ROMLEX - lexikalische Datenbank der Romani-Varietäten
ROMLEX - the lexical database of Romani varieties
Wissenschaftsdisziplinen
Sprach- und Literaturwissenschaften (100%)
Keywords
-
Romani,
Minderheitensprachen,
Lexikon,
Sprachdokumentation
Ziel des Projektes ist eine umfassende und repräsentative elektronische Dokumentation des Romani-Lexikons, die u.a. weiterführende varietätenvergleichende und varietätenspezifische Untersuchungen des Romani ermöglicht. Zehn ausgewählte Varietäten, die Heterogenität und Vielfalt des Romani repräsentieren, werden auf der Grundlage linguistischer Parameter intern und untereinander in einer eigens dafür entwickelten Datenbank vernetzt. Um die Vergleichbarkeit zu gewährleisten, werden die zehn ausgewählten Glossare sowohl bezüglich der Lexeme von Basisdomänen homogenisiert als auch bezüglich der Schreibung vereinheitlicht. Abgesehen von dieser notwendigen Homogenisierung ist es aber erklärtes Ziel von ROMLEX die Variation des Romani so umfassend wie möglich zu dokumentieren und zugänglich zu machen. Anstatt also unter dem Deckmantel der Sprachdokumentation eine vereinheitlichte "Hochsprache" des Romani zu implementieren, beschreitet der vorliegende Ansatz neue Wege in der Dokumentation von nicht-standardisierten, heterogenen, staatenlosen Diaspora-Sprachen, zumal Variation als primäres Beschreibungskriterium gesehen wird, was notwendig ist, um den realen Verhältnissen derartiger Sprachen gerecht zu werden. Darüber hinaus bezieht ein solcher Ansatz immer auch die soziolinguistische Situation der jeweiligen heterogenen Sprechergemeinschaft ein, die sich aus einer Vielzahl von Gruppen ohne jede Teilhabe an politischer und/oder ökonomischer Macht zusammensetzt. Die formulierten Projektziele wären ohne Vorarbeiten nicht möglich. Während drei vorhergehender Projektphasen wurden Entwicklung und Programmierung der Datenbank weitestgehend abgeschlossen, wobei die Standards moderner elektronischer Sprachdokumentation in aktuelle Open-Source-Datenbank-Technologie implementiert wurden. Darüberhinaus wurden Glossare von fünfundzwanzig Romani-Varietäten erstellt, orthographisch vereinheitlicht, morphosyntaktisch grob-kategorisiert und in verschiedene Sprachen übersetzt (für Details siehe: http://romani.uni-graz.at/romlex/). Umfang und Inhalt dieser Glossare sind aber äussert unterschiedlich, was u.a. vergleichende Untersuchungen ziemlich einschränkt. Das beantragte Projekt bzw. die beantragte Projektphase konzentriert sich - wie gesagt - auf zehn repräsentative Glossare, ihre inhaltliche Homogenisierung und systematische Erweiterung sowie deren interne und externe Vernetzung bzw. Verlinkung, wodurch u.a. umfassende varietätenvergleichende Untersuchungen möglich werden. Dadurch wird ROMLEX nicht nur zur umfassendsten sondern auch zur elaboriertesten lexikalischen Romani- Ressource, die der wissenschaftlichen Öffentlichkeit zugänglich ist. Darüberhinaus wird ROMLEX in einer zukünftigen Ausbaustufe in adaptierter Form auch allgemein zugänglich sein und dadurch sowohl für einfache Abfragen als auch für komplexe linguistische Fragestellungen zur Verfügung stehen. Abgesehen von seiner Bedeutung für die Romani-Linguistik ist ROMLEX als innovativer Ansatz im Bereich der Sprachdokumentation zu sehen. Es bietet ein Modell für Kodifizierung ohne Standardisierung, das der komplexen Situation heterogener, staatenloser Sprachen von Diaspora-Minderheiten gerecht wird. Weiters ist ROMLEX ein Beispiel für den adäquaten Einsatz moderner Technologien in den Geistes- bzw. Kulturwissenschaften. Seine Bedeutung geht aber weit über den wissenschaftlichen Bereich hinaus. Der Stellenwert einer derart umfassenden Dokumentation des Romani-Lexikons für die Sprechergemeinschaft selbst und deren im Entstehen begriffene "Schriftlichkeit" bei gleichzeitiger funktionaler Expansion des Romani wird deutlich, wenn man berücksichtigt, wie hilfreich bereits das bisherige On-Line-Angebot von ROMLEX für Übersetzungen sowie literarische und politische Textproduktion ist.
ROMLEX dokumentiert das Vokabular des Romani. Gegenwärtig kann man über eine frei zugängliche Webseite (http://romani.uni-graz.at/romlex/) das Vokabular von über 25 verschiedenen Romani-Varietäten konsultieren und erhält Übersetzungen ins Englische, Deutsche und andere relevante Mehrheitssprachen wie z.B. Ungarisch, Rumänisch, Serbisch, etc. Darüber hinaus bietet ROMLEX grammatische und etymologische Informationen zu den Einzelwörtern. In der durch den FWF geförderten Projektphase von ROMLEX lag der Arbeitsschwerpunkt auf zehn ausgewählten Romani-Varietäten (Arli-Romani, Bugurdži-Romani, Burgenland- Romani, East Slovak-Romani, Gurbet-Romani, Kalderaš-Romani, Lovara-Romani, North Russian-Romani, Sinte-Romani und Ursari-Romani). Die wichtigsten Ergebnisse in Bezug auf diese Varietäten lassen sich wie folgt zusammenfassen: 1.) die lexikalische Erweiterung und Homogenisierung des Vokabulars der ausgewählten Varietäten auf Basis einer ca. 5000 Wörter umfassenden Abfrageliste 2.) die varietäteninterne Verlinkungen von Einzelwörtern zu Wortfamilien 3.) die Etymologisierung dieser Wortfamilien 4.) die varietätenübergreifenden Verbindungen dieser Wortfamilien auf Basis ihrer Etymologie. Die Daten für die lexikalische Erweiterung wurden mittels Abfragen von kompetenten SprecherInnen der 10 Varietäten gesammelt und schließen nicht nur Lücken im Grundwortschatz, sondern dokumentieren darüber hinaus auch den Gebrauch des Romani in öffentlich-formellen Domänen. Auch bisher fehlende grammatikalische Informationen wurden ergänzt. Somit wird ROMLEX auch zu einem nützlichen Instrument für Textproduzenten. Durch die Erweiterung auf Basis einer standardisierten Wortliste werden die im Zuge der funktionellen Expansion angewandten Strategien zur Erweiterung des Lexikons (Entlehnung vs. Ableitung vs. Periphrase) vergleichbar. Bei der internen Verlinkung werden lexikalische Einträge zu Wortfamilien verknüpft. Somit wird die tatsächliche Auswahl aus den potenziell möglichen morphologischen Wortbildungsstrategien sowie deren Häufigkeit innerhalb einer Varietät sichtbar. Die Wortfamilien werden schließlich zu varietätenübergreifenden "Superfamilien" verknüpft und die jeweilige Ableitungsbasis wird mit etymologischen Informationen versehen. Somit strukturiert die Datenbank das lexikalische Material für varietätenvergleichende Untersuchungen.
- Universität Graz - 100%
Research Output
- 17 Zitationen
- 6 Publikationen
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2011
Titel Language planning and media: the case of Romani DOI 10.1080/14664208.2011.604964 Typ Journal Article Autor Halwachs D Journal Current Issues in Language Planning Seiten 381-401 -
2010
Titel Lexicography of a Non-State Language: The Case of Burgenland-Romani. Typ Conference Proceeding Abstract Autor Rader A Konferenz Dykstra, Anne & Schoonheim, Tanneke. Proceedings of the XIV Euralex International Congress. Leeuwarden/Ljouwert: 236 -
2010
Titel ROMLEX: Leksicka baza podataka varijanta romskog jezika. Typ Journal Article Autor Halwachs Dw Journal Vasic Vera. Diskurs i discursi. Zbornik u cast Svenki Savic, Novi Sad -
2015
Titel Die Bedeutung religiöser Texte für die funktionale Expansion des Romani DOI 10.1515/9783110236262.51 Typ Journal Article Autor Sabaini A Journal Sociolinguistica Seiten 51-65 -
2012
Titel Linguistic diversity, dominated languages and the internet: the case of Romani. Typ Conference Proceeding Abstract Autor Halwachs Dw Konferenz Linguistic and Cultural Diversity in Cyberspace. Proceedings of the 2nd International Conference. Paris/Moscow: UNESCO -
2012
Titel Functional expansion and language change: The case of Burgenland Romani DOI 10.3828/rs.2012.4 Typ Journal Article Autor Halwachs D Journal Romani Studies Seiten 49-66