Riesenschildkröte im Meer
Im Programm Top Citizen Science binden Forschende BĂŒrger:innen aktiv in den Forschungsprozess ein. © Unsplash/Jakob Owens

Wissenschaft ist mit unserem Alltag und der Gesellschaft eng verwoben. Das zeigen die fĂŒnf Projekte, die durch die Förderung des FWF-Programms Top Citizen Science zwei Jahre lang gemeinsam mit Nichtwissenschaftler:innen durchgefĂŒhrt werden.

FĂŒr 2025 vergab der FWF Fördermittel in Höhe von insgesamt 495.554 Euro an fĂŒnf Top-Citizen-Science-Projekte, die von 2026 bis 2027 laufen. Die Bandbreite reicht von Gesundheitswissenschaften, Kommunikationswissenschaften, Psychologie, Biologie bis hin zu Wirtschaft. Alle Top-Citizen-Science-Projekte sind jeweils Teil eines vom FWF geförderten Basis-Forschungsprojekts, das sie durch Citizen Science Aspekte ergĂ€nzen. Auf diese Weise wird ein hohes akademisches Niveau der Projekte sichergestellt.

Vier der geförderten Top-Citizen-Science-Projekte im Einzelnen

CONNECT – Evidenzbasierte Gesundheitsinformationen

Im Forschungsprojekt „CONNECT“ von Andrea Siebenhofer-Kroitzsch von der Medizinischen UniversitĂ€t Graz entwickeln Wissenschaftler:innen gemeinsam mit Citizen-Scientists Leitprinzipien fĂŒr die Gestaltung von Gesundheitsinformationen.

Mentale Gesundheitskompetenz PART-Y

Im Forschungsprojekt „Mental Health Literacy PART-Y“ von Lilian Konicar, Medizinische UniversitĂ€t Wien, wirken Jugendliche aktiv an der Forschung mit und untersuchen gemeinsam mit Wissenschaftler:innen, wie ihre Generation psychische Gesundheit versteht.

ReWilding Floreana Gemeinsam

Einwohner:innen der GalĂĄpagos-Insel Floreana erforschen im Projekt „ReWilding Floreana Gemeinsam“ mit Sonia Kleindorfer und ihrem Team an der UniversitĂ€t Wien, wie sich Ökologie, Verhalten und Genetik der Populationen auf der Insel nach der Wiederansiedelung verĂ€ndern.

Mehrsprachige Stimmen stÀrken (EMuVo)

Das Projekt „EMuVo“ von Miriam Weidl an der UniversitĂ€t Wien fragt nach, wie MittelschĂŒler:innen aus Familien mit Migrationshintergrund ihre Mehrsprachigkeit im Alltag erleben, und geht dazu direkt in das Zuhause der Jugendlichen, die als Citizen-Scientists mitarbeiten.

CONNECT – Evidenzbasierte Gesundheitsinformationen

CONNECT – Evidenzbasierte Gesundheitsinformationen
PortrÀt Andrea Siebenhofer-Kroitzsch
Andrea Siebenhofer-Kroitzsch, Projektleiterin von „CONNECT“ © privat

Gesundheitsinformationen begegnen uns heute ĂŒberall – in Medien, Apps, sozialen Netzwerken oder in der Arztpraxis. Vielen Menschen fĂ€llt es jedoch schwer, einzuschĂ€tzen, welchen Informationen sie vertrauen können und welche Interessen dahinterstehen. „Gleichzeitig steht die Wissenschaft vor der Herausforderung, Gesundheitsinformationen so aufzubereiten, dass sie leicht verstĂ€ndlich, im Alltag umsetzbar und zugleich wissenschaftlich korrekt sind“, sagt Andrea Siebenhofer-Kroitzsch von der Medizinischen UniversitĂ€t Graz. „CONNECT“ setzt hier an: Gemeinsam mit BĂŒrger:innen entwickeln die Wissenschaftler:innen Leitprinzipien fĂŒr evidenzbasierte Gesundheitsinformationen. „Im Zentrum steht die Frage, nach welchen Kriterien Menschen Gesundheitsinformationen als vertrauenswĂŒrdig beurteilen – und wie sich diese Perspektiven mit etablierten QualitĂ€tsstandards vereinen lassen.“ Kern von „CONNECT“ ist eine Gruppe von 10 bis 15 Citizen-Scientists. Sie sammeln und analysieren Gesundheitsinformationen und fĂŒhren Interviews mit ihrem Umfeld, um zu erfassen, ob und warum Menschen Gesundheitsinformationen weiterempfehlen. Schließlich erarbeiten Citizen-Scientists und Wissenschaftler:innen gemeinsam Leitprinzipien fĂŒr die Gestaltung von Gesundheitsinformationen. „Diese Leitprinzipien sollen eine BrĂŒcke schlagen zwischen wissenschaftlicher Evidenz und dem, was Menschen im Alltag brauchen, um gut informierte Entscheidungen ĂŒber ihre Gesundheit treffen zu können.“

Projektleitung

Andrea Siebenhofer-Kroitzsch, Medizinische UniversitÀt Graz

Disziplin

Gesundheitswissenschaften

Fördervolumen

99.592 €

Mentale Gesundheitskompetenz PART-Y

Mentale Gesundheitskompetenz PART-Y
PortrÀt Lilian Konicar
Lilian Konicar, Projektleiterin von „Mentale Gesundheitskompetenz PART-Y“ © Matthias Dorninger

Immer mehr Menschen – besonders Jugendliche – berichten ĂŒber psychische Probleme. Viele junge Menschen informieren sich ĂŒber soziale Medien zu Themen der mentalen Gesundheit – und treffen dabei schnell auf Inhalte, die unzuverlĂ€ssig sind oder ihnen schaden können. „ZuverlĂ€ssige Informationen sind dringend erforderlich. Aber um die Jugend zu erreichen, muss die Wissenschaftskommunikation an ihre LebensrealitĂ€t, ihre Sprache und ihre digitale Welt angepasst werden“, erklĂ€rt Lilian Konicar vom ABC BRAIN LAB an der Medizinischen UniversitĂ€t Wien. Das Projekt „Mental Health Literacy PART-Y (Participating Youth)“ macht Jugendliche zu Mitwirkenden der Forschung. Gemeinsam mit Wissenschaftler:innen untersuchen sie, wie ihre Generation psychische Gesundheit versteht und welche WissenslĂŒcken bestehen. In Workshops teilen Jugendliche ihre Erfahrungen im Umgang mit dem Erwerb und der Vermittlung von Wissen ĂŒber psychische Gesundheit, etwa zur Informationssuche und zu verfĂŒgbaren professionellen Hilfsangeboten. Im Anschluss entsteht in Mitwirkung ein Fragebogen zur psychischen Gesundheitskompetenz, der sich gezielt an Jugendliche wendet. „Wir beziehen die komplexe Rolle der sozialen Medien ein, denn sie sind sowohl ein Risikofaktor als auch eine potenzielle Ressource. So bieten wir einen einzigartig umfassenden und zeitgemĂ€ĂŸen Blick auf die psychische Gesundheit von Jugendlichen“, sagt Konicar. Anschließend entwickeln Jugendliche gemeinsam mit Forscher:innen Social-Media-Content, der die identifizierten WissenslĂŒcken adressiert.

Projektleitung

Lilian Konicar, Medizinische UniversitÀt Wien

Disziplinen

Gesundheitswissenschaften, Klinische Medizin, Medien- und Kommunikationswissenschaften, Psychologie

Fördervolumen

99.824 €

ReWilding Floreana Gemeinsam

ReWilding Floreana Gemeinsam
PortrÀt von Sonia Kleindorfer
Sonia Kleindorfer, Projektleiterin von „ReWilding Floreana Gemeinsam“ © Daniela Matejschek

Eines der weltweit ambitioniertesten Renaturierungsprojekte startet derzeit auf der GalĂĄpagos-Insel Floreana: Zwölf lokal ausgestorbene Arten, darunter der GalĂĄpagosbussard und die Floreana-Riesenschildkröte, werden wieder angesiedelt. Sonia Kleindorfer und ihr Team an der UniversitĂ€t Wien erforschen, wie sich Ökologie, Verhalten und Genetik der Populationen auf Floreana nach der Wiederansiedelung verĂ€ndern. Im Rahmen von „ReWilding Floreana Gemeinsam“ arbeiten die Forscher:innen dabei eng mit den rund 160 Einwohner:innen Floreanas zusammen. Sie sind eingeladen, ihre Sichtungen der zurĂŒckgekehrten sowie anderer lokaler Arten mit einer eigenen Citizen-Science-App zu dokumentieren. So können die Interaktion von Arten und VerĂ€nderungen im Lebensraum besser verstanden werden. „Gleichzeitig unterstĂŒtzen wir die lokale Gemeinschaft darin, eine aktive Rolle als Bewahrende und Vermittler:innen dieses historischen Wiederansiedelungsprojekts zu ĂŒbernehmen“, erklĂ€rt Kleindorfer. Die Teilnehmer:innen arbeiten mit dem Forschungsteam zusammen, um die App zu gestalten, ForschungsprioritĂ€ten festzulegen und die Ergebnisse vor Ort vorzustellen. „Indem sie Beobachtungen beisteuern, ihr lokales Wissen einbringen und bei der gemeinsamen Entwicklung der AktivitĂ€ten mitwirken, werden die Bewohner:innen zu Mitforschenden – statt passive Beobachter:innen des Naturschutzes zu sein.“ Ihre Beobachtungen helfen dem GalĂĄpagos-Nationalpark, Entscheidungen zum langfristigen Schutz des Ökosystems zu treffen.

Projektleitung

Sonia Kleindorfer, UniversitÀt Wien

Disziplinen

Biologie, Wirtschaftswissenschaften

Fördervolumen

99.853 €

Mehrsprachige Stimmen stÀrken (EMuVo)

Mehrsprachige Stimmen stÀrken (EMuVo)
PortrÀt von Miriam Weidl
Miriam Weidl, Projektleiterin von „EMuVo“ © Sandra Malesic (bearbeitet)

Wie erleben MittelschĂŒler:innen aus Familien mit Migrationshintergrund ihre Mehrsprachigkeit im Alltag und wie kann ein diverser sprachlicher Hintergrund im Unterricht als Potenzial genutzt werden? Das Projekt „EMuVo“, geleitet von Miriam Weidl an der UniversitĂ€t Wien, nĂ€hert sich diesen Fragen dort, wo Mehrsprachigkeit oft fluid gelebt wird: im Zuhause der Jugendlichen. SchĂŒler:innen spielen als Citizen-Scientists eine zentrale Rolle, denn sie dokumentieren und analysieren die Mehrsprachigkeit in ihrem heimischen Umfeld und interviewen ihr soziales Umfeld mehrsprachig ĂŒber ihre linguistischen Praktiken und Überzeugungen. „WĂ€hrend bisherige Forschung meist öffentliche Sprachlandschaften betrachtet, richten wir mit ,EMuVo‘ den Fokus auf das private Umfeld und damit auf einen bislang wenig erforschten Bereich“, erklĂ€rt Weidl. „Dadurch beantwortet das Projekt zentrale Fragen: Welche sprachlichen Praktiken prĂ€gen den Alltag der SchĂŒler:innen? Welche Einstellungen und Unsicherheiten bestehen gegenĂŒber Mehrsprachigkeit? Und wie beeinflussen diese Faktoren Bildungsungleichheiten?“ Die Daten fließen in eine mit den Jugendlichen gemeinsam gestaltete Ausstellung ein, in der die Ergebnisse öffentlich zugĂ€nglich gemacht werden. „Unser Projekt unterstĂŒtzt die Jugendlichen außerdem dabei, selbstbewusste mehrsprachige Lernende zu werden, und erkennt ihre mehrsprachigen Lebenswelten als wertvolle Ressource an.“

Projektleitung 

Miriam Weidl, UniversitÀt Wien

Disziplinen

Erziehungswissenschaften, Sprach- und Literaturwissenschaften

Fördervolumen

99.560 €

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