Synaptische Kommunikation in neuronalen Mikroschaltkreisen
Synaptic communication in neuronal microcircuits
Wissenschaftsdisziplinen
Biologie (80%); Medizinisch-theoretische Wissenschaften, Pharmazie (20%)
Keywords
-
Hippocampus,
Synaptic communication,
Ion channels,
Neuronal networks,
Dendrites,
Presynaptic terminals
Peter Jonas ist einer der weltweit führenden Neurowissenschaftler und besonders bekannt für seine Beiträge zum Verständnis der synaptischen Übertragung in neuronalen Mikroschaltkreisen. In seiner Forschung beschäftigt sich Peter Jonas mit der synaptischen Übertragung, d.h. er untersucht, wie Synapsen die Kommunikation zwischen Neuronen ermöglichen. Da das menschliche Gehirn über ungefähr 10 Milliarden Neurone und eine Trilliarde Synapsen verfügt, stellt das Verständnis der Funktionsweise dieser neuronalen Mikroschaltkreise eine der größten Herausforderungen in den Biowissenschaften des 21. Jahrhunderts dar. Die Synapsen im Gehirn werden prinzipiell in zwei Arten unterteilt: exzitatorische Synapsen, die den Neurotransmitter Glutamat freisetzen, und inhibitorische Synapsen, die den Neurotransmitter -Aminobuttersäure (kurz GABA) ausschütten. Professor Jonas Forschungsgruppe untersucht die Mechanismen der synaptischen Signale an diesen hoch spezialisierten Kontakt- und Kommunikationsstellen im Gehirn. Zu diesem Zweck werden modernste Methoden, unter anderem Aufzeichnungsverfahren für mehrere Zellen, subzelluläre Patch-Clamp-Methoden, bildgebende Verfahren zur Bestimmung der intrazellulären Kalziumkonzentration und Modellbildungen eingesetzt. Ein wesentlicher Schwerpunkt ist die Untersuchung der inhibitorischen GABAergen Interneurone. Diese inhibitorischen Zellen spielen eine zentrale Rolle in der Informationsverarbeitung im Hippocampus und Neokortex, wo sie binnen Millisekunden exzitatorische in inhibitorische Signale umwandeln, um vor zu starken Entladungen, wie sie etwa bei einem Epileptischen Anfall auftreten, zu schützen. Ziel ist es, ein quantitatives Gesamtbild der Signalübertragung auf nano-physiologischer Ebene zu gewinnen und schließlich ein vollständiges mathematisches Modell dieser Interneurone zu erstellen. Seine Forschungen enthüllten unter anderem einen bis dahin unbekannten subzellullären Mechanismus zur zuverlässigen und raschen Weiterleitung von Aktionspotentialen durch einen kontrollierten Anstieg der Natrium-Kanäle und der Natrium-Leitfähigkeit der Axone. Ein weiterer Arbeitsschwerpunkt ist die Untersuchung der Signalübertragung an der sogenannten Moosfaser-Synapse im Hippocampus. Die Synapse ist von zentraler Bedeutung für höhere Gehirnfunktionen, da sie sich mitten in einem Schaltkreis befindet, der für Lernen und Gedächtnis relevant ist. Jedoch sind viele Netzwerkfunktionen dieser Synapse noch weitgehend unbekannt. Jonas studiert auf der einen Seite die biophysikalischen Eigenschaften dieser Synapse, auf der anderen Seite ihre Funktion im neuronalen Netzwerk. Zu diesem Zweck setzt er hochmoderne Techniken aus den Bereichen Elektrophysiologie, bildgebende Verfahren, Optogenetik, aber auch strukturbiologische Techniken ein. Damit könnte die Moosfaser-Synapse zur ersten Synapse in der Geschichte der Neurowissenschaften werden, für die ein umfassendes Verständnis der Beziehung zwischen synaptischer Biophysik und höheren Netzwerkfunktionen besteht. Die Förderung durch den Wittgenstein Preis wird es Peter Jonas ermöglichen, einer weiteren besonders spannenden Frage in den Neurowissenschaften nachzugehen: Dem Zusammenhang zwischen Struktur und Funktion bei der synaptischen Signalübertragung. Zielsetzung ist es, strukturelle Änderungen bei der synaptischen Übertragung durch Kombination von optischer Stimulation und elektronenmikroskopischer Analyse nachzuweisen. Diese Untersuchungen werden zu einem präzisen molekularstrukturell funktionellen Bild der Signalübertragung an exzitatorischen und inhibitorischen Synapsen führen. Mit einem interdisziplinären Ansatz möchte Peter Jonas, teilweise zusammen mit anderen Forschungsgruppen am IST Austria, eine der Grundfragen der Neurowissenschaften klären: Wie strukturelle Korrelate von synaptischer Übertragung und synaptischer Plastizität aussehen.
Die Funktion des Gehirns zu verstehen, ist eine der größten Herausforderungen des 21. Jahrhunderts. Das menschliche Gehirn besteht aus ca. 100 Milliarden Neuronen, die über ca. 1 Billiarde Kontaktstellen, sogenannte Synapsen, miteinander kommunizieren. Obwohl unser Wissen über die Funktion dieses äußerst komplexen Systems erheblich zugenommen hat, sind zahlreiche grundlegende Fragen immer noch ungeklärt. Mit Hilfe der Förderung des Wittgenstein-Preises haben wir uns auf zwei dieser Fragen konzentriert. Erstens, welcher Zusammenhang besteht zwischen funktionellen Eigenschaften und strukturellen Veränderungen an Synapsen? Dies ist eine Schlüsselfrage, da strukturelle Veränderungen an Synapsen mit den in neuronalen Netzwerken gespeicherten Informationen ("Engramme") zusammenhängen. Zweitens, wie erzeugen spezifische synaptische Eigenschaften höhere Berechnungen in neuronalen Netzwerken? Dies ist eine wichtige Frage, nicht nur für die Aufklärung der Funktion, sondern auch der Fehlfunktion des Gehirns, zum Beispiel bei neuropsychiatrischen Erkrankungen. Wir haben diese Fragen mit einer Kombination aus modernster Elektrophysiologie, strukturell-morphologischer Analyse und computergestützter Modellierung angegangen. Wir konnten strukturelle Korrelate mehrerer biophysikalischer Parameter der synaptischen Übertragung identifizieren, darunter die Anzahl der Transmitterfreisetzungsstellen, die Kopplung zwischen präsynaptischen Kalziumkanälen und synaptischen Vesikeln, sowie die Größe des Vesikelpools. Die Ergebnisse können dazu beitragen, strukturelle "Engramme" als Korrelate gespeicherter Informationen zu definieren. Wir haben neue makroskopische und mikroskopische Konnektivitätsmerkmale im Hippokampus identifiziert, einem Schaltkreis, von dem man lange Zeit annahm, dass er vollständig verstanden sei. Unsere makroskopische Konnektivitätsanalyse weist auf einen bisher unbekannten synaptischen Eingang aus tiefen Schichten des entorhinalen Kortex hin. Dies weist auf eine parallele Informationsverarbeitung im Hippokampus hin. Unsere mikroskopische Konnektivitätsanalyse ergab, dass die synaptische Konnektivität im CA3-Netzwerk spärlicher ist, als bisher angenommen wurde, aber durch nicht-zufällige Konnektivitätsmotive angereichert ist. Mit Hilfe von "in vitro"-Aufnahmen, "in vivo"-Messungen und computergestützter Modellierung gelang es, die Lücke zwischen der zellulär-synaptischen und der systemisch-verhaltensbiologischen Ebene zunehmend zu schließen. Unser kombinierter experimentell-theoretischer Ansatz wirft neues Licht auf die Mechanismen von Musterseparation, Musterspeicherung und Mustervervollständigung im hippokampalen CA3-Netzwerk. Schließlich haben wir die Eigenschaften von Synapsen im menschlichen Hippokampus-Nervengewebe untersucht. Unsere Ergebnisse deuten darauf hin, dass zahlreiche synaptische Eigenschaften vom Nagetier bis zum Menschen evolutionär konserviert sind. Sie zeigen aber auch humanspezifische Regeln der synaptischen Konnektivität auf, die zur Einzigartigkeit des menschlichen Gehirns beitragen könnten. Insgesamt haben die Ergebnisse aus dem Wittgenstein-Projekt unser Wissen über Neurone, Synapsen und neuronale Netzwerke erheblich erweitert und neue Einblicke in die komplexen Beziehungen zwischen synaptischer Struktur, synaptischer Funktion und höheren Berechnungen im Gehirn ermöglicht.
Research Output
- 667 Zitationen
- 25 Publikationen
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2018
Titel Parvalbumin+ interneurons obey unique connectivity rules and establish a powerful lateral-inhibition microcircuit in dentate gyrus DOI 10.1038/s41467-018-06899-3 Typ Journal Article Autor Espinoza C Journal Nature Communications Seiten 4605 Link Publikation -
2018
Titel Complementary Tuning of Na+ and K+ Channel Gating Underlies Fast and Energy-Efficient Action Potentials in GABAergic Interneuron Axons DOI 10.1016/j.neuron.2018.02.024 Typ Journal Article Autor Hu H Journal Neuron Link Publikation -
2020
Titel Functional Electron Microscopy, “Flash and Freeze,” of Identified Cortical Synapses in Acute Brain Slices DOI 10.1016/j.neuron.2019.12.022 Typ Journal Article Autor Borges-Merjane C Journal Neuron Link Publikation -
2024
Titel Presynaptic cAMP-PKA-mediated potentiation induces reconfiguration of synaptic vesicle pools and channel-vesicle coupling at hippocampal mossy fiber boutons DOI 10.1371/journal.pbio.3002879 Typ Journal Article Autor Kim O Journal PLOS Biology Link Publikation -
2022
Titel Fast, high-throughput production of improved rabies viral vectors for specific, efficient and versatile transsynaptic retrograde labeling. DOI 10.7554/elife.79848 Typ Journal Article Autor Sumser A Journal eLife Link Publikation -
2021
Titel GABAB receptor auxiliary subunits modulate Cav2.3-mediated release from medial habenula terminals DOI 10.7554/elife.68274 Typ Journal Article Autor Bhandari P Journal eLife Link Publikation -
2021
Titel Transsynaptic modulation of presynaptic short-term plasticity in hippocampal mossy fiber synapses DOI 10.1038/s41467-021-23153-5 Typ Journal Article Autor Vandael D Journal Nature Communications Seiten 2912 Link Publikation -
2021
Titel Subcellular patch-clamp techniques for single-bouton stimulation and simultaneous pre- and postsynaptic recording at cortical synapses DOI 10.1038/s41596-021-00526-0 Typ Journal Article Autor Vandael D Journal Nature Protocols Seiten 2947-2967 -
2019
Titel Parvalbumin+ interneurons enable efficient pattern separation in hippocampal microcircuits DOI 10.15479/at:ista:6363 Typ Other Autor Espinoza Martinez C Link Publikation -
2019
Titel Functional analysis of the docked vesicle pool in hippocampal mossy fiber terminals by electron microscopy DOI 10.25006/ia.7.s1-a3.27 Typ Journal Article Autor Kimm O Journal Intrinsic Activity -
2022
Titel Nanoarchitecture of hippocampal mossy fiber-CA3 pyramidal neuron synapses DOI 10.15479/at:ista:11196 Typ Other Autor Kim O Link Publikation -
2021
Titel MOD: A novel machine-learning optimal-filtering method for accurate and efficient detection of subthreshold synaptic events in vivo DOI 10.1016/j.jneumeth.2021.109125 Typ Journal Article Autor Zhang X Journal Journal of Neuroscience Methods Seiten 109125 Link Publikation -
2021
Titel How connectivity rules and synaptic properties shape the efficacy of pattern separation in the entorhinal cortex–dentate gyrus–CA3 network DOI 10.1038/s43588-021-00157-1 Typ Journal Article Autor Guzman S Journal Nature Computational Science Seiten 830-842 -
2020
Titel Short-Term Plasticity at Hippocampal Mossy Fiber Synapses Is Induced by Natural Activity Patterns and Associated with Vesicle Pool Engram Formation DOI 10.1016/j.neuron.2020.05.013 Typ Journal Article Autor Vandael D Journal Neuron Link Publikation -
2020
Titel Selective Routing of Spatial Information Flow from Input to Output in Hippocampal Granule Cells DOI 10.1016/j.neuron.2020.07.006 Typ Journal Article Autor Zhang X Journal Neuron Link Publikation -
2024
Titel Structure, biophysics, and circuit function of a “giant” cortical presynaptic terminal DOI 10.1126/science.adg6757 Typ Journal Article Autor Vandael D Journal Science -
2019
Titel Reachability analysis of linear hybrid systems via block decomposition DOI 10.48550/arxiv.1905.02458 Typ Preprint Autor Bogomolov S -
2023
Titel Imaging brain tissue architecture across millimeter to nanometer scales DOI 10.1038/s41587-023-01911-8 Typ Journal Article Autor Michalska J Journal Nature Biotechnology Seiten 1051-1064 Link Publikation -
2023
Titel Validation of a stereological method for estimating particle size and density from 2D projections with high accuracy DOI 10.1371/journal.pone.0277148 Typ Journal Article Autor Rothman J Journal PLOS ONE Link Publikation -
2023
Titel Dense 4D nanoscale reconstruction of living brain tissue DOI 10.1038/s41592-023-01936-6 Typ Journal Article Autor Velicky P Journal Nature Methods Seiten 1256-1265 Link Publikation -
2024
Titel Developmental transformation of Ca2+ channel-vesicle nanotopography at a central GABAergic synapse DOI 10.1016/j.neuron.2023.12.002 Typ Journal Article Autor Chen J Journal Neuron Link Publikation -
2024
Titel Developmental transformation of nanodomain coupling between Ca2+ channels and release sensors at a central GABAergic synapse DOI 10.15479/at:ista:15101 Typ Other Autor Chen J Link Publikation -
2022
Titel A direct excitatory projection from entorhinal layer 6b neurons to the hippocampus contributes to spatial coding and memory DOI 10.1038/s41467-022-32559-8 Typ Journal Article Autor Ben-Simon Y Journal Nature Communications Seiten 4826 Link Publikation -
2021
Titel The Density Fingerprint of a Periodic Point Set DOI 10.4230/lipics.socg.2021.32 Typ Conference Proceeding Abstract Autor Edelsbrunner H Konferenz LIPIcs, Volume 189, SoCG 2021 Seiten 32:1 - 32:16 Link Publikation -
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Titel ARCH-COMP20 Category Report: Continuous and Hybrid Systems with Linear Continuous Dynamics DOI 10.29007/7dt2 Typ Conference Proceeding Abstract Autor Althoff M Seiten 16--18