical synapses
    DOI 10.1038/s41596-021-00526-0
    Typ Journal Article
    Autor Vandael D
    Journal Nature Protocols
    Seiten 2947-2967
  • 2019
    Titel Parvalbumin+ interneurons enable efficient pattern separation in hippocampal microcircuits
    DOI 10.15479/at:ista:6363
    Typ Other
    Autor Espinoza Martinez C
    Link Publikation
  • 2019
    Titel Functional analysis of the docked vesicle pool in hippocampal mossy fiber terminals by electron microscopy
    DOI 10.25006/ia.7.s1-a3.27
    Typ Journal Article
    Autor Kimm O
    Journal Intrinsic Activity
  • 2022
    Titel Nanoarchitecture of hippocampal mossy fiber-CA3 pyramidal neuron synapses
    DOI 10.15479/at:ista:11196
    Typ Other
    Autor Kim O
    Link Publikation
  • 2021
    Titel MOD: A novel machine-learning optimal-filtering method for accurate and efficient detection of subthreshold synaptic events in vivo
    DOI 10.1016/j.jneumeth.2021.109125
    Typ Journal Article
    Autor Zhang X
    Journal Journal of Neuroscience Methods
    Seiten 109125
    Link Publikation
  • 2021
    Titel How connectivity rules and synaptic properties shape the efficacy of pattern separation in the entorhinal cortex–dentate gyrus–CA3 network
    DOI 10.1038/s43588-021-00157-1
    Typ Journal Article
    Autor Guzman S
    Journal Nature Computational Science
    Seiten 830-842
  • 2020
    Titel Short-Term Plasticity at Hippocampal Mossy Fiber Synapses Is Induced by Natural Activity Patterns and Associated with Vesicle Pool Engram Formation
    DOI 10.1016/j.neuron.2020.05.013
    Typ Journal Article
    Autor Vandael D
    Journal Neuron
    Link Publikation
  • 2020
    Titel Selective Routing of Spatial Information Flow from Input to Output in Hippocampal Granule Cells
    DOI 10.1016/j.neuron.2020.07.006
    Typ Journal Article
    Autor Zhang X
    Journal Neuron
    Link Publikation
  • 2024
    Titel Structure, biophysics, and circuit function of a “giant” cortical presynaptic terminal
    DOI 10.1126/science.adg6757
    Typ Journal Article
    Autor Vandael D
    Journal Science
  • 2019
    Titel Reachability analysis of linear hybrid systems via block decomposition
    DOI 10.48550/arxiv.1905.02458
    Typ Preprint
    Autor Bogomolov S
  • 2023
    Titel Imaging brain tissue architecture across millimeter to nanometer scales
    DOI 10.1038/s41587-023-01911-8
    Typ Journal Article
    Autor Michalska J
    Journal Nature Biotechnology
    Seiten 1051-1064
    Link Publikation
  • 2023
    Titel Validation of a stereological method for estimating particle size and density from 2D projections with high accuracy
    DOI 10.1371/journal.pone.0277148
    Typ Journal Article
    Autor Rothman J
    Journal PLOS ONE
    Link Publikation
  • 2023
    Titel Dense 4D nanoscale reconstruction of living brain tissue
    DOI 10.1038/s41592-023-01936-6
    Typ Journal Article
    Autor Velicky P
    Journal Nature Methods
    Seiten 1256-1265
    Link Publikation
  • 2024
    Titel Developmental transformation of Ca2+ channel-vesicle nanotopography at a central GABAergic synapse
    DOI 10.1016/j.neuron.2023.12.002
    Typ Journal Article
    Autor Chen J
    Journal Neuron
    Link Publikation
  • 2024
    Titel Developmental transformation of nanodomain coupling between Ca2+ channels and release sensors at a central GABAergic synapse
    DOI 10.15479/at:ista:15101
    Typ Other
    Autor Chen J
    Link Publikation
  • 2022
    Titel A direct excitatory projection from entorhinal layer 6b neurons to the hippocampus contributes to spatial coding and memory
    DOI 10.1038/s41467-022-32559-8
    Typ Journal Article
    Autor Ben-Simon Y
    Journal Nature Communications
    Seiten 4826
    Link Publikation
  • 2021
    Titel The Density Fingerprint of a Periodic Point Set
    DOI 10.4230/lipics.socg.2021.32
    Typ Conference Proceeding Abstract
    Autor Edelsbrunner H
    Konferenz LIPIcs, Volume 189, SoCG 2021
    Seiten 32:1 - 32:16
    Link Publikation
  • 0
    Titel ARCH-COMP20 Category Report: Continuous and Hybrid Systems with Linear Continuous Dynamics
    DOI 10.29007/7dt2
    Typ Conference Proceeding Abstract
    Autor Althoff M
    Seiten 16--18

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