Carbamyliertes high-density Lipoprotein und Atherosklerose

Unter physiologischen Bedingungen vermittelt "high-density lipoprotein" (HDL) den reversen Cholesterintransport und wirkt vaskuloprotektiv und anti-inflammatorisch. Neue Studien weisen jedoch darauf hin, dass HDL-Partikel unter pathophysiologischen Umständen auch Atherosklerose begünstigen können. Ein potentieller Mechanismus beinhaltet möglicherweise die post-translationale Modifikation von HDL durch reaktives Zyanat, welches in humanen atherosklerotischen Läsionen durch das Enzym Myeloperoxidase (MPO) entsteht. Zyanat ist ein Nukleophil, das irreversibel mit Aminosäuren oder mit Lysinresten innerhalb eines Proteins reagiert und zu Proteincarbamylierungen führt. Erste klinische Studien zeigten, dass sowohl carbamylierte Proteine als auch MPO starke Risikofaktoren für die Entstehung von Atherosklerose, zukünftigem Myokardinfarkt oder Schlaganfall sind. Nachdem Myeloperoxidase direkt an HDL in atherosklerotischen Läsionen bindet, kann man davon ausgehen, dass MPO generiertes Zyanat HDL carbamyliert. Wir gehen davon aus, dass eine post-translationale Modifikation durch Zyanat die Funktionalität von HDL beeinträchtigt und möglicherweise HDL in ein pro-atherogenes Lipoprotein transformiert. Spezifische Ziele sind: I. Quantifizierung des Carbamyllysine Gehalts von HDL isoliert aus humanen atherosklerotischen Läsionen und Serum II. Identifizierung von spezifischen Carbamylierungsstellen auf HDLs Apolipoproteinen III. Beeinflußt Zyanat die Fähigkeit von HDL Cholesterin von Makrophagen zu mobilisieren? IV. Moduliert Zyanat die anti-oxidativen und anti-inflammatorischen Eigenschaften von HDL? V. Beeinflußt Zyanat den HDL vermittelten reversen Cholesterol Transport in vivo?

Chronisch Nierenkranke sterben häufig an kardiovaskulären Komplikationen aufgrund eines stark geschädigten Gefäßsystems. Trotz der immensen Bedeutung dieser Problematik existieren derzeit kaum Einsichten in die Pathophysiologie. Inwieweit ein spezielles Zersetzungsprodukt (Cyanat) des bei Nierenkranken im Blut konzentrierten Harnstoffs eine Rolle spielt, wurde in diesem Projekt des FWF erforscht. Während Harnstoff selbst relativ unschädlich ist, können viele Moleküle durch das reaktive Zersetzungsprodukt Cyanat carbamyliert werden und in ihrer Funktion stark beeinträchtigt werden. Neuere klinische Studien liefern klare Belege, dass carbamylierte Proteine ein starker und unabhängiger Risikofaktor für die Entstehung von Atherosklerose oder zukünftigem Herzinfarkt sind. Wir konnten im Laufe des Projektes im humanen Gewebe, Zellkulturexperimenten und im Tiermodell mehrere Mechanismen entschlüsseln, wie Cyanat bei chronischer Nierenerkrankung zu einer nachteiligen Veränderung des Gefäßsystems führen kann. Wir konnten einerseits nachweisen, dass Lipoproteine hoher Dichte (HDL) in der atherosklerotischen Gefäßwand bevorzugt durch Cyanat modifiziert werden. Dabei scheint das Enzym Myeloperoxidase HDL in der entzündeten Gefäßwand über unterschiedliche Mechanismen zu modifizieren. Die protektiven Eigenschaften von HDL werden durch die Carbamylierung deutlich reduziert, ja im Extremfall kann carbamyliertes HDL dann sogar zu einer Gefäßverengung beitragen. Andrerseits konnten wir zeigen, dass freies Cyanat die Aktivität der endothelialen NO- Synthase reduziert und einen in humanen arteriellen Endothelzellen induziert, was zu einer deutlich erhöhten Leukocyten Adhesion führt. In in vivo Experimenten konnten wir eine signifikant erhöhte ICAM-1 Expression in der Gefäßwand der mit Cyanat behandelten Mäusen festgestellen. Interessanterweise zeigte sich, dass lösliche ICAM-1 Proteine signifikant mit dem Carbamylierungsgrad von Plasmaproteinen in Dialysepatienten korrelieren, was die physiologische Relevanz unserer Arbeit unterstreicht. Unsere Ergebnisse zeigen ganz klar, dass freies Cyanat als auch durch Cyanat modifizierte Lipoproteine pro-atherogen sind und zur hohen kardiovaskulären Mortalität von uremischen Patienten beitragen könnten.