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Musik und Ton in Wiener Kinos 1896 - 1930

The Sound of Silents. Sound and Music in Viennese Cinemas

Claus Tieber (ORCID: 0000-0001-7471-9817)
  • Grant-DOI 10.55776/P22359
  • Förderprogramm Einzelprojekte
  • Status beendet
  • Projektbeginn 01.04.2010
  • Projektende 31.08.2013
  • Bewilligungssumme 216.165 €
  • Projekt-Website

Wissenschaftsdisziplinen

Kunstwissenschaften (100%)

Keywords

    Filmmusic, Silent Cinema, Film History, Local History Vienna

Abstract Endbericht

Der Gegenstand meines Projekts ist die Musik und der Sound in Wiener Kinos (und deren Vorläufer) von den ersten öffentlichen Filmvorführungen bis zum Ende der Stummfilmära. Der Stummfilm und die Modi musikalischer Aufführungen die mit ihm verbunden waren, werden in ihrer Entwicklung nicht telelogisch gesehen. Unterschiedliche Formen musikalischer Aufführungen bzw. Performances können während dieser Epoche beobachtet werden. Diese wechselten sich nicht einfach ab, sondern existierten zeitweise nebeneinander. Mein Projekt fokussiert auf eben diese unterschiedlichen Modi und deren Beziehung zum Film von den film-ähnlichen Kinoballaden bis hin zu komponierten Scores für Spielfilme. Um die Funktionen von Musik im Stummfilm verstehen und analysieren zu können ist es notwendig die gesamte akustische Ebene zu untersuchen: Musik, Geräusche und Stimmen von Erzählern und Schauspielern bzw. Sängern. Es ist weiters nötig sich nicht auf die Beziehung von Musik und Film allein zu konzentrieren, sondern auf die Funktionen von Sound (in der weitesten Bedeutung des Begriffs) und dem gesamten Programm das aufgeführt wurde, das aus mehr bestand als aus nur einem Film. Das Projekt unterstreicht die Rolle der populären Musik, verstanden im weitesten Sinne - von Volksliedern über Operetten-Schlager bis zu frühem Jazz. In diesem Kontext wird auch die Beziehung der frühen Musikindustrie (Noten, aber auch die beginnende Plattenindustrie) zur Filmindustrie, deren Zusammenarbeit und gegenseitige Einflussnahme, untersucht werden. Mein Projekt beschränkt sich nicht auf Sound und Musik zu österreichischen Filmen, sondern zu allen Filmen, die in Wien in diesem Zeitraum gezeigt wurden. Transnationale Beziehungen zwischen (ausländischem) Film und (Wiener) Musik werde ebenso wie die Beziehung von amerikanischen Filmgenres zu Wiener Musik untersucht werden. Es mag für ein Projekt zur Filmmusik ein wenig absurd erscheinen, aber das Hauptaugenmerk liegt weder auf der Musik selbst noch auf bestimmten Filmen. Im Zentrum stehen vielmehr unterschiedliche Aufführungsweisen in Wiener Kinos (bzw. Vorgängern und anderen Spielstätten) in genannten Zeitraum. Das Projekt basiert auf empirischen Fakten und Indizien und vereint ästhetische mit soziologischen und ökonomischen Ansätzen und Methoden. Meine Erforschung historischer Praxen wird von theoretischen Ansätzen aus verschiedenen Bereichen geleitet. Das Ziel meines Projektes ist eine umfassende Studie zu einem Gebiet zu erarbeiten, das bislang nicht systematisch erforscht wurde. Damit soll nicht nur die Bedeutung von Sound und Musik (nicht nur) für den Stummfilm betont werden. Das Projekt soll all jene inspirieren und zu weiterer Forschung bzw. zu aktuellen Aufführungen anregen, die in diesem Bereich arbeiten: Film- wie Musikwissenschaftler, Musiker, Kuratoren und Archivare.

Ziel des Projektes war es, mittels der geringen erhaltenen Quellen, die akustische Aufführungspraxis in Wiener Kinos (und anderen Orten, an denen Filme gezeigt wurden) und die Entwicklung der Stummfilmmusik nachzuzeichnen. Da bis zur Einführung des Tonfilms um 1930 die Musikbegleitung nicht mechanisch an die einzelnen Filme gekoppelt war, oblag es den im Kino anwesenden MusikerInnen bzw. dem Kinokapellmeister, die geeignete Musik für den Film zu wählen. Somit wurde derselbe Film auf völlig unterschiedliche Weise begleitet und keine Vorführung war absolut identisch. Um nun diese 'Kino-Musik' zu erforschen, rücken Zeitdokumente in den Vordergrund, die sich mit der tatsächlichen Aufführungspraxis der Filme befassen, wie Artikel und Kommentare der Fachpresse, die gelegentlich über die Musik in Kinos berichteten. Weiters bringen Tageszeitungen, Programmzettel von Lokalitäten, wo Filme gezeigt wurden, sowie Anzeigen in verschiedensten Medien, Licht in dieses bisher unerforschte Gebiet der Wiener Kultur-, Musik- und Filmgeschichte. Nach Abschluss des Projektes lässt sich feststellen, dass die Musik in Wiener Kinos genau so unterschiedlich war wie die Vorführorte der Filme. Die Begleitung reichte von Grammophonplatten, über Solopianisten, kleinen Ensembles bestehend aus Klavier, Geige und Schlagzeuger, bis zu Salonorchestern, Chören, Solisten und großen, 60 Mann starken Sinfonieorchestern (diese waren jedoch die Ausnahme in Wien). Die Entwicklung der musikalischen Begleitmusik verlief nicht linear, vielmehr existierten unzählige Formen der Kinomusik zeitgleich und variierten je nach Aufführungsort. Nach Ende des 1. Weltkrieges war die am weitesten verbreitete Besetzung das 6 bis 12-köpfige Salonorchester. Zudem lässt sich für die Wiener Filmproduktion eine außergewöhnlich hohe Anzahl an Musikfilmen konstatieren, d.h. Filme, in denen Musik eine tragende Rolle spielte, wie beispielsweise Künstlerbiographien, sowie Filme, die auf Opern, Operetten, und anderen musikalischen Werken basierten. In Zusammenhang damit ist auch der Einsatz von Vokalmusik zu nennen, der eine wichtige Rolle in der Begleitung von Filmen spielte und in verschiedenen Formen - solistisch, chorisch, mittels Schallplatten, live - dargeboten wurde. Diese Verbindung von Stimme und Film, von gesungenem Text und Bildern stellte eine wichtige Funktion der Kinomusik für das Publikum dar und wurde nicht nur zur Untermalung und emotionalen Aufladung von Szenen, sondern auch als Kommentar zum Leinwandgeschehen eingesetzt. Bis in die späten 1920er bestand das Kinomusik-Repertoire aus einer relativ kleinen Auswahl von bekannten Werken unterschiedlicher Genres von Oper bis zum Wiener Lied. Wiener Musikverlage interessierten sich relativ spät (ab zirka 1926) für die Publikation von Kinomusik. Zusammenfassend wird in der Erforschung der Kinomusik in Wien deutlich, dass Filmaufführungen keineswegs nur mechanische Vorführungen, sondern Live-Events waren, die maßgeblich von ihrer akustischen Seite bestimmt wurden. Mit diesem Projekt wurde endlich die lange ausstehende Untersuchung der Begleitung von stummen Filmen in der Stadt der Musik, in Wien, unternommen und damit ein Grundstein für weitere Arbeiten gelegt.

Forschungsstätte(n)
  • Universität Salzburg - 100%

Research Output

  • 35 Zitationen
  • 7 Publikationen
Publikationen
  • 2015
    Titel "Silent" Films, Singing Voices: Vocal Accompaniment in Viennese Moving Picture Exhibition, 1913-1923
    DOI 10.5406/musimoviimag.8.1.0019
    Typ Journal Article
    Autor Windisch A
    Journal Music and the Moving Image
    Seiten 19-36
  • 2012
    Titel Zur Inszenierung der Stimme.
    Typ Journal Article
    Autor Tieber C
    Journal Hanich, Julian und Wulff, Hans Jürgen (ed.): Auslassen, Andeuten, Auffüllen. Der Film und die Imagination des Zuschauers
  • 2014
    Titel The Sound of Music in Vienna’s Cinemas, 1910–1930
    DOI 10.1057/9781137410726_6
    Typ Book Chapter
    Autor Tieber C
    Verlag Springer Nature
    Seiten 84-102
  • 2014
    Titel The Sound of Music in Vienna’s Cinemas, 1910–1930
    DOI 10.1057/9781137410726.0012
    Typ Book Chapter
    Autor Tieber C
    Verlag Springer Nature
  • 2012
    Titel Opera and Silent Cinema: The Case of Vienna 1895 - 1930
    DOI 10.13140/2.1.4994.4962
    Typ Other
    Autor Tieber C
    Link Publikation
  • 2014
    Titel The Sounds of Silent Films, New Perspectives on History, Theory and Practice
    DOI 10.1057/9781137410726
    Typ Book
    editors Tieber C, Windisch A
    Verlag Springer Nature
  • 2013
    Titel Filme als Cue Sheets.
    Typ Journal Article
    Autor Tieber C
    Journal Journal Kieler Beiträge zur Filmmusikforschung

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