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Divergente natürliche Selektion: Triebkraft der Radiation?

Divergent natural selection: driving force of radiation?

Christian Sturmbauer (ORCID: 0000-0003-4170-2765)
  • Grant-DOI 10.55776/P17680
  • Förderprogramm Einzelprojekte
  • Status beendet
  • Projektbeginn 01.01.2005
  • Projektende 31.12.2008
  • Bewilligungssumme 390.625 €
  • Projekt-Website

Wissenschaftsdisziplinen

Biologie (100%)

Keywords

    Adaptive Radiation, Cichlid Fishes, Speciation, Divergent Natural Selection, Competition, Quantitative Genetics

Abstract Endbericht

Die ostafrikanischen Seen mit ihren Buntbarsch-Artenschwärmen sind hervorragende Modellsysteme zum Studium der adaptiven Radiation, eines immer wiederkehrenden Phänomens im Verlauf der Geschichte des Lebens, wobei in kurzer Zeit eine Vielzahl von neuen Arten entstehen. Das vorliegende Projekt basiert auf vier Vorprojekten, aus denen mehr als 30 wissenschaftliche Publikationen entstanden sind. Der Fokus richtet sich auf die treibenden Kräfte der explosiven Artentstehung. Es werden drei wesentliche Themen bearbeitet: (1) Wie groß ist die relative Wichtigkeit von divergenter natürlicher Selektion, ausgelöst durch Konkurrenz, als treibende Kraft der explosiven Artentstehung? Wir haben zwei Gruppen von Modellarten aus dem Tanganyika- und Malawisee ausgewählt, um die Existenz von Selektions-bedingter Adaptation nachzuweisen und ihre Wichtigkeit als Triebkraft der Speziation neben der sexuellen Selektion auf männliche Balzfärbung nachzuweisen. Wir planen, die Evolution quantitativer Merkmale in natürlichen Populationen zu studieren, durch die parallele Analyse der genetischen Verwandtschaft und der Variationsmuster quantitativer Merkmale auf dem Populationsniveau. Durch den Vergleich der Variationsmuster neutraler Merkmale in Relation zu ausgewählten quantitativen Merkmalen kann das Vorhandensein von "character displacement" auf Grund der Wirkung von gerichteter oder disruptiver Selektion nachgewiesen werden. Wir konzentrieren uns hierbei auf die Variation von Strukturen der Kiefer- und Schlundzähne (quantifiziert als QST von morphologischen Merkmalen), gegenüber der Nullhypothese in Form von Evolution durch neutrale Drift (quantifiziert über FST neutraler genetischer Marker). Dieser Ansatz ist neu auf dem Gebiet der Evolutionsstudien an Buntbarschen und soll andere experimentelle Ansätze über Artkreuzungsexperimente, die auf die Identifizierung quantitativer Merkmals-Loci abzielen, ergänzen. (2) Wir planen zweitens unsere im Vorprojekt so erfolgreich begonnenen demographischen Studien mittels Analyse von chemisch markierten Otolithen auf vier neue Arten von Tanganyika-Felscichliden aus dem Süden des Sees auszuweiten, und auch die zeitliche Stabilität der Altersstruktur von Cichliden-Populationen zu untersuchen. (3) Schließlich werden wir die Möglichkeit der Retikulation des Cichliden-Stammbaums durch Hybridisierung und Introgression weiter untersuchen. Unsere bisherigen Studien zeigen immer deutlicher, dass bei Buntbarschen unter bestimmten Rahmenbedingungen Introgression oder Hybridisierung eine dritte Möglichkeit der Artentstehung sein kann. Wir planen einen zweifachen Ansatz: Einerseits studieren wir Tropheus-Populationen, die sekundäre Admixis unterworfen waren, andererseits werden wir lamprologus-artige Buntbarsche weiter untersuchen, die besonders anfällig für intraspezifische Kreuzung sein dürften.

Das Projekt hatte 3 Forschungsziele, wobei das erste auf den Nachweis der Wirkung der natürlichen Selektion in natürlichen Populationen, das zweite auf demographische Aspekte natürlicher Populationen und das dritte auf phylogenetische Muster und die Rolle der Hybridisierung bei der Diversifizierung der Buntbarsch-Artenschwärme gerichtet war. Das erste Projektziel war eine besondere Herausforderung für uns, weil wir uns von phylogenetischen und populationsgenetischen Fragestellungen hin zur Klärung der genetischen Basis der ökologischen und morphologischen Divergenz neu entstehender Arten wendeten. Wir stellten die Schlüsselfrage, ob und in welchem Ausmaß natürliche Selektion für die Evolution von Populations- und Art-Unterschieden verantwortlich ist. Hierzu kombinierten wir geometrisch morphometrische Ansätze mit der Analyse neutraler genetischer Marker, um das Verhältnis von morphologischer und genetischer Unterschiedlichkeit bei räumlich getrennten Tropheus- Populationen unserer Modellgattung für allopatrische Artentstehung, zu studieren, die unterschiedlichen lokalen Einflüssen ausgesetzt waren. Wir wollten einerseits die innerartliche Bandbreite morphologischer Innovation und andererseits die Muster über Artgrenzen hinweg studieren. Zusätzlich wurden Zuchtversuche an 4 geographischen Rassen von Tropheus durchgeführt, um in einem standardisierten Teich-Lebensraum F1 und F2-Nachkommen von Wildfischen und deren Hybriden zu erzeugen, und den erblichen Anteil der morphologischen Unterschiede, sowie den Einfluss der Umweltbedingungen auf die Morphologie, zu ergründen. Das Projekt P17680 hat eine Reihe spannender Ergebnisse erbracht, die in 37 Peer-referierten Publikationen in ISI-gelisteten Journalen erschienen sind. Wir komplettierten und publizierten die mitochondrialen Phylogenien aller in Ostafrikanischen Seen relevanten Buntbarsch-Linien (Tribes) und die molekulare Phylogenie der Ostafikanischen Fiederbartwelse, die durch ihr Kuckucksverhalten berühmt geworden sind. Wir sind besonders stolz auf je eine Arbeit in Nature und den Proceedings of the National Academy of Sciences der USA, und auf den Artikel über Ursprung und Verbreitung der Haplochromis-artigen Buntbarsche, die ausgehend vom Tanganyikasee alle anderen Gewässer Zentral- Süd- und Ostafrikas erobert haben, sowie auf den Nachweis natürlicher Hybride, die eine Rolle im Zuge der adaptiven Radiation der Schneckenhaus-brütenden Zwergbuntbarsche gespielt haben. Diese Arbeiten stellen auch die Highlights unserer internationalen Kooperationen dar. In Bezug auf unsere quantitativ genetischen Studien haben wir innovative geometrisch-morphometrische Ansätze entwickelt, um effizient betäubte Fische natürlicher und künstlicher Populationen morpholgisch zu charakterisieren, wobei auch die Knochen des Kopfskeletts herausgelöst und analysiert wurden, da sie bei Buntbarschen als Schlüssel zur Erschließung neuer Nahrungsnischen gelten. 6 Diplomarbeiten und 2 Dissertationen wurden abgeschlossen, 1 Post-doktoraler Wissenschaftler arbeitet für 1 Jahr und fand dann eine fixe Anstellung. Sein Ausscheiden ermöglichte 2 neuen Dissertantinnen den Beginn ihrer Dissertation.

Forschungsstätte(n)
  • Universität Graz - 100%
Internationale Projektbeteiligte
  • Mark Meekan, Northern Territory University - Australien
  • Jos Snoeks, Royal Museum of Central Africa - Belgien
  • Axel Meyer , Universität Konstanz - Deutschland
  • Kazuhiro Nakaya, Hokkaido University - Japan
  • Michael Taborsky, University of Bern - Schweiz

Research Output

  • 950 Zitationen
  • 18 Publikationen
Publikationen
  • 2010
    Titel Evolutionary history of the Lake Tanganyika cichlid tribe Lamprologini (Teleostei: Perciformes) derived from mitochondrial and nuclear DNA data
    DOI 10.1016/j.ympev.2010.06.018
    Typ Journal Article
    Autor Sturmbauer C
    Journal Molecular Phylogenetics and Evolution
    Seiten 266-284
    Link Publikation
  • 2008
    Titel Assessment of traditional versus geometric morphometrics for discriminating populations of the Tropheus moorii species complex (Teleostei: Cichlidae), a Lake Tanganyika model for allopatric speciation
    DOI 10.1111/j.1439-0469.2007.00447.x
    Typ Journal Article
    Autor Maderbacher M
    Journal Journal of Zoological Systematics and Evolutionary Research
    Seiten 153-161
    Link Publikation
  • 2008
    Titel Geometric morphometrics applied to viscerocranial bones in three populations of the Lake Tanganyika cichlid fish Tropheus moorii
    DOI 10.1111/j.1439-0469.2007.00456.x
    Typ Journal Article
    Autor Postl L
    Journal Journal of Zoological Systematics and Evolutionary Research
    Seiten 240-248
    Link Publikation
  • 2008
    Titel Variation of territory size and defense behavior in breeding pairs of the endemic Lake Tanganyika cichlid fish Variabilichromis moorii
    DOI 10.1007/s10750-008-9567-x
    Typ Journal Article
    Autor Sturmbauer C
    Journal Hydrobiologia
    Seiten 49
  • 2008
    Titel Age and spread of the haplochromine cichlid fishes in Africa
    DOI 10.1016/j.ympev.2008.05.045
    Typ Journal Article
    Autor Koblmüller S
    Journal Molecular Phylogenetics and Evolution
    Seiten 153-169
  • 2008
    Titel Abundance, distribution, and territory areas of rock-dwelling Lake Tanganyika cichlid fish species
    DOI 10.1007/s10750-008-9557-z
    Typ Journal Article
    Autor Sturmbauer C
    Journal Hydrobiologia
    Seiten 57-68
  • 2007
    Titel A single mitochondrial haplotype and nuclear genetic differentiation in sympatric colour morphs of a riverine cichlid fish
    DOI 10.1111/j.1420-9101.2007.01443.x
    Typ Journal Article
    Autor Koblmüller S
    Journal Journal of Evolutionary Biology
    Seiten 362-367
    Link Publikation
  • 2007
    Titel Evolutionary history of Lake Tanganyika’s scale-eating cichlid fishes
    DOI 10.1016/j.ympev.2007.02.010
    Typ Journal Article
    Autor Koblmüller S
    Journal Molecular Phylogenetics and Evolution
    Seiten 1295-1305
  • 2007
    Titel Evolutionary history and biogeographic affinities of the serranochromine cichlids in Zambian rivers
    DOI 10.1016/j.ympev.2007.02.011
    Typ Journal Article
    Autor Katongo C
    Journal Molecular Phylogenetics and Evolution
    Seiten 326-338
  • 2007
    Titel Reticulate phylogeny of gastropod-shell-breeding cichlids from Lake Tanganyika – the result of repeated introgressive hybridization
    DOI 10.1186/1471-2148-7-7
    Typ Journal Article
    Autor Koblmüller S
    Journal BMC Evolutionary Biology
    Seiten 7
    Link Publikation
  • 2006
    Titel Genetic population structure as indirect measure of dispersal ability in a Lake Tanganyika cichlid
    DOI 10.1007/s10709-006-0027-0
    Typ Journal Article
    Autor Koblmüller S
    Journal Genetica
    Seiten 121-131
  • 2009
    Titel Phylogenetic relationships of coral-associated gobies (Teleostei, Gobiidae) from the Red Sea based on mitochondrial DNA data
    DOI 10.1007/s00227-008-1124-7
    Typ Journal Article
    Autor Herler J
    Journal Marine Biology
    Seiten 725-739
  • 2009
    Titel Phylogeographic structure and gene flow in the scale-eating cichlid Perissodus microlepis (Teleostei, Perciformes, Cichlidae) in southern Lake Tanganyika
    DOI 10.1111/j.1463-6409.2008.00378.x
    Typ Journal Article
    Autor Koblmüller S
    Journal Zoologica Scripta
    Seiten 257-268
  • 2008
    Titel The Lake Tanganyika cichlid species assemblage: recent advances in molecular phylogenetics
    DOI 10.1007/s10750-008-9552-4
    Typ Journal Article
    Autor Koblmüller S
    Journal Hydrobiologia
    Seiten 5
  • 2008
    Titel The Great Lakes in East Africa: biological conservation considerations for species flocks
    DOI 10.1007/s10750-008-9554-2
    Typ Journal Article
    Autor Sturmbauer C
    Journal Hydrobiologia
    Seiten 95
  • 2011
    Titel Genetic distinction of four haplochromine cichlid fish species in a satellite lake of Lake Victoria, East Africa
    DOI 10.1111/j.1439-0469.2011.00641.x
    Typ Journal Article
    Autor Odhiambo E
    Journal Journal of Zoological Systematics and Evolutionary Research
    Seiten 51-58
    Link Publikation
  • 2011
    Titel Separated by sand, fused by dropping water: habitat barriers and fluctuating water levels steer the evolution of rock-dwelling cichlid populations in Lake Tanganyika
    DOI 10.1111/j.1365-294x.2011.05088.x
    Typ Journal Article
    Autor Koblmüller S
    Journal Molecular Ecology
    Seiten 2272-2290
  • 2010
    Titel Sexual dimorphism and population divergence in the Lake Tanganyika cichlid fish genus Tropheus
    DOI 10.1186/1742-9994-7-4
    Typ Journal Article
    Autor Herler J
    Journal Frontiers in Zoology
    Seiten 4
    Link Publikation

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