Eine analytische Rekonstruktion von Hanslicks Ästhetik
Reconstructing Hanslick´s Aesthetics Analytically
Wissenschaftsdisziplinen
Andere Geisteswissenschaften (20%); Kunstwissenschaften (30%); Philosophie, Ethik, Religion (50%)
Keywords
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Hanslick,
Musical Aesthetics,
Textual Analysis,
Analytical Philosophy Of Music,
Formalism
Eduard Hanslicks Vom Musikalisch-Schönen (VMS, 1854) ist eine der einflussreichsten und meistdiskutierten Abhandlungen der Musikästhetik, die Diskurse zum Wesen der Musik sowie ihrer Beziehung zur menschlichen Gefühlswelt mitgestaltete. Dieser zentrale Traktat erlangte auch bald internationale Aufmerksamkeit und beeinflusste bedeutende Musikphilosophen im deutschen Sprachraum und darüber hinaus. Trotz seiner Wirkung bleibt die Deutung von Hanslicks Argumenten erstaunlich kontrovers und oft widersprüchlich, was Nicholas Cook bewog, VMS als the most-talked-about and least-understood essay on the true nature of music zu bezeichnen. Dieses Projekt will eine erstmalige analytische Rekonstruktion von Hanslicks Abhandlung erarbeiten, um schon lange bestehende Fragen zur komplizierten Organisation und schwerlich fassbaren Argumentation von VMS zu klären. Der nicht-lineare Aufbau des Buches, bei dem die Genese von Kapiteln und Ideen von der letztlichen Druckfassung abweicht, hat problematische Interpretationen nach sich gezogen, die insbesondere Hanslicks Ansichten zu Form(en) und Ausdruck von Musik betreffen. Durch minutiöse Textanalyse soll die logische Struktur von VMS sowie Wechselwirkung und Zusammenspiel von Hanslicks Argumenten entschlüsselt werden. Im Zentrum des Projekts steht ein innovativer zweistufiger Analyseansatz: Auf der Mikro-Ebene werden zentrale Konzepte erörtert und ihre Nutzung über Kapitel und Auflagen hinweg analytisch nachverfolgt, um zu zeigen, wie Hanslick seine Argumente verfeinert aber auch in unterschiedlichen Kontexten wiederverwendet. Auf der Makro-Ebene werden wir die übergeordnete Organisation nachzeichnen, um die Entstehung und Entwicklung von VMS im Kontext von Kapiteln und Auflagen zu rekonstruieren. Dieser Ansatz erhellt zudem Hanslicks Standpunkt zu Themen wie den formalen Qualitäten und dem emotiven Ausdruck von Musik, ohne theoretische Spannungen im Traktat zu kaschieren. Hierzu nutzen wir moderne digitale Methoden, die auf der Plattform Hanslick Online (https://hanslick.acdh.oeaw.ac.at/) verfügbar gemacht werden, auf der wir bereits eine digitale Edition aller zehn Auflagen von VMS anbieten. Der Ausbau dieser Plattform durch detaillierte analytische Kommentare, diverse Formen der Visualisierung, Zeitlinien-Diagramme und eine verbesserte semantische Suche wird es Nutzer:innen ermöglichen, VMS in neuen Tiefen zu erschließen. Diese Tools gestatten eine interaktive und historisch informierte Auseinandersetzung und werden zudem eine Brücke zwischen deutsch- und englischsprachigen Diskursen schlagen. Die Ergebnisse unseres Projekts werden in unserer mit Kommentaren und Annotationen angereicherten digitalen Edition sowie einer Reihe von Artikeln und Vorträgen zu speziellen Themen präsentiert. Indem wir die Komplexität der Argumentation von VMS neu beleuchten, wollen wir die Hanslick-Forschung neu beleben, aber auch die aktuellen Debatten der analytischen Musikästhetik bereichern.
- Irene Brandenburg, Universität Salzburg , assoziierte:r Forschungspartner:in
- Sanja Sreckovic, Ruhr Universität Bochum - Deutschland
- Hanne Appelqvist, University of Helsinki - Finnland
- Nick Zangwill, University College London - Großbritannien
- Tiago Sousa, Universidade do Minho - Portugal
- Lee Rothfarb, University of California at Santa Barbara - Vereinigte Staaten von Amerika