Bakterielle Dysbiose des Kolons als Ursache der Säuglingsproktokolitis
Colonic bacterial dysbiosis as a cause of infant proctocolitis
Wissenschaftsdisziplinen
Biologie (20%); Gesundheitswissenschaften (30%); Klinische Medizin (50%)
Keywords
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Infant proctocolitis,
Food protein induced proctocolitis,
Enteral microbiota,
Klebsiella oxytoca,
Hermatochezia,
Cow's milk protein
Die Kuhmilchprotein-assoziierte Säuglingsproktokolitis geht mit einer Entzündung des distalen Kolons und Rektums und daraus resultierenden blutigen Stuhlbeimengungen im frühen Säuglingsalter einher. Als Ursache dieser Entzündung gilt derzeit eine allergische Reaktion vom verzögertem Typ (Typ 4) in der Kolon-Schleimhaut auf durch die Ernährung zugeführte Kuhmilchproteine. Die Therapie dieser Patienten gelingt meist erfolgreich über eine Nahrungsumstellung auf extensiv protein-hydrolisierte Formula-Nahrung. Das derzeitige pathophysiologische Erklärungsmodell der Proteinallergie als Ursache der Schleimhautentzündung im distalen Kolon wird jedoch zunehmend in Frage gestellt. Unsere Voruntersuchungen zeigten, dass bei Patienten mit Säuglingsproktokolitis im Vergleich zu gesunden Säuglingen signifikant vermehrt Klebsiella oxytoxa nachweisbar ist. Dieser Darmkeim kann toxin-vermittelt eine hämorrhagische Kolitis auslösen. Wir interpretieren diese Ergebnisse als einen Surrogatmarker für eine krankhaft veränderte Zusammensetzung der Darmbakterien (Dysbiose) im Kolon als Ursache der distalen Kolitis bei der Säuglingsproktokolitis. Unsere Hypothese lautet, dass die mikrobielle Dysbiose im Dickdarm die eigentliche Ursache der hämorrhagischen Schleimhautentzündung bei der Säuglingsproktokolitis darstellt. Für eine Reihe von Erkrankungen (z.B. C. difficile-Kolitis, CED, antibiotika-assoziierte hämorrhagische Kolitis) konnte gezeigt werden, dass die mikrobielle Dysbiose im Dickdarm zur Schleimhautentzündung führt. Weiters wurde der tiefgreifende Einfluss von Ernährungsumstellungen auf das enterale Mikrobiom belegt. Die Umstellung auf eine extensiv hydrolisierte Formula-Nahrung bei Kindern mit Säuglingsproktolitis kann daher über diesen Einfluss auf die enterale bakterielle Zusammensetzung zur Besserung der Erkrankung führen. Wir planen eine prospektive Untersuchung des Darm-Mikrobioms bei Kindern mit Säuglingsproktokolitis. In einer longitudinalen Untersuchung über den gesamten Krankheitsverlauf hinweg sollen mittels 16s-rRNA- und Metagenom-Analyse aus Stuhlproben die dysbiotischen Veränderung des enteralen Mikrobioms dieser Patienten im Vergleich zu einer gesunden Kontroll-Gruppe charakterisiert werden. Weiters wird der Einfluss der therapeutischen Ernährungsumstellung (extensiv hydrolisierte Formular-Nahrung) auf das Darmmikrobiom untersucht. Die bei diesen Patienten und bei gesunden Kontrollen isolierten Klebsiella oxytoca-Stämme werden hinsichtlich ihrer Pathogenität (Toxinproduktion) und ihrer phylogenetischen Herkunft (MLST-Analyse) analysiert. Die vorgelegete Studie könnte zu einem Paradigmenwechsel im pathophysiologischen Erklärungsmodell und im klinischen Management der kuhmilchprotein-assoziierten Säuglingsproktokolitis führen.