Drittwirkung von Grundfreiheiten: Der Normadressat/EG-Recht

Diese Arbeit befasst sich mit der Frage der Drittwirkung der Grundfreiheiten im System des EG-Rechts. Drittwirkung von Grundfreiheiten beinhaltet daher die Frage nach den Voraussetzungen für einen Privaten, sich - im Grundsatz - gegenüber einem anderen Privaten auf eine Bestimmung einer Grundfreiheit zu berufen. Eine solche Grundfreiheit ist auch in diesem Verhältnis - da die Frage der Drittwirkung zuvorderst die Frage nach dem Normadressaten der Grundfreiheiten betrifft - mit Vorrang und unmittelbarer Wirkung ausgestattet. Ziel dieser Untersuchung ist zunächst, die bislang zu diesem Problemfeld ergangene Rechtsprechung des EuGH zu systematisieren. In einem zweiten Schritt soll die in Lehre und Rechtsprechung angewandte Systematik der Grundfreiheiten auf ihre Verwendbarkeit für drittwirkende Grundfreiheiten analysiert - und, vice-versa - Drittwirkung von Grundfreiheiten auf ihre Einfügung in die Systematik der Grundfreiheiten überdacht werden. Gegebenenfalls sollen sowohl an dem bislang bloß in der Judikatur des EuGH vertretenen Konzept der Drittwirkung von Grundfreiheiten sowie an der allgemeinen Systematik der Grundfreiheiten notwendige Änderungen vorgenommen werden. Schließlich soll ein Vorschlag für eine Prüfungsskizze/ein Prüfungsraster für Drittwirkung von Grundfreiheiten vorgelegt werden. Die faktische und rechtliche Bedeutung des Problems der Drittwirkung, das traditionell bereits seinen Platz in der literarischen Diskussion gefunden hat, wird allem Ermessen nach in der Zukunft stark an Bedeutung gewinnen. Mit dem Rückzug des Staates aus weiten Teilen der Wirtschaft und der zunehmenden Übertragung staatlicher Aufgaben an Organe, welche von staatlicher und privater Stelle beschickt und kontrolliert werden, und der zunehmenden Übertragung staatlicher Aufgaben auf Private nimmt der Anwendungsbereich einer potentiell drittwirkenden Grundfreiheit zu. Der erste Abschnitt ist einer Analyse der Judikatur der EuGH und der Stellungnahmen der Lehre zu der Drittwirkung der Grundfreiheiten und anderer EG-rechtlicher Bestimmungen: Im Einzelnen handelt es sich hierbei um den Komplex der Drittwirkung gegenüber Privaten, um jenen von Drittwirkung gegenüber intermediären Gewalten und um zwei weitere Problemkreise, nämlich um jenen der Garantenpflicht eines Mitgliedstaates und um die Van Eycke-Formel. Der dritte Abschnitt stellt in für die Problemstellung dieser Arbeit hervorgestrichenen Grundzügen die Systematik der Grundfreiheiten dar und untersucht etwaige notwendige Änderungen, um das Konzept der Drittwirkung in die bislang geübte Systematik einordnen zu können. Der vierte und letzte Abschnitt befasst sich mit einem neuen Vorschlag für ein Modell für Drittwirkung von Grundfreiheiten.