Christof Gattringer (FWF), Juan Pablo Aguilera (TU Wien), Georg Winter (AITHYRA, ÖAW), Manuela Baccarini (UniversitĂ€t Wien) und Maria Leptin (ERC) auf der BĂŒhne
Exzellente Wissenschaft braucht ein exzellentes Arbeitsumfeld – und das beginnt mit verlĂ€sslichen Karrierewegen: Christof Gattringer (FWF), Juan Pablo Aguilera (TU Wien), Georg Winter (AITHYRA, ÖAW), Manuela Baccarini (UniversitĂ€t Wien) und Maria Leptin (ERC). © AIT/Katharina Schiffl

Unter dem Motto „Attracting Excellence: How Can We Succeed in the Competition for Scientific Talent?“ leitete Maria Leptin, PrĂ€sidentin des EuropĂ€ischen Forschungsrats, mit einer Keynote die Diskussion ein. „Wir mĂŒssen jungen Talenten endlich echte UnabhĂ€ngigkeit geben“, brachte sie als zentrale Botschaft mit nach Wien. Zu spĂ€te Tenure-Entscheidungen, Hierarchien und kleinteilige Förderungen verhindern, dass Forschende langfristige Forschungsideen anpacken. Europa habe die Ressourcen, „doch wir brauchen den politischen Mut, Barrieren abzubauen“. Sie betonte, dass junge Forschende vor allem Freiheit, UnabhĂ€ngigkeit und ein inspirierendes Umfeld brauchen. Außerdem mĂŒsse Europa seine strukturellen Nachteile im Vergleich zu den USA und China abbauen: Fragmentierte Fördersysteme, unterschiedliche Pensions- und Anerkennungsregeln sowie spĂ€te Berufungsverfahren erschweren es, internationale Talente anzuziehen.

Fehlende Perspektiven vor allem fĂŒr den Nachwuchs

Christof Gattringer, PrĂ€sident des Wissenschaftsfonds FWF, lenkte als Moderator den Blick auf Österreich und brachte die Ergebnisse der aktuellen FWF-Umfrage unter Österreichs Forschenden mit: 40 Prozent der Befragten hatten zuvor im Ausland gearbeitet, 43 Prozent der Early-Career-Forschenden kamen von einer Stelle im Ausland – ein Hinweis, dass Österreich international attraktiv ist. Gleichzeitig brachte die Umfrage auch Defizite hervor: Zwei Drittel der Postdocs halten ihre Karrierechancen fĂŒr gering.

Manuela Baccarini, Vizerektorin der UniversitĂ€t Wien betonte die Verantwortung der UniversitĂ€ten, Postdocs aktiv bei der Karriereplanung zu unterstĂŒtzen und auch transparent zu sein. „Wir können jungen Forschenden nicht alles geben, was sie wollen, aber wir können ihnen geben, was sie brauchen“, zitierte sie Liz Elvidge vom Imperial College London. Dazu zĂ€hlen Transparenz und individuelle UnterstĂŒtzung. „Postdoc ist keine Karriere, sondern eine Phase zum Aufbauen einer Karriere – innerhalb oder außerhalb der Wissenschaft“, so Manuela Baccarini. Transparenz und Ehrlichkeit seien entscheidend: klare Zeithorizonte, individuelle Coachings, internationale Vernetzung und ein Kulturwandel hin zu mehr WertschĂ€tzung unterschiedlicher Karrierewege. Nur so ist es möglich, selbstbewusste Entscheidungen zu treffen und Chancen realistisch einschĂ€tzen zu können.

Georg Winter, „Life Science Direktor“ von AITHYRA, dem an der Österreichischen Akademie der Wissenschaften (ÖAW) eingerichteten neuen Forschungsinstitut fĂŒr KĂŒnstliche Intelligenz in der Biomedizin, nutzte die Gelegenheit, um fĂŒr mehr DurchlĂ€ssigkeit zwischen Wissenschaft und Wirtschaft zu werben. Viele Postdocs wĂŒrden sich zu sehr auf den klassischen Professor:innenweg fixieren, obwohl es spannende Alternativen in Biotech, Start-ups und Industrie gebe. „Wir mĂŒssen zeigen, dass auch außerhalb der UniversitĂ€t exzellente Forschung möglich ist – und attraktiv“, betonte er. AITHYRA wolle selbst mit gut finanzierten, unabhĂ€ngigen Gruppenleitungsstellen und klaren Regeln fĂŒr Spin-offs ein Vorbild sein. Eine Kultur, die Experimente und sogar Scheitern erlaubt, sei entscheidend, um Talente zu halten und Innovation voranzutreiben. Gleichzeitig ist es auch wichtig, das Forschen in Wirtschaft und Industrie nicht zu verklĂ€ren; ein StĂŒck UnabhĂ€ngigkeit geht im Vergleich zur akademischen Forschung verloren.

Juan Pablo Aguilera, Mathematiker an der Technischen UniversitĂ€t Wien und FWF-START-PreistrĂ€ger, ging auf seine Motivation ein, warum er sich fĂŒr Österreich als Forschungsland entschieden hat. Hierzulande sei die wissenschaftliche Freiheit groß, das Umfeld und die Peers attraktiv, manche Struktur jedoch verbesserungsfĂ€hig. Entscheidend aus seiner Sicht sind unkomplizierte Visa- und Einwanderungsverfahren, englischsprachige UnterstĂŒtzung beim Ankommen, steuerliche Anreize sowie transparente Bewerbungsprozesse und klar kommunizierte Karrierewege. Nur so lasse sich sicherstellen, dass die besten jungen Forscher:innen aus dem Ausland nach Österreich kommen – und bleiben.

Die Diskussion mĂŒndete in einen klaren Appell: UniversitĂ€ten, Förderagenturen und Forschungspolitik sollen gemeinsam planbare Karrierewege schaffen, internationale MobilitĂ€t erleichtern und die besten Köpfe unabhĂ€ngig von Herkunft willkommen heißen. „Europa kann Exzellenz“, so die ERC-PrĂ€sidentin Maria Leptin. „Jetzt brauchen wir den Mut, diesen Weg auf breiter Ebene zu gehen. Wir können es uns nicht leisten, Talenten keine Chancen zu geben.“

Hören Sie die Diskussion „Attracting Excellence: How Can We Succeed in the Competition for Scientific Talent?“ vom 11. September 2025 bei den Technology Talks Austria nach:

Am Podium:

  • Maria Leptin, European Research Council
  • Manuela Baccarini, UniversitĂ€t Wien
  • Georg Winter, AITHYRA, Österreichische Akademie der Wissenschaften
  • Juan Pablo Aguilera, FWF-START-Preis, TU Wien
  • Moderation: Christof Gattringer, Österreichischer Wissenschaftsfonds FWF

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