Tango Tanz und Musik

Dieses Buch untersucht die Musik und den Tanz des tango argentino, insbesondere die Art und Weise, wie er derzeit in Europa praktiziert wird. Tango argentino ist eine Musik-Tanz Praxis, die überall auf der Welt zu finden ist. Tänzer*innen und Musiker*innen sind auf vielfältige Weise miteinander verbunden, zum Beispiel durch Reisen oder über soziale Medien, sie bilden somit ein translokales Netzwerk. In diesem Buch untersuche ich den translokalen tango argentino in seinen vielen Facetten: Bewegungsstrukturen, Klangstrukturen, Tänzer*innen und Musiker*innen, sowie die komplexen Beziehungen zwischen all diesen Faktoren, die den Tango als Ganzes prägen. Diesen Ansatz nenne ich choreomusikalisch: Ich betrachte Musik und Tanz und ihre Beziehungen als wichtigen Einfluss auf die Art und Weise, wie der Tango praktiziert wird. Mein besonderes Interesse gilt der Frage, was Tango Tanzbarkeit und Tango Musikalität für aktive Tango Tänzer*innen und Tango Musiker*innen bedeuten. Um Tango Musik / Musikalität und Tango Tanz / Tanzbarkeit zu erforschen, verwende ich qualitative (ethnographische) und quantitative (computergestützte) Methoden. Das bedeutet, dass ich ethnografische Ansätze wie Interviews und teilnehmende Beobachtung verwende und eng mit Tänzer*innen und Musiker*innen zusammenarbeite, um Erkenntnisse zu gewinnen und Wissen gemeinsam zu entwickeln. Außerdem verwende ich computergestützte Methoden wie die statistische Auswertung von Umfragen oder die optische Bewegungserfassung (motion capture), um die Tangobewegungen und ihre Beziehung zur Musik zu analysieren. Das Buch enthält einen kurzen historischen Überblick über die Praxis des tango argentino im 20. Jahrhundert. Hier führe ich die Entwicklung der Tango Musik und des Tango Tanzes zusammen, um die Hintergründe der Verbindungen und auch Trennungen zwischen Musik und Tanz in der Entwicklung des tango argentino besser zu verstehen. Der erste Hauptteil des Buches befasst sich mit dem Aspekt der Tanzbarkeit von Tango Musik. Meine Untersuchung basiert auf Aussagen von Tango-DJs, Tango-Tanzlehrer*innen und Tango-Musiker*innen bezüglich der Tanzbarkeit von Tango, sowie auf experimentellen Ansätzen. Der zweite Teil ist dem Tango Tanz und seiner Musikalität gewidmet. Hier untersuche ich mit quantitativen und qualitativen Methoden Tango Bewegungsrepertoire und Prinzipien und wie diese mit musikalischen Merkmalen des Tangos zusammenhängen. Meine Forschung zeigt, dass Musik und Tanz im tango argentino eng miteinander verbunden sind und dass es eine gegenseitige Beeinflussung gibt. die die Praxis insgesamt historisch, soziologisch und durch die Bewegungs- und Musikstrukturen selbst prägt. Dieser wichtige Zusammenhang spiegelt sich in den Begriffen Tango Musikalität und Tango Tanzbarkeit wider: Einerseits streben Tangotänzer*innen nach Musikalität in ihrem Tanz, was für sie bedeutet, dass sie die Musik interpretieren und durch ihren improvisierten Tanz gut interpretieren können; sie wollen die Musik verkörpern. Auf der anderen Seite bemühen sich Tangomusiker*innen, die Tango für Tanzende spielen, ihre Musik tanzbar zu spielen, d.h. die Musik soll den Tänzer*innen Lust und auch Spaß machen, dazu zu tanzen.