Wasserwirtschaftliche Systeme

Wasserwirtschaftliche Systeme sind sowohl aus gesellschaftlicher als auch aus wissenschaftlicher Sicht von größter Bedeutung. Die Rolle des Menschen in diesem System wird durch die Nutzung und Verunreinigung der Wasservorkommen besonders deutlich. Andererseits kommt es auch durch Extremereignisse wie Hochwässer oder Dürren zur Gefährdung des Menschen. All das macht eine Bewirtschaftung der Wasservorkommen unerlässlich, wobei das Verständnis über die Prozesse eine wesentliche Grundlage bildet. Wasserwirtschaftliche Systeme sind besonders interessante wissenschaftliche Studienobjekte und zur Durchführung interdisziplinärer Forschungsvorhaben ausgezeichnet geeignet, da die meisten Fragestellungen viele Prozesse und mehrere Skalen umfassen. Das Thema Wasserwirtschaftliche Systeme bietet sich deshalb in besonderem Maße für ein Doktoratskolleg (DK-plus), bei dem der Schwerpunkt auf der Vernetzung der Disziplinen liegt, an. Die im beantragten DK-plus beteiligten Disziplinen sind: Hydrologie, Hydrogeologie, Wassergütewirtschaft, aquatische Mikrobiologie, Baumechanik, Ressourcenmanagement und Fernerkundung. Aus der Perspektive der Forschung ist das Ziel dieses DK-plus ein besseres Verständnis von komplexen Wasserwirtschaftlichen Systemen, um genauere Vorhersagen der zukünftigen Quantität und Qualität der Wasserressourcen zu ermöglichen. Die betrachteten Systeme sind natürliche Systeme wie Grundwasserkörper, Fließgewässer und Einzugsgebiete, und anthropogene Systeme wie wasserwirtschaftliche Anlagen (z.B. Talsperren, Rohrsysteme) sowie anthropogene Stoffkreisläufe. Die natürlichen und anthropogenen Systeme sind in vielfältiger Weise gekoppelt. Aus der Perspektive der Ausbildung ist es das Ziel dieses DK-plus, ein exzellentes Ausbildungsprogramm anzubieten, das es den Absolvent/-innen ermöglicht, quantitative Vorhersagen der Systemdynamik zu erstellen und diese zu bewerten. Im Zentrum des Interesses steht die Wechselwirkung zwischen physikalischen, chemischen und biologischen Prozessen in Grundwasserkörpern und in Einzugsgebieten. Die folgenden sieben spezifischen Forschungsthemen sollen untersucht werden: Austauschprozesse zwischen Grundwasser und Oberflächengewässer; Hochwasser auslösende Prozesse auf der regionalen Skale; Probabilistische Methoden zur Beurteilung der Nachhaltigkeit wasserwirtschaftlicher Anlagen; Anthropogener Metabolismus und dissipative Flüsse; Laserscanning und Radar Fernerkundung von Wasserressourcen; Transport von Nährstoffen in Flusseinzugsgebieten. Zwischen den Themen ergeben sich vielfältige Bezugspunkte. Beispielsweise werden beim Thema Hydrogeologie/Grundwasserqualität mikrobiologische Kenngrößen von der Laborskale auf die Skale von Aquiferen hinaufskaliert. Die Erkenntnisse der aquatischen Mikrobiologie zur mikrobiellen Dynamik im Grundwasser werden in numerische hydrogeologische Modelle eingearbeitet. Aus der Baumechanik fließen Erfahrungen mit numerischen Methoden zur Beschreibung komplexer Systeme und insbesondere mit stochastischen Ansätzen zur Beschreibung von sub-grid Variabilität ein. Die Fernerkundung trägt Expertise zu Digitalen Geländemodellen bei, da deren Genauigkeit für die Beschreibung von Austauschvorgängen zwischen Grundwasser und Oberflächenwasser in Auenlandschaften von größter Bedeutung ist. Die Messung von Nährstoffen in Fließgewässern und das Verständnis der Herkunft dieser Nährstoffe durch die Wassergütewirtschaft bauen auf Erfahrungen der Hydrologie und des Ressourcen-managements auf. Zu den wesentlichsten innovativen Schritten der Forschung in diesem DK-plus zählen: die Integration von Tracerversuchen mittels Mikroorganismen auf der Feldskale und in Laborexperimenten und deren hydrodynamische Modellierung zum besseren Verständnis von Gesundheitsrisken an der Grenzfläche Gewässer- Aquifer; Methoden zur Analyse von hochwasserauslösenden Prozessen auf unterschiedlichen Skalen mittels probabilistischer Ansätze; Probabilistische Methoden zur Bewertung der Dauerhaftigkeit wasserwirtschaftlicher Anlagen auf Basis stochastischer Ansätze; Entwicklung von Maßzahlen zur Quantifizierung von Dissipations- und Devaluierungsphänomenen von Stoffflüssen im Zusammenhang mit der Wasserbewegung sowie die Bestimmung von Nährstoffflüssen auf der regionalen Skale und eine Abschätzung deren Unsicherheit; und neue Methoden zur besseren Interpretation von Laserscanningsignalen auf Basis hydrologischer Informationen der Landoberfläche. Zwischen den meisten Universitätslehrern dieses DK-plus bestehen bereits Kooperationen, entweder in gemeinsamen Forschungsprojekten oder in der Lehre, wodurch die Zusammenarbeit innerhalb des DK-plus erheblich erleichtert wird. Das internationale Ansehen der Universitätslehrer dieses DK-plus ist ausgezeichnet. Die Publikationsliste von Prof. Blöschl weist beispielsweise 207 Artikel auf, davon sind 82 begutachtete Zeitschriftenartikel, die mehr als 1200 mal laut ISI Datenbank zitiert wurden, und sein H-Index ist 20. Er ist oder war Herausgeber bzw. Mitherausgeber von elf der renommiertesten internationalen Fachzeitschriften, ist ein Fellow der American Geophysical Union, Präsident der Internationalen Kommission für Wasserwirtschaftliche Systeme, Vorsitzender einer UNESCO Arbeitsgruppe betreffend Hochwässer und Vorsitzender einer internationalen Initiative betreffend unbeobachtete Einzugsgebiete. Prof. Bucher publizierte 46 begutachtete Zeitschriftenartikel, Prof. Farnleitner publizierte 42, von denen die Hälfte in Zeitschriften mit einem ISI Impaktfaktor größer als zwei erschienen sind. Prof. Wagner publizierte 43 begutachtete Zeitschriftenartikel, die mehr als 250 mal laut ISI Datenbank zitiert wurden, und sein H-Index ist 10. Alle Universitätslehrer dieses DK- plus waren in führender Rolle bei wichtigen wasserwirtschaftlichen Projekten beteiligt. Der Mehrwert des Doktoratskollegs gegenüber einer Einzelausbildung besteht vor allem aus dem gegenseitigen Erfahrungsaustausch der Kollegiat/-innen aus den verschiedenen Disziplinen auf einem hohen wissenschaftlichen Niveau. Die Zusammenarbeit wird durch vier disziplinübergreifende Aspekte unterstützt, die das DK-plus in sich vernetzen: (a) Bei den meisten Dissertationen dieses DK-plus widmen sich zwei oder drei Disziplinen dem gleichen Grundwasserkörper oder Einzugsgebiet. (b) Wechselwirkungen über Systemgrenzen (z.B. Land-Wasser, Land-Luft) stehen bei allen Dissertationen im Vordergrund. (c) Ein Querschnittsthema Risikobewertung sorgt zusätzlich für die gegenseitige Befruchtung/Bereicherung der Disziplinen. Für dieses Querschnittsthema wird eine Postdoc Stelle beantragt. Der/die Postdoc wird die Qualität der Dissertationen, durch Konfrontation der Kollegiat/- innen mit einheitlichen Risikokonzepten, durch zusätzliche detaillierte Analysen ihrer Daten, und durch zusätzlichen Input zu ihren Dissertationen, wie etwa Risikoniveaus und Unsicherheitsanalysen, erheblich steigern. (d) Ein Ausbildungsprogramm für alle Kollegiat/-innen, das speziell auf dieses DK-plus zugeschnitten wurde. Das wissenschaftliche Ausbildungsprogramm besteht aus einem Basisprogramm, das die Kollegiat/-innen auf ein einheitlich hohes Niveau des Verstehens Wasserwirtschaftlicher Systeme bringt; aus Blockvorlesungen, die von renommierten Wissenschaftern aus dem Ausland gehalten werden; und aus einem vertiefenden Programm, das den Kollegiat/-innen ein weitergehendes Verständnis Wasserwirtschaftlicher Systeme sowie fortgeschrittener wissenschaftlicher Methoden vermittelt, und ihnen erlaubt, solche Systeme auf einem hohen wissenschaftlichen Niveau zu analysieren. Zusätzlich wird die Sozialkompetenz in einer Workshopreihe zu Themen wie Präsentationstechnik und Projektmanagement geschult. Publikationsseminare und jährliche DK-plus Symposien fördern die Interaktionen zwischen den Kollegiat/-innen und schaffen eine Atmosphäre der intellektuellen Stimulation. Ein strukturiertes Betreuungs- und Mentoringprogramm besteht aus regelmäßigem Mentoring im Zweiergespräch, Mitbetreuung durch ein oder zwei anerkannten Wissenschafter aus dem Ausland, regelmäßige Berichte (einschließlich einem Dissertationsentwurf im ersten Semester und Zwischenberichten), Lernen an der Ausarbeitung von Zeitschriften-publikationen, und einem Schwerpunkt auf dem Lernen in und durch die Gruppe. Dieser Lerneffekt wird durch 14 Assoziierte Kollegiat/-innen verstärkt, die aus Projektmitteln der betreuenden Professoren finanziert werden (zusätzlich zu den 7 durch den FWF geförderten Kollegiat/-innen). Im Ausbildungs- und Betreuungsprogramm steht die internationale Dimension im Vordergrund, die durch die Blockvorlesungen, ein Gastwissenschafter-programm, einen einsemestrigen Forschungsaufenthalt der Kollegiat/-innen in einem der attraktiven internationalen Partnerinstitute, und Unterstützung durch die Betreuer bei der Vernetzung auf internationaler Ebene realisiert wird. Dies wird durch die ausgezeichneten internationalen Kontakte der Betreuer wesentlich erleichtert. Das Qualifikationsprofil der Absolvent/-innen dieses DK-plus bereitet sie ausgezeichnet darauf vor, komplexe Wasserwirtschaftliche Systeme, einschließlich menschlicher Eingriffe zu verstehen. Sie werden in der Lage sein, die Dynamik solcher Systeme und die Bedeutung von Interaktionen und Rückkoppelungsprozessen der Systemkomponenten bei unterschiedlichen naturräumlichen und gesellschaftlichen Rahmenbedingungen vorherzusagen und zu bewerten. Alle Absolvent/-innen werden ein ausgezeichnetes vertieftes Verständnis ihres eigenen Forschungsthemas besitzen, sowie ein sehr gutes Verständnis der verwandten Thema und der jeweiligen Bezüge. Ihre technische Ausbildung auf höchsten Standards, der interdisziplinäre Forschungsansatz, außerordentlich hohe Motivation, herausragende Vernetzung und Sozialkompetenz bieten Ihnen die besten Chancen auf dem internationalen Arbeitsmarkt im universitären Bereich, in der Industrie und der Verwaltung. Die TU Wien unterstützt dieses Doktoratskolleg DK-plus in umfangreicher Weise. Die Sachleistungen der TU Wien betragen etwa 250 000 Euro pro Jahr (einschließlich 14 zusätzliche Arbeitsplätze für Kollegiat/-innen), die Barleistungen betragen 105 000 Euro pro Jahr (einschließlich Gehälter für 2 assoziierte Kollegiat/-innen - also insgesamt 1.26 Millionen Euro über die Gesamtlaufzeit des DK-plus von 12 Jahren), und zusätzliche Förderungsmöglichkeiten für Geräte und Gastprofessoren wurden mit 35 000 Euro pro Jahr abgeschätzt. Zu dem Beitrag der TU Wien zu diesem DK-plus zählt auch eine Fülle materieller Infrastruktur wie etwa Laboratorien und EDV Systeme, sowie immaterieller Infrastruktur wie Services (z.B. Frauenförderungsprogramm, Karriereentwicklungsprogramm) und ein Umfeld, das es ermöglicht, das DK-plus in das Forschungs- und Lehrumfeld nahtlos zu integrieren. Begleitend sind zahlreiche Aktivitäten zur Verbreitung der Ergebnisse dieses DK-plus auf universitärer, nationaler und international Ebene geplant, um einen größtmöglichen Impact zu erzielen. Die renommierten Universitätslehrer und das innovative multidisziplinäre Forschungs-programm machen dieses DK-plus für Bewerber aus dem Ausland sehr attraktiv. Das speziell auf dieses DK-plus zugeschnittene Ausbildungsprogramm wird Absolvent/-innen mit hervorragenden technischen Fähigkeiten und Sozialkompetenz hervorbringen, die es ihnen erlauben, komplexe wasserwirtschaftliche Probleme zu lösen und an der internationalen Forschungsfront höchst erfolgreich zu sein.